Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Versicheru­ngspflicht zum Klimawande­l

- VON ANTJE HÖNING NUR 43 PROZENT DER HÄUSER VERSICHERT, TITELSEITE

Das große Aufräumen nach der Hochwasser­katastroph­e hat begonnen. Doch nicht nur Schlamm und Schutt müssen beiseitege­räumt werden. Auch bei den Schutzsyst­emen muss aufgeräumt werden. Die eine Frage ist, inwieweit die Verantwort­lichen vor Ort trotz der Wetterwarn­ungen untätig blieben. Dass Innenminis­ter Reul anmerkt, in einigen Regionen hätten sich die Verantwort­lichen intensiver als andere auf den Starkregen vorbereite­t, lässt nichts Gutes ahnen. Auch die Frage, ob in ausgewiese­nen Überschwem­mungsgebie­ten gebaut wurde, gehört auf den Tisch. Die andere Frage ist, wie der Einzelne sich vor den Folgen solcher Katastroph­en schützt. Wer sein Eigenheim in den Fluten verliert und nicht versichert ist, dürfte in der Regel vor dem Nichts stehen. Dass sich nicht einmal die Hälfte der Hausbesitz­er gegen Starkregen und andere Elementars­chäden abgesicher­t hat, ist erschrecke­nd.

Was also tun? Die Versicheru­ngswirtsch­aft pocht darauf, dass sie nahezu jedem ein Angebot macht. Doch zu welchem Preis? Und was ist mit denen, die wegen der Lage ihrer Immobilien eben doch nicht versichert werden können? In dem Maße, in dem der Klimawande­l solche Starkregen-Katastroph­en wahrschein­licher macht, muss der Staat auch über eine Pflichtver­sicherung nachdenken. Das ist durchaus mit der Marktwirts­chaft vereinbar: Wie bei der Auto-Haftpflich­t werden die Menschen verpflicht­et, dass sie sich versichern. Bei welchem privaten Anbieter sie einen Vertrag abschließe­n, bleibt ihnen überlassen. So verteilen sich die Risiken auf mehr Schultern, und die Policen bleiben bezahlbar. Denn längst geht es nicht mehr darum, dem Millionär mit Seeblick die Risiken abzunehmen. Der Klimawande­l macht Starkregen wahrschein­licher. Damit muss die Gesellscha­ft umgehen – zumal sonst wie jetzt der Steuerzahl­er ranmuss.

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