Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Mörderisch und kooperativ

„Micro Macro: Crime City“ist Spiel des Jahres 2021. Die Auszeichnu­ng bringt nicht nur Prestige, auch wirtschaft­lich schlägt sie sich nieder. In diesem Jahr ordnet sich der Gewinnerti­tel in einen Trend der jüngsten Vergangenh­eit ein.

- VON BENJAMIN SIEBERT

(dpa) Lauter Jubel brandete auf, Fäuste flogen in die Luft, und eine kleine Pyrotechni­keinlage heizte die Stimmung noch etwas an: Als das kooperativ­e Kriminalsp­iel „Micro Macro: Crime City“am Montag zum „Spiel des Jahres 2021“gekürt wurde, gab es beim Redaktions- und Verlagstea­m um Autor und Illustrato­r Johannes Sich in dem Hotel-Konferenzr­aum direkt an der Berliner Spree kein Halten mehr. „Das ist alles viel zu krass und viel zu schnell passiert. Ich bin völlig überwältig­t“, sagte der glückliche Sieger Sich.

Bei „Micro Macro: Crime City“müssen auf einem großen, schwarz-weißen und detailreic­hen Stadtplan mithilfe von Karten gemeinsam 16 spannende Kriminalfä­lle gelöst werden. Obwohl es inhaltlich mörderisch zur Sache geht, besticht das Spiel mit einem niedlichen Zeichensti­l. Die Jury würdigte, es herrsche „knisternde Spannung im Raum. Alle Augen huschen über den Stadtplan, um ihm neue Informatio­nen über die Verbrechen zu entlocken.“Das Spiel biete „unvergessl­iche Momente“.

Das innovative Wimmelbild-Spiel für ein bis vier Spieler (ca. 25 Euro) aus dem Hause des Berliner Verlags Edition Spielwiese hatte sich gegen die gleichfall­s nominierte­n Titel „Die Abenteuer des Robin Hood“von Michael Menzel und „Zombie Teenz Evolution“von Annick Lobet durchgeset­zt. Alle drei Titel waren dieses Mal kooperativ­e Spiele:

Es geht also um erfolgreic­hes Teamwork, und am Ende gewinnen oder verlieren alle gemeinsam. Ein Trend bei Brettspiel­en in den vergangene­n Jahren. „Was uns schon in den Testspiele­n früh aufgefalle­n ist: dass es einfach jedem gefällt und jedem Spaß macht. Und dass es auch für jeden leicht zugänglich ist“, sagte Sich. In der Tat kann sofort mit dem Suchen und Rätseln losgelegt werden: Der erste Fall ist sogar schon auf dem Karton.

Der Verein „Spiel des Jahres“vergibt den begehrten Preis seit über 40 Jahren. Die Jury nimmt dafür jährlich den Spielemark­t mit Hunderten Neuerschei­nungen unter die Lupe – in diesem Jahr rund 300 Titel. Bewertet werden Spielidee, Regelgesta­ltung, Layout und Design. Anliegen des Vereins ist es, Brett-, Karten- und Gesellscha­ftsspiele als Kulturgut zu fördern. Das erste „Spiel des Jahres“war im Jahr 1979 „Hase und Igel“von David Parlett.

Als „Kennerspie­l des Jahres“, das etwas erfahrener­e Spieler ansprechen soll, wurde in diesem Jahr „Paleo“von Peter Rustemeyer gekürt. Bei dem ebenfalls sehr innovative­n Spiel, das durch Karten gesteuert wird, führen alle gemeinsam einen Stamm durch die Gefahren der Steinzeit. Bereits im Juni war „Dragomino“als „Kinderspie­l des Jahres“ausgezeich­net worden.

Auch finanziell lohnt sich der begehrte rote Pöppel (Spielfigur) mit dem Lorbeerkra­nz, der auf dem Cover des Gewinnersp­iels abgebildet ist. Brettspiel­e boomen – die Corona-Krise gab dem nochmals einen Schub. „Im vergangene­n Jahr wurden über 60 Millionen Spiele und Puzzle in Deutschlan­d verkauft“, sagte Hermann Hutter, der Vorsitzend­e des Branchenve­rbandes Spieleverl­age. Der Absatz bei den Familienun­d Erwachsene­nspielen hatte sich im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent erhöht.

Das „Spiel des Jahres“habe dabei eine Ausnahmest­ellung. Gewöhnlich verkaufe der Preisträge­r „das zehn- bis zwanzigfac­he Volumen eines gängigen Spieles“, erklärte Hutter. Und das Geschäft geht weiter: Schon im Spätsommer kommt mit „Micro Macro: Crime City – Full House“ein zweiter Teil des „Spiel des Jahres“auf den Markt.

 ?? FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA ?? Bei „Micro Macro: Crime City“müssen auf einem Stadtplan Kriminalfä­lle gelöst werden.
FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Bei „Micro Macro: Crime City“müssen auf einem Stadtplan Kriminalfä­lle gelöst werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany