Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Mörderisch und kooperativ
„Micro Macro: Crime City“ist Spiel des Jahres 2021. Die Auszeichnung bringt nicht nur Prestige, auch wirtschaftlich schlägt sie sich nieder. In diesem Jahr ordnet sich der Gewinnertitel in einen Trend der jüngsten Vergangenheit ein.
(dpa) Lauter Jubel brandete auf, Fäuste flogen in die Luft, und eine kleine Pyrotechnikeinlage heizte die Stimmung noch etwas an: Als das kooperative Kriminalspiel „Micro Macro: Crime City“am Montag zum „Spiel des Jahres 2021“gekürt wurde, gab es beim Redaktions- und Verlagsteam um Autor und Illustrator Johannes Sich in dem Hotel-Konferenzraum direkt an der Berliner Spree kein Halten mehr. „Das ist alles viel zu krass und viel zu schnell passiert. Ich bin völlig überwältigt“, sagte der glückliche Sieger Sich.
Bei „Micro Macro: Crime City“müssen auf einem großen, schwarz-weißen und detailreichen Stadtplan mithilfe von Karten gemeinsam 16 spannende Kriminalfälle gelöst werden. Obwohl es inhaltlich mörderisch zur Sache geht, besticht das Spiel mit einem niedlichen Zeichenstil. Die Jury würdigte, es herrsche „knisternde Spannung im Raum. Alle Augen huschen über den Stadtplan, um ihm neue Informationen über die Verbrechen zu entlocken.“Das Spiel biete „unvergessliche Momente“.
Das innovative Wimmelbild-Spiel für ein bis vier Spieler (ca. 25 Euro) aus dem Hause des Berliner Verlags Edition Spielwiese hatte sich gegen die gleichfalls nominierten Titel „Die Abenteuer des Robin Hood“von Michael Menzel und „Zombie Teenz Evolution“von Annick Lobet durchgesetzt. Alle drei Titel waren dieses Mal kooperative Spiele:
Es geht also um erfolgreiches Teamwork, und am Ende gewinnen oder verlieren alle gemeinsam. Ein Trend bei Brettspielen in den vergangenen Jahren. „Was uns schon in den Testspielen früh aufgefallen ist: dass es einfach jedem gefällt und jedem Spaß macht. Und dass es auch für jeden leicht zugänglich ist“, sagte Sich. In der Tat kann sofort mit dem Suchen und Rätseln losgelegt werden: Der erste Fall ist sogar schon auf dem Karton.
Der Verein „Spiel des Jahres“vergibt den begehrten Preis seit über 40 Jahren. Die Jury nimmt dafür jährlich den Spielemarkt mit Hunderten Neuerscheinungen unter die Lupe – in diesem Jahr rund 300 Titel. Bewertet werden Spielidee, Regelgestaltung, Layout und Design. Anliegen des Vereins ist es, Brett-, Karten- und Gesellschaftsspiele als Kulturgut zu fördern. Das erste „Spiel des Jahres“war im Jahr 1979 „Hase und Igel“von David Parlett.
Als „Kennerspiel des Jahres“, das etwas erfahrenere Spieler ansprechen soll, wurde in diesem Jahr „Paleo“von Peter Rustemeyer gekürt. Bei dem ebenfalls sehr innovativen Spiel, das durch Karten gesteuert wird, führen alle gemeinsam einen Stamm durch die Gefahren der Steinzeit. Bereits im Juni war „Dragomino“als „Kinderspiel des Jahres“ausgezeichnet worden.
Auch finanziell lohnt sich der begehrte rote Pöppel (Spielfigur) mit dem Lorbeerkranz, der auf dem Cover des Gewinnerspiels abgebildet ist. Brettspiele boomen – die Corona-Krise gab dem nochmals einen Schub. „Im vergangenen Jahr wurden über 60 Millionen Spiele und Puzzle in Deutschland verkauft“, sagte Hermann Hutter, der Vorsitzende des Branchenverbandes Spieleverlage. Der Absatz bei den Familienund Erwachsenenspielen hatte sich im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent erhöht.
Das „Spiel des Jahres“habe dabei eine Ausnahmestellung. Gewöhnlich verkaufe der Preisträger „das zehn- bis zwanzigfache Volumen eines gängigen Spieles“, erklärte Hutter. Und das Geschäft geht weiter: Schon im Spätsommer kommt mit „Micro Macro: Crime City – Full House“ein zweiter Teil des „Spiel des Jahres“auf den Markt.