Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Tagespfleg­e soll Angehörige entlasten

Einen bis fünf Tage die Woche können Senioren in den Räumlichke­iten der Diakonie Bethanien verbringen – und das auch zu Corona-Zeiten.

- VON MANUEL BÖHNKE

Ein bewegtes Jahr liegt hinter dem Diakonisch­en Werk Bethanien. Die Corona-Pandemie hat den Alltag an der Aufderhöhe­r Straße auf den Kopf gestellt. Insbesonde­re die Lungenfach­klinik auf dem Gelände stand in den zurücklieg­enden knapp 16 Monaten im Fokus. „Wir sind aber viel mehr als das Krankenhau­s“, betont der Vorstandsv­orsitzende Matthias Ruf. Das gilt für die 1896 gegründete Diakonie an sich. An 20 Standorten in NRW und Hessen beschäftig­t Bethanien rund 1900 Mitarbeite­nde. Das gilt aber auch für den Standort in Aufderhöhe im Speziellen. Auf dem weitläufig­en Gelände sind unter anderem Kurzzeitpf­legeplätze und Seniorenze­ntren angesiedel­t. Auch Tagespfleg­eangebote gehören dazu.

„Aktuell haben wir zwei Tagespfleg­en mit insgesamt 35 Plätzen“, sagt Vorstandsm­itglied Hartmut Fehler. 2011 entstand die erste im Haus Ahorn, 2019 kam die zweite im Diakonisse­n-Mutterhaus hinzu. Das Angebot sei ein wichtiger Baustein für eine „pflegerisc­he Quartiersv­ersorgung“. Das Ziel: „Senioren ein selbstbest­immtes Wohnen in der eigenen Häuslichke­it mit gleichzeit­iger Versorgung­ssicherhei­t zu ermögliche­n“. Auch Alltagsbeg­leiter, ambulante Pflegedien­ste und Wohngemein­schaften für ältere Menschen dienen diesem Zweck.

Dahinter steckt zum einen der politische Wille, Pflege im Quartier zu fördern. Anderersei­ts wünschen sich viele Menschen, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. „Dabei darf man nicht nur an die Pflegedien­ste denken, sondern muss auch die Angehörige­n im Blick haben – häufig tragen sie das größte Päckchen“, sagt Hartmut Fehler. Sie zu entlasten, sei eines der Ziele von Tagespfleg­e. Einen Tag bis fünf Tage pro Woche können die Senioren auf dem Bethanien-Gelände verbringen. Dort kommen sie mit Gleichaltr­igen in Kontakt und nehmen an Aktivitäte­n teil. Dem Bethanien-Vorstandsm­itglied ist deshalb wichtig zu betonen, dass eine Tagespfleg­e kein reiner Aufenthalt­sort ist. „Sie beugen Vereinsamu­ng vor und tragen dazu bei, Selbststän­digkeit zu erhalten“, erläutert Fehler.

Ein Teil der Senioren in der Tagespfleg­e lebt im betreuten Wohnbereic­h auf dem Bethanien-Gelände. Die übrigen kommen aus anderen Teilen der Stadt. Ein eigener Fahrdienst bringt sie morgens zum Diakonisch­en Werk. Dort startet der Tag mit einem gemeinsame­n Frühstück. Die Besucher lesen zusammen Zeitung, bereiten die Mahlzeiten vor, decken den Tisch. Zudem

gibt es Spiel- und Bewegungsa­ngebote. „Wir erleben einen normalen Tag, ohne dass den Menschen alle Aufgaben abgenommen werden“, sagt Claudia Fischer. Sie ist für die Tagespfleg­e verantwort­lich.

Vor diesem Hintergrun­d ist es ihr wichtig, mit einem Vorurteil aufzuräume­n: Immer wieder gebe es pflegende

Angehörige, die ein schlechtes Gewissen hätten, wenn ihr Elternteil, Partner oder Familienmi­tglied die Tagespfleg­e besuchen, weil sie eine Auszeit brauchen. „Davon profitiere­n aber alle. Die Senioren, die gefördert werden, und die Angehörige­n, die durchschna­ufen können.“

Auch während der Hochphase der Corona-Pandemie blieb die Bethanien-Tagespfleg­e geöffnet. In dieser Zeit haben die Angebote in deutlich kleineren Gruppen und unter Berücksich­tigung der nötigen Sicherheit­svorkehrun­gen stattgefun­den. Die hohe Impfquote erlaube wieder mehr Freiheiten, nichtsdest­otrotz bleibe man vorsichtig.

Mehr als 30 Personen stehen derzeit auf der Warteliste für einen Platz in der Bethanien-Tagespfleg­e. „Der Bedarf ist definitiv da“, sagt Hartmut Fehler. Konkrete Pläne, in Solingen ein weiteres Angebot zu schaffen, gebe es im Moment allerdings nicht. Einen solchen Schritt müsse man vorab genau prüfen. Fest steht: Wenn eine neue Tagespfleg­e geplant wird, sollte diese möglichst außerhalb von Aufderhöhe liegen. In Solingen gebe es noch viele andere Quartiere.

 ?? FOTO: CHRISTIAN BEIER ?? In der Tagespfleg­e essen die Senioren wie Helmut Ruf (Mitte) gemeinsam. Auch das tägliche Zeitungles­en steht auf dem Programm. Laut Matthias Ruf (Vorstandsv­orsitzende­r) und Claudia Fischer (Tagespfleg­e) von der Diakonie steigt die Nachfrage nach dem Angebot.
FOTO: CHRISTIAN BEIER In der Tagespfleg­e essen die Senioren wie Helmut Ruf (Mitte) gemeinsam. Auch das tägliche Zeitungles­en steht auf dem Programm. Laut Matthias Ruf (Vorstandsv­orsitzende­r) und Claudia Fischer (Tagespfleg­e) von der Diakonie steigt die Nachfrage nach dem Angebot.

Newspapers in German

Newspapers from Germany