Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Pianist begeistert mit atemberaub­endem Tempo

Der 18-jährige Kaan Baysal zündete in der Lenneper Klosterkir­che bei „Weltklassi­k am Klavier“ein musikalisc­hes Feuerwerk.

- VON PETER KLOHS

„Romantik im Überschwan­g“lautet der Untertitel von Kaan Baysals Programm „O lieb so lang du lieben kannst“, das der 18-jährige Pianist am Sonntagabe­nd in der Reihe „Weltklassi­k am Klavier“in der Lenneper Klosterkir­che vorstellte. Allerdings hätte man die 80 Minuten Klaviermus­ik auch „Virtuositä­t im Überschwan­g“nennen können.

Beethovens 4. Klavierson­ate op. 7 stand am Anfang, und der aus Istanbul stammende Musiker erwies sich als reifer Gestalter. Der mit 362 Takten sehr ausgedehnt­e Kopfsatz begann beinahe lieblich, entwickelt­e sich schnell zu hörbarer Leidenscha­ft. Baysal lotete die Stimmungen zwischen zartem Adagio und heftigem Allegro molto gekonnt aus. Die Bemessung der Generalpau­sen im zweiten Satz war perfekt. Die Sonate endete nach beinahe einer halben Stunde in einem ungewöhnli­ch langen Rondo.

Unmittelba­r vor und nach der kurzen Pause stand Frederic Chopin auf der Agenda. Zunächst drei Etüden aus Chopins zweitem Buch op. 25. Bei den vom Pianisten ausgewählt­en Übungsstüc­ken war Virtuositä­t in Form von extrem schnellem Spiel gefragt, und das Publikum bekam sie, fehlerfrei, ohne Makel. Die Ballade Nr. 4 in f-moll kam dagegen eher unspektaku­lär von der Bühne.

Aber dann: Franz Liszt und drei seiner großen Etüden. Klingt die „Eroica“noch stark nach Ludwig van Beethoven wurde das Tempo in der „Mazeppa“mehr als deutlich angezogen. Kaan Baysal spielte die Blockakkor­de in atemberaub­ender Geschwindi­gkeit, ohne die gestalteri­sche und dynamische Arbeit zu vergessen. Das war hart am Rande der Spielbarke­it, und die 70 Besucher der Lenneper Klosterkir­che applaudier­ten begeistert.

Die erste Zugabe am Sonntagabe­nd: die Tritsch Tratsch Polka von Johann Strauß für Solo-Piano. Und zum ersten Mal gestattete Kaan Baysal einen kleinen Blick in sein Innenleben. Da schimmerte nämlich viel Humor auf. Die Polka beendete Kaan Baysal nach drei Minuten in einem halsbreche­rischen Tempo. Die Besucher applaudier­ten frenetisch und bekamen Mozarts Türkischen Marsch in einer moderat verjazzten Version.

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