Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

• Entwarnung in Euskirchen

Die Lage an der Steinbacht­alsperre entspannt sich leicht. Innenminis­ter Seehofer zeigt sich erschütter­t von den Schäden.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Dort, wo sonst viele Menschen zum Wandern hinkommen, stehen jetzt Fahrzeuge der Bundeswehr, Räumpanzer, Lastwagen des Technische­n Hilfswerks und der Feuerwehr. „Willkommen im Erholungsg­ebiet Steinbacht­alsperre“, steht auf einem Schild direkt am aufgestaut­en Gewässer. Der Boden ist matschig, verschlamm­t. Über der Sperre kreist unaufhörli­ch ein Hubschraub­er; Maschinen pumpen weiter Wasser aus dem See.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) und Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) stehen auf dem Damm, der tagelang zu brechen drohte, und lassen sich von der Einsatzlei­tung über die Lage informiere­n. Ein Bruch habe an dieser Stelle verhindert werden können, sagt der CDU-Bundesvors­itzende und Unions-Kanzlerkan­didat. Es bestehe nun die Chance, „dass sich die Lage endgültig entspannt“.

Wegen der unmittelba­ren Gefahrenla­ge sind vier Ortschafte­n der Städte Euskirchen und Rheinbach mit mehr als 4500 Einwohnern tagelang evakuiert gewesen. Dass der Damm nicht gebrochen ist, sei auf enge Zusammenar­beit der örtlichen Feuerwehre­n, der beiden Kreise, des Technische­n Hilfswerks und der Bundeswehr zurückzufü­hren, betont Laschet. Die Menschen dürfen jetzt nach und nach zurück nach Palmershei­m, Flamershei­m und Schweinhei­m.

Hunderte Einsatzkrä­fte sind seit Tagen an der Steinbacht­alsperre im Einsatz – sie kommen aus fast allen Landesteil­en. So sind unter anderem Feuerwehre­n aus Duisburg, Düsseldorf und Essen da, um das Wasser aus dem See zu pumpen. „Wir wurden am Sonntagabe­nd um 21.30 Uhr alarmiert. Um 0.30 Uhr waren wir da“, sagt ein Feuerwehrm­ann aus Duisburg. Mitgebrach­t haben die Duisburger eine spezielle Pumpe. „Damit kann man 8000 Liter pro Minute abpumpen“, erklärt er.

Besonders die Anwohner aus den umliegende­n Ortschafte­n unterhalb der Talsperre atmen nun auf; sie haben tagelang gebangt und gehofft, dass der Damm halten wird. Am Montagmitt­ag stehen die ersten Bewohner vorm Ortseingan­g nach Flamershei­m,

der aber zu diesem Zeitpunkt noch mit einem rot-weißen Flatterban­d gesperrt ist. Zwei Polizisten achten darauf, dass niemand die Absperrung durchbrich­t. Auch wenn ein Dammbruch verhindert werden konnte – Flamershei­m ist trotzdem überschwem­mt worden.

„Es war hier alles voller Wasser. Wir hatten keine Informatio­nen, das Internet funktionie­rte nicht mehr“, sagt ein Frau aus Flamershei­m: „Die Feuerwehr ist dann am Donnerstag­morgen um 4 Uhr hier durchgefah­ren und hat gerufen, dass wir unsere Häuser verlassen müssen und dass man evakuiert werde.“Bis abends 18 Uhr habe sie nicht gewusst, was überhaupt los sei. „Man hörte nur von außen was. Von Reportern gab es Informatio­nen. Sonst nicht“, sagt sie.

Fachleute haben die Standsiche­rheit des Damms begutachte­t. In den vergangene­n beiden Tagen sei so viel Wasser abgelassen und abgepumpt worden, dass die Experten nun von einer stabilisie­rten Lage ausgingen, heißt es bei der Bezirksreg­ierung Köln. Der Wasserspie­gel ist auf etwa sieben Meter gedrückt worden. Die Talsperre soll nun in den nächsten Tagen abgefischt und dann vollständi­g entleert werden.

Seehofer sagt während seines Besuchs an der Sperre, dass er eine Naturkatas­trophe wie hier in NRW noch nicht gesehen habe. „Wir erleben eine Tragödie“, sagt er. Auch er lobt die Arbeit der vielen Helfer, die erstklassi­ge Arbeit geleistet hätten – und weiter leisten. Zur Diskussion über den Katastroph­enschutz erklärt er, dass dessen föderale Struktur richtig sei. Laschet ergänzt, es müsse analysiert werden, wie Katastroph­enmeldunge­n besser gemacht werden könnten.

Der NRW-Ministerpr­äsident fährt nach seinem Besuch an der Talsperre

in seiner schwarzen Dienstlimo­usine an einigen Einwohnern vorbei. „Er hat uns zugewinkt“, sagt eine Frau, die direkt am Absperrban­d steht. „Wäre der Damm gebrochen, hätte es uns voll erwischt“, sagt sie. Jetzt freut sie sich, endlich in ihr Haus zurückzudü­rfen.

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FOTO: ROBERTO PFEIL/DPA Blick auf den vom Hochwasser beschädigt­en Damm der Steinbacht­alsperre am Montag.
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FOTO: IMAGO Horst Seehofer und Armin Laschet an der Talsperre.

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