Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
• Wie der Bund helfen will
Der Chef des Versicherungsverbands fordert, mehr gegen den Klimawandel zu tun.
Die Schäden sind groß. Dazu fragten wir Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft.
Der Klimawandel macht Starkregen wahrscheinlicher. Was erwartet die Branche an Schäden?
Kurzfristig zeichnet sich ab, dass sich 2021 zu einem der schadenträchtigsten Jahre seit 2013 entwickeln könnte. Damals lag der versicherte Schaden bei 9,3 Milliarden Euro. Bereits im Juni haben Starkregen und Hagel einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Milliarden Euro verursacht. Langfristig führen uns die tragischen Ereignisse der vergangenen Tage die Wucht des Klimawandels dramatisch vor Augen. Damit solche Naturkatastrophen nicht zum Regelfall werden, müssen wir einerseits verhindern, dass sich die Erderwärmung ungebremst fortsetzt. Andererseits müssen wir Menschen und Sachwerte besser vor Naturgewalten schützen. Klimafolgenanpassung kommt vielerorts zu kurz. Noch immer wird in Überschwemmungsgebieten gebaut, werden Flächen ungehindert versiegelt, stauen sich auf kommunaler Ebene Investitionen in Präventionsmaßnahmen. Hier gilt es umzusteuern, sonst setzt sich eine Spirale aus weiteren Katastrophen und steigenden Schäden in Gang, die erst teuer und irgendwann unbezahlbar wird.
Was bedeutet das für die Branche? Kann man dieses Risiko überhaupt noch wirtschaftlich versichern?
Wenn wir die oben skizzierten Aufgaben lösen, kann die Versicherungswirtschaft die finanziellen Folgen für ihre Kunden auch weiterhin tragen. Das geben unsere Studien und Risikomodelle her. Aber wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung unter dem Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimagipfels zu halten, dann werden wir etwa die Versicherung von Naturgefahren nicht in der bestehenden Form fortführen können. Wir müssen verhindern, dass die Erderwärmung sich ungebremst fortsetzt und die Häufung von extremen Wetterereignissen zum Normalfall wird.
Werden die Policen teurer?
Zur konkreten Prämiengestaltung können wir nichts sagen. Man muss jedoch berücksichtigen, dass es nicht in jedem Jahr solche Naturkatastrophen gibt. Beispielsweise war 2020 ein unterdurchschnittliches Schadenjahr in Bezug auf Naturgefahren.
Schon jetzt lehnen es Versicherer ab, in bestimmten Gebieten Elementarschäden zu versichern.
Um die Überschwemmungen von Flüssen und Gewässern
risikogerecht kalkulieren zu können, haben die Versicherer das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen, kurz: Zürs, entwickelt. Im laufenden Jahr ist die Zürs-Zone 4 auf etwa 0,4 Prozent geschrumpft. Und selbst in dieser höchsten Risikozone ist in Deutschland jedes vierte Haus gegen Hochwasser versichert. Nur jedes vierte Haus, denn mehr wäre möglich: Nahezu alle Hausbesitzer in Deutschland konnten sich gegen Naturgefahren versichern und werden dies auch weiterhin können.
Was können Hausbesitzer tun?
Der Elementarschadenschutz ist ein Baustein der Wohngebäudeversicherung – interessierte Hausbesitzer, die bislang noch nicht gegen Elementargefahren versichert sind, können sich also an ihren Wohngebäudeversicherer wenden. Häufig kostet eine Elementarschadenversicherung deutlich weniger als eine durchschnittliche Vollkasko-Versicherung für das Auto. Dabei stellt der Verlust des Eigenheims für viele Bürger das existenzbedrohende Risiko schlechthin dar. Eine erste Einschätzung, wie hoch ihr individuelles Naturgefahrenrisiko ist, können Hausbesitzer zudem unter www.naturgefahren-check.de erhalten. Die Onlineplattform zeigt nach Eingabe der Postleitzahl, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit am eigenen Wohnort verursacht haben.