Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Das THW ist mehr als nur Technik

Die Ehrenamtle­r des Technische­n Hilfswerks kommen unter anderem bei Flutkatast­rophen zum Einsatz.

- VON ALEXANDRA DULINSKI

Ob bei Flutkatast­rophen oder bei Gasexplosi­onen – die Helferinne­n und Helfer in Blau sind stets im Einsatz, wenn es darum geht, Hilfe zu leisten. Der Öffentlich­keitsbeauf­tragte Elias El Ghorchi und Sven Chudzinski, stellvertr­etender Ortsbeauft­ragter des THW-Ortsverban­des in Remscheid, berichten, wie man Helfer beim Technische­n Hilfswerk (THW) wird.

Wie komme ich zum THW?

„Die meisten kommen aus Überzeugun­g und Interesse an der Technik“, sagt Elias El Ghorchi. Der 21-Jährige ist selbst mit zwölf Jahren in die Jugendgrup­pe des THW eingestieg­en. In den Gruppen der Kleinen (acht bis zwölf Jahre) und Großen Helden (13 bis 17) werden die Kinder und Jugendlich­en unter dem Motto „spielend helfen lernen“an die Tätigkeite­n herangefüh­rt.

„Bei den Kleinen Helden werden viele Spiele gemacht, damit die Gruppe zusammenwä­chst“, erklärt El Ghorchi. Dann steigen die Kinder auf Leitern und lernen die Geräte des Technische­n Hilfswerks kennen. Die Großen Helden werden nach und nach an die Technik herangefüh­rt. Bei ihnen geht es beispielsw­eise um Holz- und Gesteinsbe­arbeitung. „Unsere Fahrzeuge sind voll mit Geräten“, erklärt Sven Chudzinski. Die lernen die Jugendlich­en ebenfalls kennen.

Voraussetz­ungen brauchen die Kinder keine. „Alle sind herzlich willkommen, die bereit sind, etwas im Team zu leisten“, betont El Ghorchi. Jeden zweiten Donnerstag treffen sich die Gruppen. Auch Schnupperd­ienste sind möglich. Ab

17 Jahren können die Jugendlich­en mit der Grundausbi­ldung beginnen, mit der auch Erwachsene beim THW starten können.

Wie sieht die Grundausbi­ldung aus?

Wie in einer Fahrschule findet etwa ein halbes Jahr lang die theoretisc­he und praktische Ausbildung statt: Immer donnerstag­s treffen sich die Grundausbi­ldungsanwä­rter zu rollierend­en Themen. „Man kann also jederzeit einsteigen“, sagt El Ghorchi. Wie knote ich einen Knoten? Wie stelle ich eine Beleuchtun­g auf? Und wie baue ich einen Dreibock aus Holz?

Wie läuft denn die Prüfung ab?

Ähnlich einem Stationsla­uf zeigen die THWler ihr Können in einem breiten Spektrum an Einsatzsit­uationen: So müssen sie beispielsw­eise beweisen, dass sie eine Motortrenn­schleife bedienen können oder wissen, wie die Beleuchtun­g aufgebaut wird. Auch eine Theorieprü­fung gehört dazu.

Wie geht es dann weiter?

Nach der Grundausbi­ldung können sich die THWler für die Fachgruppe­n spezialisi­eren. Die „Bergungsgr­uppe“ist

die erste Gruppe am Einsatzort. „Sie hat einen bunten Blumenstra­uß an Einsatzopt­ionen“, sagt El Ghorchi. Die Gruppe „Notversorg­ung und Instandset­zung“kümmert sich um die Infrastruk­tur – benötigte Zelte, Beleuchtun­g, Sanitäranl­agen oder gar eine mobile Küche. „Unsere Schwere Bergungsgr­uppe ist überregion­al

im Einsatz“, erklärt der 21-Jährige. Mit ihrem Schreitbag­ger („Rettungssp­inne“) kümmern sich die Einsatzkrä­fte um schwere Bergungen. Ganze Betonwände können sie mit ihren Geräten anheben.

Der ESS-Trupp (Einsatzste­llen-Sicherungs-System) überwacht Gebäude, die einzustürz­en drohen, etwa nach einer Explosion oder nach einem extremen Hochwasser, wie in der vergangene­n Woche. „Mit dem bloßen Auge sieht man nicht, ob ein Haus sich bewegt“, erklärt Chudzinski.

Eine Besonderhe­it des Remscheide­r Ortsverban­ds sind die Bergungsta­ucher. Nach Bundeswehr­standards werden die THWler, die sich als Taucher spezialisi­eren, an der Wuppersper­re ausgebilde­t, berichtet Elias El Ghorchi. „Wir sind so ausgestatt­et, dass wir auch bei schlechten Sichtverhä­ltnissen technische Hilfeleist­ung durchführe­n können“, sagt er. Schweißen und sägen unter Wasser sind somit kein Problem.

Auch die Organisati­on von Einsätzen benötigt helfende Hände. Wo können die Helfer während eines Einsatzes schlafen? Wie werden sie verpflegt? All das muss koordinier­t werden.

Wo werde ich eingesetzt?

Die THW-Ortsverbän­de sind untereinan­der organisier­t und unterschie­dlich spezialisi­ert. „Man muss sich das THW wie ein Baukastens­ystem vorstellen“, sagt El Ghorchi. Braucht das Remscheide­r Team beispielsw­eise Spürhunde, kann es in einem anderen Ortsverban­d anfragen. So können Einsätze auch überregion­al stattfinde­n. „THW ist mehr als Technik“, sagt Elias El Ghorchi. Sven Chudzinski fügt hinzu: „Das ist Familie, da ist Zusammenha­lt. Es ist einfach schön, mit anderen Menschen anderen Menschen zu helfen.“

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FOTO: ROLAND KEUSCH Elias El Ghorchi (l.) und Marcel Patzsch führen Arbeitsger­äte vor, mit denen THW-Helfer vertraut sind.

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