Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Schlagen können wir jeden“
Handball-Regionalligist HG Remscheid trainiert auch mit kleinerer Besetzung in der Halle Neuenkamp durch.
Handball-Regionalligist HG Remscheid trainiert auch mit kleinerer Besetzung in der Sporthalle Neuenkamp durch.
Als Dominic Luciano um kurz vor 20 Uhr am Montagabend die Umkleidekabine in der Halle Neuenkampf betritt, ist der Türrahmen fast ausgefüllt. Der Kreisläufer des Handball-Regionalligisten HG Remscheid ist ein Mann wie ein Baum. Doch wenig später hat er das schelmische Grinsen eines Schuljungen im Gesicht. „Und? Spielen wir dann eine Runde Fußball?“, fragt er in Richtung seines Coaches Alexander Zapf. Der hatte ihm zuvor mit auf den Weg gegeben, sich ordentlich aufzuwärmen.
Fußball wird am Montag dann aber nicht gespielt. Basketball mit einem Handball ist angesagt. Und beim Spiel Drei-gegen-drei auf einen Korb entpuppt sich Rechtsaußen Lukas Pütz als sicherer Distanzschütze und wird von Achim Jansen anerkennend abgeklatscht. Ein wenig abseits stehen derweil Zapf und Co-Trainer Jörg Müller. „Natürlich ist es heute Abend schwierig, etwas Handballtaktisches zu machen“, erklärt Müller und spielt damit darauf an, dass die Anzahl ihrer Schützlinge am montäglichen Trainingstag übersichtlich ist.
Das hat Gründe. Die HGR hat in diesem Jahr darauf verzichtet, die Vorbereitung in Etappen zu absolvieren. Als vor sechs Wochen das Notfall-Krankenhaus in der Sporthalle Neuenkamp endlich abgebaut wurde, haben die Remscheider mit dem Training begonnen. „Und das wird jetzt bis zum Saisonstart Mitte September durchgezogen. Dass es da immer mal wieder Jungs gibt, die im Urlaub sind oder waren, lässt sich nicht vermeiden“, sagt Zapf. Doch ab nächste Woche ist damit Schluss. „Dann beginnt die heiße Phase. Wer dann fehlt, braucht schon einen triftigen Grund“, betont Müller.
Oder muss passen oder kürzertreten, weil er angeschlagen ist. Zapf: „Von größeren Verletzungen sind wir aktuell aber verschont.“Allerdings
können Linksaußen Pascal Hermann und Keeper Tobias Geske nur eingeschränkt oder gar nicht mittrainieren. Hermann absolviert eine Runde Seilchenspringen während Geske von Carina Krämer an der Achillessehne behandelt wird. Die Physiotherapeutin von der Medora ist bei einer der drei oder vier Trainingseinheiten pro Woche und bei den Spielen dabei. „Die Jungs rufen mich vorher an und berichten, welche Probleme sie plagen“, erklärt Krämer.
Hermann und Geske hatten sich am Wochenende beim Fußball gegenseitig verletzt. „Keine Ahnung, warum er nicht den Ball getroffen hat, sondern meine Achillessehne“, sagt der Keeper mit einem Augenzwinkern. Keine große Sache. Passiert
ist es beim Spiel „Alt gegen Jung“. Da sind alle immer mit großem Ehrgeiz bei der Sache. Auch weil es endlich ein Wettkampf ist, den alle ob des monatelangen Lockdowns so vermisst haben.
Um so größer ist jetzt auch bereits die Vorfreude auf das Testspiel am 7. August gegen den Zweitligisten VfL Gummersbach, das um 17 Uhr in Neuenkamp stattfindet. „Gegen so eine Klasse-Mannschaft zu spielen, ist eine ganz tolle Erfahrung. Ich habe 2008 in Burscheid gegen Wetzlar spielen dürfen. Das ist mit heute noch in bester Erinnerung“, erzählt Geske.
Mittlerweile hat in der Halle Geskes Spannmann Linus Mathes das Kommando übernommen. Der ausgebildete Fitnesstrainer gibt klare Anweisungen an seine Teamkollegen, die Fitnessübungen auf den Matten absolvieren. „Linus macht das regelmäßig bei unseren Einheiten“, erzählt Müller. Schließlich kommt aber doch noch der Handball richtig ins Spiel. Passübungen stehen zunächst an. Dann Torwurftraining für die Außen und die Kreisläufer.
Gegen 21.30 Uhr werden die Handbälle gegen Wischmopps und Sprühflaschen eingetauscht. Der Hallenboden muss vom Harz befreit werden. Alexander Zapf ruft seine Schützlinge noch einmal zusammen und richtet ein paar Worte an sie, bevor er alle gegen 21.45 Uhr in den Feierabend entlässt.
Auffallend am Montagabend ist indes, wie gelöst die Stimmung bei allen Beteiligten ist. Das war vor einigen Wochen noch ganz anders. „Da haben wir uns schon alle Gedanken gemacht, wie es weitergeht“, denkt Zapf stirnrunzelnd zurück. Sorgen haben sich die Verantwortlichen der HGR auch gemacht, ob der Kader zusammengehalten werden kann.
Die Remscheider bewegen sich im Raum zwischen dem Amateurund Profibereich. Doch während des Lockdowns mussten alle erhebliche finanzielle Abstriche machen. Zapf: „Es gab entsprechende
Abwerbeversuche. Aber alle zeigten eine tolle Moral und wollen das Projekt hier weiter mit fortführen.“Und auch das Engagement des neuen HGR-Geschäftsführers Tiberius Jeck war entscheidend.
Dabei fällt natürlich auch das Wörtchen „Dritte Liga“. Allerdings wird der Aufstieg in der neuen Saison eine Herkulesaufgabe. „Andere Vereine haben aus personeller Sicht unglaublich aufgerüstet“, sagt Zapf. Topfavorit auf den Titel ist und bleibt die SG Ratingen. Aber auch der OSC Rheinhausen, der TV Korschenbroich, der TV Aldekerk oder der HC Gelpe/Strombach seien zu beachten. „Schlagen können wir aber jeden“, betont Zapf, der als Saisonziel die Plätze eins bis sechs aufruft.