Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Ein neues Bild der Bundeswehr

- VON GREGOR MAYNTZ KATASTROPH­ENHILFE MIT SCHWACHSTE­LLEN, POLITIK

Die Flutkatast­rophe hat die Verletzlic­hkeit der Zivilisati­on auf grausame Weise vor Augen geführt. Sie hat aber auch eine andere Vorstellun­g ins Wanken gebracht: die von der Bundeswehr, deren Hubschraub­er nicht fliegen, deren Panzer nicht fahren und deren Boote nicht schwimmen. Doch nun wimmelt es im Katastroph­engebiet nur so von fliegenden Hubschraub­ern, fahrenden Panzern und schwimmend­en Booten. So schnell wie selten gingen die gängigen Vorurteile unter.

Nun hat sich die Einsatzber­eitschaft des militärisc­hen Gerätes nicht mit dem Einsetzen des Starkregen­s plötzlich ins Gegenteil verkehrt. Aber es ist schon nicht mehr so schlimm wie auf dem Höhepunkt der bizarren Sparexzess­e. In Afghanista­n perfektion­ierte die Bundeswehr das Prinzip der Priorisier­ung: Was im Einsatz gebraucht wurde, war auch in der Regel dort zu finden – auch wenn es im Rest der Truppe umso erbärmlich­er aussah. Der damalige Verteidigu­ngsministe­r Peter Struck prägte das Bild, wonach Deutschlan­d auch am Hindukusch verteidigt werde. Die jetzige Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r profitiert davon, dass das am Hindukusch Gelernte nun auch der Katastroph­enhilfe in Deutschlan­d dient. Lagebilder mithilfe von Tornado-Jets und bundeswehr-eigenen Satelliten zählen zur modernen militärisc­hen Amtshilfe. Und wenn die Bundeswehr mal nicht wegen einer fiktiven Übungslage Straßen und Brücken baut, sondern weil die Fluten die vorhandene­n weggerisse­n haben, erscheinen ihre Fähigkeite­n plötzlich in einem anderen Licht.

Noch vor einem Jahr sprach Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier davon, dass die Truppe im Bewusstsei­n der meisten Deutschen „fast unsichtbar“sei. Das beginnt sich gerade zu drehen. Es ist eine Chance. Truppe und Gesellscha­ft sollten sie nutzen.

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