Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ein neues Bild der Bundeswehr
Die Flutkatastrophe hat die Verletzlichkeit der Zivilisation auf grausame Weise vor Augen geführt. Sie hat aber auch eine andere Vorstellung ins Wanken gebracht: die von der Bundeswehr, deren Hubschrauber nicht fliegen, deren Panzer nicht fahren und deren Boote nicht schwimmen. Doch nun wimmelt es im Katastrophengebiet nur so von fliegenden Hubschraubern, fahrenden Panzern und schwimmenden Booten. So schnell wie selten gingen die gängigen Vorurteile unter.
Nun hat sich die Einsatzbereitschaft des militärischen Gerätes nicht mit dem Einsetzen des Starkregens plötzlich ins Gegenteil verkehrt. Aber es ist schon nicht mehr so schlimm wie auf dem Höhepunkt der bizarren Sparexzesse. In Afghanistan perfektionierte die Bundeswehr das Prinzip der Priorisierung: Was im Einsatz gebraucht wurde, war auch in der Regel dort zu finden – auch wenn es im Rest der Truppe umso erbärmlicher aussah. Der damalige Verteidigungsminister Peter Struck prägte das Bild, wonach Deutschland auch am Hindukusch verteidigt werde. Die jetzige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer profitiert davon, dass das am Hindukusch Gelernte nun auch der Katastrophenhilfe in Deutschland dient. Lagebilder mithilfe von Tornado-Jets und bundeswehr-eigenen Satelliten zählen zur modernen militärischen Amtshilfe. Und wenn die Bundeswehr mal nicht wegen einer fiktiven Übungslage Straßen und Brücken baut, sondern weil die Fluten die vorhandenen weggerissen haben, erscheinen ihre Fähigkeiten plötzlich in einem anderen Licht.
Noch vor einem Jahr sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier davon, dass die Truppe im Bewusstsein der meisten Deutschen „fast unsichtbar“sei. Das beginnt sich gerade zu drehen. Es ist eine Chance. Truppe und Gesellschaft sollten sie nutzen.