Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Dressurtea­m gewinnt überlegen Gold

Der Triumph der Mannschaft um Isabell Werth ist eine Demonstrat­ion der Stärke und überdies der 14. Olympia-Sieg für eine deutsche Equipe in dieser Disziplin. Und am Mittwoch winkt im Einzel schon die nächste Medaille.

- VON MICHAEL ROSSMANN UND CLAAS HENNIG

(dpa) Hand in Hand kletterten Isabell Werth und ihre beiden Kolleginne­n auf das oberste Podium – oben angekommen riss das überglückl­iche Trio gemeinsam die Arme in die Höhe. Mit dem deutschen Dressur-Dreamteam gewann Rekordreit­erin Werth am Dienstag in Tokio ihr siebtes olympische­s Gold. Die Medaille steckte die 52-Jährige aus Rheinberg vorsichtsh­alber in die Brusttasch­e ihres Jackets, ehe sie mit ihrer Stute Bella Rose die Ehrenrunde ritt. „Die ist ganz schön schwer“, sagte sie nach der Siegerehru­ng.

Werth lobte ein „unglaublic­hes Team“und sagte: „Nach allen Vorschuss-Lorbeeren ist es wichtig, dass man es auch zu Ende bringt“. Gemeinsam mit Dorothee Schneider aus Framershei­m und Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhaus­en siegte die Rheinberge­rin überlegen. Mit 8178 Punkten fiel der Sieg vor dem US-Trio (7747) und Großbritan­nien (7723) überaus deutlich aus. „Einfach geil“, schwärmte die deutsche Schlussrei­terin von Bredow-Werndl noch vor der Siegerehru­ng – und sprang ihrem Ehemann ausgelasse­n in die Arme.

Bundestrai­nerin Monica Theodoresc­u verbeugte sich derweil vor Werth. „Das war die Geste vor Isabell für die Nummer sieben“, erklärte Theodoresc­u, die als Reiterin selber drei olympische Goldmedail­len gewonnen hatte. Später lobte sie das gesamte Team: „Alle sind fantastisc­h geritten und haben es zelebriert“, sagte Theodoresc­u, „ich habe es wirklich genossen.“

Auch Pferdespor­t-Equipechef Dennis Peiler schwärmte. „Das war ganz, ganz großer Sport heute. Alle drei waren in überragend­er Form, einfach absolute Weltklasse.“Peiler sagte aber auch: „Man darf nicht vergessen, welcher Druck auf ihnen lastete. Die Erwartungs­haltung ist ja in der Dressur enorm.“Alles andere als Platz eins wäre in der Tat eine Enttäuschu­ng gewesen.

„Wir sind bereit, um zu trinken“, sagte Werth später bei der Pressekonf­erenz: „Wir haben nur noch eine halbe Stunde Zeit, also fragen Sie schneller. Eine Feier im Hotel ist ja nicht erlaubt.“Sie genoss sichtlich den erneuten Triumph und sagte: „Es ist niemals langweilig, eine Medaille zu gewinnen, schon gar nicht die Goldene.“

„Wir sind ein Super-Team!“, lobte Schneider: „Super-Pferde, Super-Reiter!“Die ebenfalls 52 Jahre alte Start-Reiterin, die wegen eines Sturzes im April Olympia beinahe verpasst hätte, zeigte nach einem kleinen Fehler in der Qualifikat­ion im Grand Prix Special einen starken Auftritt. Mit Showtime gelang ihr ein fast fehlerfrei­er Ritt und die Führung für ihr Team. „Ich bin begeistert“, kommentier­te die erste Reiterin des deutschen Trios. „Ich habe viel riskiert“, gab sie zu. „Ich hatte auch einen Fehler, aber nicht so einen teuren wie im Grand Prix.“

Ein noch besseres Ergebnis als Schneider gelang Werth mit ihrer Stute Bella Rose. „Ich bin total happy über Bella, sie hat eine fantastisc­he Leistung gezeigt“, kommentier­te die erfolgreic­hste Reiterin der Welt den Auftritt. Die Bewertung der Richter fand sie zwar nicht ausreichen­d, aber: „Warum sollte ich mich ärgern?“

Vielmehr freute sich Werth über den Auftritt ihres Pferdes, mit dem sie gemeinsam mit Schneider auf Showtime und von Bredow-Werndl auf Dalera schon vor drei Jahren bei der WM in den USA zum Gold-Team gehört hatte. „Sie war unglaublic­h relaxed“, schwärmte Werth über die Stute. „Es fühlte sich einfach toll an – und das ist das Allerwicht­igste.“

Schneider und Werth konnten später zuschauen, wie von Bredow-Werndl als dritte Reiterin den Sieg perfekt machte. Die 35-Jährige aus dem bayerische­n Tuntenhaus­en behielt die Nerven. Sicher lenkte die letzte Starterin des Felds ihre Stute durch das Viereck und ließ die Kolleginne­n strahlen.

Fröhlich lächelnd mit Gold in der Hand sagte die 35-Jährige danach wie zuvor Werth über die Plakette: „Ganz schön schwer.“Von Bredow-Werndl erzielte im Special mit ihrer Stute Dalera das beste Ergebnis des Tages, knapp vor Werth mit

Bella Rose.

Das deutsche Team wurde nach dem deutlichen Sieg in der Qualifikat­ion am Wochenende den hohen Erwartunge­n vollends gerecht. Zugleich unterstric­h das Trio die deutsche Dominanz in dieser Disziplin. Es war das 14. Team-Gold für Deutschlan­d bei Olympische­n Spielen.

Am Mittwoch winkt den deutschen Reiterinne­n weiteres Edelmetall. Auch im Kür-Einzel werden sie zu den Top-Favoritinn­en gezählt. „Wir werden sehen, was passiert“, sagte Werth, die ihr achtes Gold gewinnen kann. Sie würde damit im deutschen Medaillen-Ranking auf Platz eins vorrücken, neben die Kanutin Birgit Fischer, die acht Goldund vier Silbermeda­illen holte. „Da hat jemand was dagegen“, sagte Werth mit einem Seitenblic­k auf von Bredow-Werndl. „Jetzt genießen wir erstmal.“

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Sternstund­e (v.l.): Dorothee Schneider, Isabell Werth und Jessica von Bredow-Werndl bei der Siegerehru­ng.
FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Drei Frauen, eine Sternstund­e (v.l.): Dorothee Schneider, Isabell Werth und Jessica von Bredow-Werndl bei der Siegerehru­ng.

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