Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Selbstständige meiden trotz Corona-Krise Hartz IV
(mar) Trotz der erleichterten Zugangsregeln ist die Zahl der Selbstständigen, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, in der Corona-Krise seit Anfang 2020 kaum gestiegen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.
Demnach bezogen vor dem Ausbruch der Krise im Januar 2020 rund 68.000 Selbstständige die soziale Grundsicherung. Im Februar 2021 waren es nach den zuletzt verfügbaren Daten der Bundesagentur für Arbeit knapp 80.000 – also lediglich rund 12.000 Menschen mehr als vor der Krise. Insgesamt zählte das Statistische Bundesamt Anfang 2020 jedoch insgesamt rund 2,2 Millionen Solo-Selbstständige in Deutschland und weitere 1,4 Millionen Selbstständige mit Beschäftigten.
Mit einem Sozialschutzpaket hatte die Regierung zu Beginn der Krise die Zugangsvoraussetzungen zur Grundsicherung gelockert, um sie für Solo-Selbstständige und Kleinunternehmer
zu öffnen, darunter viele Kulturschaffende, die unter den Corona-Maßnahmen besonders zu leiden hatten. Die Prüfung der Angemessenheit der Wohnung entfiel, zudem wurden fortan sämtliche Kosten der Unterkunft erstattet. Auch die Vermögensprüfung wurde stark eingeschränkt. Von Hartz-IV-Sanktionen sah die Bundesagentur zeitweise ab. Neben den Unterkunftskosten überweist der Staat Grundsicherungsempfängern monatlich 446 Euro (Alleinstehende) sowie weitere Regelsätze für Angehörige im Haushalt.
Dennoch sahen viele Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige von der Beantragung des Arbeitslosengeldes II ab, wie aus den Zahlen hervorgeht. „Hartz IV taugt nicht als soziale Sicherung in Krisenzeiten. Der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung während Corona war gut, aber längst nicht gut genug. Noch immer ist Hartz IV als Mindestsicherung ein System, das eher abschreckt als Vertrauen schafft“, sagte Grünen-Politiker Sven Lehmann.