Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Tesla erzielt erstmals Milliardengewinn
Zugleich knackt der E-Auto-Pionier seinen Produktionsrekord. Aber die Deutschen holen in Sachen Elektrifizierung auf. Musks Schlingerkurs beim Bitcoin geht weiter
Der kalifornische Elektroauto-Pionier Tesla hat im zweiten Quartal erstmals mehr als eine Milliarde US-Dollar Gewinn gemacht. Zudem war er auch in seinem Kerngeschäft, dem Autobau, profitabel. 1,1 Milliarden Dollar standen Ende Juni unter dem Strich, zehnmal mehr als vor einem Jahr. Das Besondere: Dieses Mal war für das Erreichen der Gewinnzone nicht nur der Verkauf der CO2-Rechte ausschlaggebend, mit denen der US-Autobauer seine Bilanz bisher zusätzlich aufpolierte. Zwar kauften andere Hersteller wie Chrysler oder General Motors immer noch bei dem kalifornischen Konkurrenten Abgaszertifikate, weil sie selbst in ihrer Produktion noch zu viel klimaschädliches Gas ausstoßen. Der Erlös aus diesen Zertifikaten ging aber um 17 Prozent auf 354 Millionen Dollar zurück.
Tatsächlich läuft das Geschäft mit dem reinen Fahrzeugbau inzwischen hervorragend. Im zweiten Quartal dieses Jahres lieferte der Konzern, wie er schon Anfang Juli bekanntgegeben hatte, zwischen April und Juni gut 200.000 Fahrzeuge aus und stellte gut 206.000 Autos her – so viele wie noch nie seit der Firmengründung 2003. Monetär betrachtet, erzielte der E-Autobauer mit zwölf Milliarden Dollar etwa doppelt so viel Umsatz wie im Vorjahreszeitraum. Damals hatten wegen der Pandemiebekämpfung bei Tesla wie auch vielen anderen Firmen die Bänder zeitweilig stillgestanden. Bei seinem Quartalsrekord ließ sich der US-Konzern auch vom weltweiten Chipmangel und von Engpässen bei den Rohstoffen nicht ausbremsen.
Die Lieferprobleme waren – so konstatieren auch viele Analysten und Branchenexperten – demnach anders als bei vielen etablierten Automobilherstellern kein großes Problem für Tesla. Zwar warnte auch das US-Unternehmen, dass die Versorgung mit Computerchips und
Kurs
Zuletzt wurde spekuliert, welche Folgen der volatile Bitcoin-Kurs für das Unternehmen haben würde, das erst im Februar 1,5 Milliarden US-Dollar in der Digitalwährung angelegt hat.
Kehrtwende Angeheizt wurden die Kursschwankungen von Musk selbst, der Zahlungen per Bitcoin erst nicht mehr, nun „sehr wahrscheinlich“wieder akzeptiert.
Bauteilen schwierig bleiben könnte. Dennoch macht Tesla bei seinen Zielen keine Abstriche – im Gegenteil: Peilte das Unternehmen bislang an, seine Auslieferungen 2021 nach mehr als einer halben Million Autos im Vorjahr um 50 Prozent zu steigern, betonte Firmenchef Elon Musk nun, er rechne mit noch stärkerem Wachstum. Das tatsächliche Tempo werde aber davon abhängen, wie gut Tesla die Halbleiter-Knappheit meistern kann, sagte Musk: „Die Chiplieferungen sind der entscheidende Faktor für unsere Produktion.“In den vergangenen Monaten sei es jedoch gelungen, fehlende Chips durch andere zu ersetzen und die Software anzupassen. Im vergangenen Quartal habe es zum Beispiel Engpässe bei Modulen zur Steuerung von Airbags und Sicherheitsgurten gegeben. Das habe die Produktion bereits gebremst.
Ungeachtet dessen sollen noch in diesem Jahr im Werk Grünheide bei Berlin die ersten Einheiten des batterieelektrischen Kompakt-SUV
Model Y produziert werden. Der Bau der „Gigafactory“in Grünheide liege im Plan, versicherte der Unternehmenschef. Die Tesla-Aktie stieg nachbörslich um rund ein Prozent.
Inzwischen holen allerdings auch die deutschen Autobauer in Sachen Elektrifizierung auf, urteilt Frank Schwope, Analyst der Nord-LB. Er sagte im Deutschlandfunk, schon im nächsten Jahr könne etwa Volkswagen auf Augenhöhe mit Tesla E-Autos produzieren. Die Wolfsburger haben 2020 zwar nur 230.000 Elektroautos produziert, wollen aber in diesem Jahr zwischen 500.000 und 700.000 elektrifizierte Fahrzeuge vom Band laufen lassen. Während Tesla erst neue Kapazitäten aufbaue, profitiere Volkswagen von seiner bestehenden Struktur, meint der Analyst: „Ein altes Werk lässt sich meist schneller umrüsten als ein neues hochziehen.“Andererseits habe Tesla auch einen großen Vorteil, betont Jürgen Pieper, Analyst des Bankhauses Metzler: „Wenn ich praktisch von null anfange, habe ich natürlich den Vorteil, dass ich keinerlei Altlasten habe.“Auch wenn es zunächst zynisch klingen mag: Der Branchenlogik folgend, könnte dazu auch die Entlassung Tausender Mitarbeiter gehören, die man beim Bau der komplexeren Verbrennungsmotoren noch benötigt hatte.
Man müsse Elon Musk ein großes Kompliment machen, sagte Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Institut Center Automotive Research der Universität Duisburg. „Der Grund für den ersten Milliardengewinn von Tesla liegt nach meiner Einschätzung zu großen Teilen in China“, erklärt er. „Mit dem Einsatz von Eisen-Phosphat-Batteriezellen, die der chinesische Batteriehersteller CATL liefert, hat er es geschafft, bei der Basisausstattung des Model 3 den größten Kostenblock, die Batterie, deutlich kostengünstiger zu machen.“So konnten nach seiner Rechnung die operativen Ausgaben im zweiten Quartal um 49 Millionen Dollar auf 1,57 Milliarden Dollar gesenkt werden. (mit dpa und rtr)