Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Tauziehen um die Luftfilter geht weiter
Förderung des Landes umfasst weiterhin lediglich Räume, die nur eingeschränkt gelüftet werden können. Schuldezernentin Dagmar Becker hat wenig Hoffnung auf eine flächendeckende Versorgung.
Die Diskussion um Luftfilter für Klassenräume, um nach den Ferien Präsenzunterricht in den Schulen zu ermöglichen, hängt im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft, die mittels der Geräte von Coronaviren gereinigt werden soll. Noch Mitte Juni hatte der Schulausschuss in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause einen Bürgerantrag, Luftreiniger für Klassenräume in Grund- und Förderschulen anzuschaffen, mit Hinweis auf die Kosten abgelehnt. In der vergangenen Woche gab das Land bekannt, dass zusätzliche 90,4 Millionen Euro aus Landes- und Bundesmitteln für Lüftungsgeräte zur Verfügung gestellt werden sollen.
Allzu viel Hoffnung auf eine flächendeckende Versorgung der Klassenräume hat die Solinger Schuldezernentin Dagmar Becker (Grüne) aber trotzdem nicht. „Die Einschätzung des Umweltbundesamtes hat sich durch das Förderprogramm nicht geändert. Wie bisher können mit dem Geld nur Geräte für Räume der Kategorie 2 angeschafft werden.“Das seien Klassen- und Kita-Räume, in denen nur eingeschränkt gelüftet werden kann, weil die Fenster nur kippbar oder Lüftungsklappen zu klein sind. Nach Einschätzung von Ina Scharrenbach (CDU), NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales und Bau, seien das zwischen 15 und 25 Prozent der Räume.
Die Solinger Schulverwaltung verfolgt die Diskussion mit Städtetag und Umweltbundesamt intensiv. „Ich werde mich auch bei einer Info der Ministerin zuschalten“, so Becker. Derzeit erfasst die Stadt in den Kitas, Grundschulen und den Klassen 5 und 6 der weiterführenden Schulen, welche Räume der Kategorie 2 zuzuordnen sind und somit mit einem Lüftungsgerät ausgestattet werden könnten. „Wir haben das bis Klasse 6 ausgeweitet, weil es für Kinder bis zwölf Jahre ja aktuell noch keine Impfempfehlung gibt“, so Becker. Das städtische Gebäudemanagement eruiere zudem, welche zusätzlichen Räume ausgestattet werden sollten. „Sobald die Förderrichtlinien vom Land vorliegen, werden wir bestellen“, so Becker.
Um alle Klassen der Grund- und
Förderschulen auszustatten, hatte die Stadt einen Bedarf von 508 Geräten alleine für diese beiden Schulformen berechnet. „Grundsätzlich würde sich die Frage der Ausstattung mit Luftfiltern aber auch für die weiterführenden Schulen stellen“, so Stadtsprecher Lutz Peters.
Bezüglich der Kosten müsse man erst das Vergabeverfahren, das je nach Auftragswert europaweit erfolgen muss, abwarten. „Das bisher angeschaffte Modell X80 des Herstellers Ulmair wurde uns je nach Abnahmemenge für 2850 bis 3015 Euro netto angeboten, die Verwaltung hat daher mit 3000 Euro pro Gerät kalkuliert“, so Peters. Mit erwarteter
Preissteigerung, Fracht und Anschluss käme man auf 5000 Euro brutto.
Neben den Anschaffungskosten sind auch die Folgekosten ein großes Thema. Bei 508 Geräten seien das alleine für die Filter und deren Austausch (127.000 Euro), Wartung (59.000), Strom (40.000) und verpflichtende jährliche E-Checks (38.000) Kosten von 264.000 Euro pro Jahr.
Aktuell stehen in den Solinger Schulen erst 20 Luftfilter, die im Rahmen des ersten Förderprogramms im Februar angeschafft worden waren. 13 davon kommen im Schulzentrum Vogelsang zum Einsatz, unter anderem in Computerräumen, die nur Oberlichter, aber keine Fenster haben.
Jens Merten vom VBE (Verband Bildung und Erziehung) Solingen bewertet das Programm für die mobilen Luftfilter grundsätzlich positiv. Allerdings reiche das Geld nicht ansatzweise, um alle Schulen und Klassenräume auszustatten. „Es kann also auch hier wieder nur um eine sehr begrenzte Anzahl an Räumen gehen. Zugleich sind wir schon wieder recht spät, so dass es jetzt für den Herbst sicherlich knapp wird.“Dass die Schulverwaltung schnell reagiert habe und aktuell den Bedarf prüfe, sei auf jeden Fall „gut und richtig“.