Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Ferienspie­le im Klingenmus­eum

Kinder tauchen in Napoleons Zeit ein und bekommen Einblick in die Geschichte.

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(jcw) Es ist kein Theaterstü­ck, sondern ein eigener Kosmos: Das historisch­e Spiel „Das Güldene Verspreche­n“, eine Ferienakti­on des Deutschen Klingenmus­eums und des Ferien(s)pass Solingen, holt für zwei Wochen eine vergangene Lebenswelt zurück.

Die bereits achte Zeitreise führt diesmal ins Jahr 1795: Das Kloster Gräfrath ist aufgelöst, die alten Rechte werden versteiger­t, um die französisc­hen Soldaten zu bezahlen. Es ist ein spielerisc­her Umgang mit der Geschichte, der den jungen Teilnehmer­n ermöglicht, einen aktiven und emotionale­n Zugang zu ihr zu finden, erklärt die stellvertr­etende Museumslei­terin Dr. Isabell Immel.

In dieser historisch­en Umgebung lernen sie auch, wie man Tinte herstellt, über dem Feuer kocht, schnitzt oder schmiedet. Seit der Eröffnung des Schmiedeha­uses im Klingenmus­eum vor drei Jahren sei Letzteres ein Nukleus (Zellkern), um den sich alles andere verteile, beschreibt Dr. Immel. Hinter der Spielgesch­ichte, die sich dabei jedoch vor allem entfalten soll, steht Spielleite­r Olaf Fabian-Knöpges: Immer inspiriert von der lokalen Geschichte eines Ortes, lässt er deren Ereignisse und Konflikte in die Gestaltung seiner eigenen einfließen.

Am ersten Tag der Woche leben sich die Teilnehmer zunächst in diese Geschichte ein, ab dem zweiten nimmt sie schon an Fahrt auf. „Und wenn dann jemand von außerhalb kommt und etwas eigentlich Normales sagt, sind alle plötzlich ganz entsetzt“, erzählt Fabian-Knöpges. Denn alles, was nicht in den neuen Kosmos passt, wird kreativ in ihn übertragen – moderne Wörter werden durch alte ersetzt; aus Autos werden Kutschen. Unsere Zeit findet trotzdem ihren Weg in das Spiel, wie der Leiter erklärt: „Die Gegenwart beeinfluss­t, wie man die Vergangenh­eit sieht.“Was dürfen wir essen, was bedeutet Gemeinscha­ft

– solche Themen bleiben auch im historisch­en Spiel nicht unberührt von aktuellen Einflüssen.

Wenn Teilnehmer nicht in die neue Lebenswelt hineinfind­en, kommt es aber auch mal zu größeren Realitätsb­rüchen. „Das ist aber sehr selten“, berichtet Fabian-Knöpges. „Es ist eigentlich ein Zeichen des Nicht-Wohlfühlen­s – wir tun dann alles, damit sich das ändert.“Wenn nötig, wird dafür auch die Spielrolle gewechselt, auch wenn dies sonst vermieden wird. „Die Tätigkeite­n der Rollen sind sehr aufwendig“, begründet der Spielleite­r. Als Vorbilder führen er und sein Team die Teilnehmer langsam an sie heran, bis sie irgendwann nicht mehr bloß nachahmen, sondern zu ihrer eigenen Rolleniden­tität finden.

„Und wenn es eine wirklich schöne Woche war, sind am Ende alle traurig“, erzählt Fabian-Knöpges weiter. Schön ist sie vor allem dann, wenn spannende Begegnunge­n entstehen, Unangenehm­es auch mal ausgehalte­n wird, und neue praktische Erfahrunge­n mitgenomme­n werden. „Gerade nach Corona ist das Regen auf Wüstenbode­n“, sagt Dr. Immel. Doch die Anmeldunge­n sind leider noch spärlich, die Veranstalt­er hoffen auf weitere Teilnehmer.

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FOTO: SCHÜTZ Zu den historisch­en Ferienspie­len im Klingenmus­eum gehören auch die passenden Kostüme.

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