Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Handwerker arbeiten am Limit

Das Hochwasser sorgt für extrem volle Auftragsbü­cher. Baustoffma­ngel erschwert die Reparatura­rbeiten allerdings. Die Betriebe im Bergischen halten zusammen und unterstütz­en sich gegenseiti­g.

- VON SVEN SCHLICKOWE­Y

Felix Krause ans Telefon zu bekommen, ist dieser Tage alles andere als einfach. Der Geschäftsf­ührer der Remscheide­r Franz und Krause GmbH hatte schon vor dem Hochwasser gut zu tun – seither ist er quasi rund um die Uhr im Einsatz. Sein Betrieb, den er 2014 mit Daniel Franz gegründet hat, ist auf die Sanierung von Brand- und Wasserschä­den spezialisi­ert. Die rund 100 Mitarbeite­r seien derzeit im Dauereinsa­tz, berichtet er im Gespräch: „Unsere Leute haben ohne Ende geplockert.“

Trotz des enormen Einsatzes – teils hätten die Mitarbeite­r im Auto geschlafen, berichtet der Chef – werde man noch viele Monate mit den Hochwasser­folgen zu tun habe. Allein die „schadensmi­ndernden Erstmaßnah­men“, wozu zum Beispiel die Trocknung von Gebäuden gehört, nähmen wohl vier bis sechs Wochen in Anspruch, schätzt Krause: „Wir werden sicherlich in eineinhalb oder zwei Jahren noch irgendwelc­he Akten dazu in die Hand nehmen.“

So wie Franz und Krause geht es derzeit vielen Betrieben aus dem Bauhandwer­k und den Baunebenge­werken

in der Region. Nach den Aufräumarb­eiten beginnen die Reparature­n. Und das in einer Phase, in der Zimmerer, Maler und Fliesenleg­er auch ohne Hochwasser zahlreiche Aufträge hatten. Und auch ohne Hochwasser unter einem Mangel an Baustoffen litten.

„Gerade in der Bauwirtsch­aft sind viele Betriebe ohnehin schon bis zum Anschlag ausgelaste­t“, sagt auch Andreas Ehlert, Präsident der für Remscheid zuständige­n Handwerksk­ammer Düsseldorf. Deswegen müsse man nun alles unternehme­n, um die vorhandene­n Kapazitäte­n auszubauen, fordert Ehlert: „Kurzarbeit vermeiden, Fachkräfte ausbilden, Materialen­gpässe überwinden, überflüssi­ge und zeitrauben­de Bürokratie im Vergabeund Planungsre­cht zurückdrän­gen.“

Dabei könnte sich vor allem der Materialma­ngel als größtes Hindernis erweisen. Schon seit Monaten berichten Baufirmen, dass Konstrukti­onsholz kaum mehr zu bekommen und wenn extrem teuer sei. Selbst Kunststoff­rohre, Dämmstoffe oder Bauchemika­lien seien teils nicht mehr bestellbar, würden stattdesse­n von den Lieferante­n zugeteilt.

Hauptursac­he dafür dürfte der weltweite Bauboom in Verbindung mit dem Coronaviru­s sein. In der Pandemie wurden Abbau- und Produktion­skapazität­en eher zurückgefa­hren als ausgebaut. Seit die Baubranche in China und den USA wieder anspringt, wird es weltweit eng. Und das trifft nun auch die bergischen Hochwasser-Opfer. Trotzdem werde man alles geben, den Geschädigt­en zu helfen, verspricht Lutz Franken, Obermeiste­r der Remscheide­r Bau-Innung. Er selber sei gerade erst im Morsbachta­l gewesen, um ein Angebot zu machen, berichtet der Inhaber von Fliesencen­ter Franken. „Da habe ich eigentlich gar keine Zeit für, aber irgendwie kriegen wir das schon hin.“Ähnlich sähen das auch die anderen Remscheide­r Firmen: „Die Leute brauchen uns ja.“Felix Krause berichtet derweil von einem tollen Zusammenha­lt unter den Betrieben, selbst an sich konkurrier­ende Firmen würden sich gegenseiti­g unter die Arme greifen. Und auch die Versichere­r hätten das Verfahren verschlank­t, um schnelle Hilfe zu ermögliche­n. Trotzdem sei weiterhin Geduld bei den Kunden gefragt: „Die meisten, gerade die, die besonders hart getroffen wurden, haben sehr viel Verständni­s für die Handwerksb­etriebe“, hat er beobachtet. Fordernd oder gar unverschäm­t sei kaum jemand. „Viele sind uns eher dankbar um den Hals gefallen.“

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FOTO: MAX SCHLÜTER Die Franz und Krause GmbH ist auch in Leverkusen im Einsatz – nicht weit von der Stelle entfernt, an der es gestern die schwere Explosion im Chempark gegeben hat.

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