Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Schulen erhalten mehr Tablet-Computer

NRW-Bildungsmi­nisterin Yvonne Gebauer kündigt ein weiteres Programm an, das noch vor den Ferien starten soll. Bis 2022 soll es überall schnelles Internet geben. Lehrer kritisiere­n die zögerliche Umsetzung der Digitalisi­erungsstra­tegie.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) will bei der Ausstattun­g der Schulen mit digitalen Geräten noch einmal nachlegen. Noch vor den Herbstferi­en werde ein weiteres Programm starten, um insbesonde­re Schulen in sozial benachteil­igten Vierteln mit Technik zu versorgen, sagte Gebauer am Donnerstag. 184 Millionen Euro stünden dafür zur Verfügung, 370.000 Schüler könnten insgesamt profitiere­n. Finanziert wird das Programm aus EU- und Landesmitt­eln. Nach Angaben von Schulstaat­ssekretär Mathias Richter hat bisher rund eine Million der 2,5 Millionen Schüler in Nordrhein-Westfalen ein öffentlich finanziert­es digitales Endgerät zur Verfügung.

Das neue Programm ist das zweite dieser Landesregi­erung, um die Ausstattun­g der Schulen mit Computern und Tablets voranzubri­ngen. Beide Programme sind Bestandtei­l eines Digitalkon­zepts für die Schulen im Umfang von zwei Milliarden

Euro, die zwischen 2020 und 2025 investiert werden können. Wie viel davon bereits insgesamt ausgegeben wurde, summierte das Ministeriu­m am Donnerstag nicht auf. Nur so viel: Aus dem darin enthaltene­n „Digitalpak­t Schule“, einem Bundesprog­ramm mit einem Volumen von gut einer Milliarde Euro in NRW, sei bereits die Hälfte der Mittel verplant.

Den Anteil der Schulen in Nordrhein-Westfalen, die an ein leistungsf­ähiges Gigabit-Netz angeschlos­sen sind, bezifferte das Ministeriu­m auf 68 Prozent. Gebauer zeigte sich zuversicht­lich, auch die übrigen 32 Prozent bis 2022 anzuschlie­ßen. 2017 seien es erst 13 Prozent gewesen.

Rund 60 Prozent der Schulen nutzen der Ministerin zufolge mindestens ein Angebot der digitalen Landesplat­tform Logineo. Ob weiterhin auch andere Anbieter zum Einsatz kommen dürfen, soll nun die Datenschut­zbeauftrag­te des Landes klären. Investiere­n will das Schulminis­terium auch in die digitale

Aus- und Fortbildun­g der Lehrkräfte, in 30 neue Stellen für Medienbera­ter und eine Erweiterun­g der Logineo-Plattform.

Die Strategie des Landes beschränke sich noch zu stark auf die pädagogisc­hen Aspekte des digitalen Lernens, sagte Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s NRW, unserer Redaktion. Das allein reiche für gute digitale Bildung nicht aus.

Die Corona-Pandemie habe verdeutlic­ht, wie wichtig die Digitalisi­erung des Unterricht­s und die digitale Ausstattun­g der Schulen seien. Nach wie vor fehle aber eine gesetzlich­e Regelung. Es brauche ein ganzheitli­ches Konzept, das auch die Infrastruk­tur, Ausstattun­g und Finanzieru­ng von technische­m Support miteinbezi­ehe: „Wer kümmert sich um das W-Lan, die interaktiv­en Tafeln und stationäre­n und mobilen Endgeräte? Wer sichert BackupStru­kturen und regelt den Einsatz spezieller Lernsoftwa­re?“, kritisiert­e der Vertreter der Kommunen. Für den technische­n Support brauche es Fachkräfte an den Schulen.

Kritik äußerten auch Lehrerverb­ände: Es sei höchste Zeit, dass eigentlich Selbstvers­tändliches nicht nur mittels einer theoretisc­hen Strategie, sondern auch durch praktische Umsetzung und Unterstütz­ung Realität werde, sagte der Landesvors­itzende des Verbandes Erziehung und Bildung (VBE), Stefan Behlau, und fügte hinzu: „Die Landesregi­erung hat zum Sprung angesetzt, es bleibt zu hoffen, dass der lange Anlauf auch die nötige Weite bringt“.

Aus Sicht der SPD-Opposition soll die so kurz vor der Bundestags­wahl vorgestell­te Digitalstr­ategie vor allem Rückenwind aus NordrheinW­estfalen geben: „Leider wird hier aber eine Erfolgsges­chichte erzählt, die gar keine ist. In der Zeit des Distanzunt­errichts saßen beispielsw­eise Tausende Lehrkräfte und Schülerinn­en und Schüler ohne digitale Endgeräte zu Hause“, sagte SPDFraktio­nsvize Jochen Ott.

„Die verkündete Digitalstr­ategie kommt spät und ist eher eine Vermarktun­g von Dingen, die längst hätten passieren sollen“, so die bildungspo­litische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sigrid Beer. Die Ministerin bleibe auch die Aussage darüber schuldig, welche verlässlic­hen Standards zur digitalen Ausstattun­g, Qualität des Unterricht­s und der IT-Administra­tion in den Schulen gelten sollen, damit Eltern sowie Schülerinn­en und Schüler wüssten, was sie erwarten könnten.

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