Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Europas Sparer sind die Leidtragen­den

- VON GEORG WINTERS

Die US-amerikanis­che Notenbank Fed und ihr Präsident Jerome Powell lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, und das ist auch gut so. So sanft wie möglich versucht die Fed, die internatio­nalen Finanzmärk­te auf eine nachhaltig­e Veränderun­g ihrer Geldpoliti­k einzustimm­en. Sie hat jetzt angekündig­t, die Anleihenkä­ufe zurückzufa­hren, und für das kommende Jahr stehen womöglich zwei Zinserhöhu­ngen ins Haus.

Das ist Politik von langer Hand, die den Vorteil hat, dass die Finanzmärk­te nicht kurzfristi­g erschütter­t werden. Die moderate Reaktion der amerikanis­chen Börse nach der Ankündigun­g ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Rechnung aufgeht. Gleichzeit­ig lässt die Fed keinen Zweifel daran, dass sie bei den Zinsen in absehbarer Zeit handeln wird – ein Jahr früher als erwartet. Das schafft wohltuende Verlässlic­hkeit.

Daran ist in Europa gegenwärti­g nicht zu denken. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) beharrt beim Leitzins auf ihrer Position, die Konjunktur sei nicht stabil genug, als dass man etwas ändern könnte, und sie sieht die hohe Inflation nur als vorübergeh­endes Phänomen, das keiner Zinssteige­rung bedarf. In Wirklichke­it wird die Politik der EZB von der Sorge um ein Auseinande­rbrechen der Währungsun­ion regiert. Würde sie die Zinsen anheben, könnte an den Kapitalmär­kten schnell das Vertrauen in die hochversch­uldeten Länder im Süden Europas sinken. Was dann drohte, wäre Geldpoliti­k mit der Notenpress­e. Andernfall­s müssten einige vermutlich die Union verlassen. Die Abhängigke­it der verschulde­ten Euro-Länder von billigem Zentralban­kgeld ist mit dem Ausbruch der Corona-Krise nur noch stärker geworden. Leidtragen­de sind Europas Sparer, für die ein Ende ihres realen Vermögensv­erlustes derzeit nicht in Sicht ist, während Schuldner sich die Hände reiben. Düstere Aussichten.

BERICHT US-NOTENBANK WILL BALD . . ., WIRTSCHAFT

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