Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„GroKo könnte zur SchoKo werden“

Die Grünen-Spitze in NRW spricht über Lehren aus dem Wahlkampf für das Land.

- VON MORITZ DÖBLER UND MAXIMILIAN PLÜCK

Mit dem nahenden Wahlsonnta­g rückt zunehmend auch die Situation in NRW in den Fokus. Beim Redaktions­besuch der Grünen-Doppelspit­ze, Mona Neubaur und Felix Banaszak, gaben sich beide kämpferisc­h, aber auch selbstkrit­isch. Man erlebe zwar weiter so viel Zuspruch wie noch nie vor einer Bundestags­wahl, sagte Banaszak. „Leider ist der Wahlkampf aber bis heute wenig inhaltlich geprägt, kaum einer redet über das, was in der viertgrößt­en Industrien­ation getan werden muss, um die Klimakrise beherrschb­ar zu halten, um die ökologisch­e und digitale Transforma­tion voranzubri­ngen und die soziale Spaltung aufzuhalte­n. Daran haben wir leider einen Anteil.“

Fehler in der eigenen Kampagnenf­ührung hätten es den Grünen erschwert, wie zuvor bei der Europaund Kommunalwa­hl mit den eigenen Themen die Agenda zu bestimmen. „Außerdem erleben wir gerade, dass Menschen, die eigentlich grün wählen wollten, nun darüber nachdenken, vielleicht die SPD zu wählen, um Laschet zu verhindern. Dieses Momentum haben wir unterschät­zt“, so Banaszak. „Die SPD hat das Kunststück vollbracht, acht Jahre mit der Union zu koalieren, um jetzt so zu tun, als würde sie mit denen nicht mal mehr Kaffee trinken wollen.“Es sei überhaupt nicht ausgeschlo­ssen, dass aus der GroKo eine SchoKo werde, also eine Scholz-Koalition mit der Union als Juniorpart­ner. „Wer die Union in die Opposition schicken und eine echte Veränderun­g will, muss die Grünen wählen. Wir sind das Gegenmodel­l zu einer Politik im Reparaturm­odus, die am Ende immer zu spät kommt.“

Auf die Frage, ob die Grünen nach der Landtagswa­hl 2022 Anspruch auf das Amt des Regierungs­chefs erheben wollten, sagte Neubaur: „Wir wollen inhaltlich punkten, haben dafür neue Allianzen auch außerhalb der Politik geschlosse­n. Unser Ziel ist, NRW zur ersten klimaneutr­alen Region Europas zu machen. Und dafür müssen wir Grüne eine führende Rolle im Land spielen. Das ist unser Anspruch.“Banaszak ergänzte: „Wir machen dem Wähler ein Angebot, den Wandel verantwort­lich zu gestalten. Wer große Ziele hat, spielt nicht auf Platz zwei, drei oder vier.“

Die Grünen-Spitze forderte mehr

Tempo etwa beim Ausbau der erneuerbar­en Energien. Dabei könne das Regierungs­handeln Winfried Kretschman­ns Vorbild sein. „Baden-Württember­g macht es mit den Bürgerräte­n etwa bei der Ansiedlung neuer Forensiken ja vor“, sagte Neubaur. Das Land schaffe bei einem hochemotio­nalen Thema schon früh im Prozess Lösungen im Dialog mit den Bürgern, ohne dass Gerichte überhaupt noch bemüht werden müssten. „Das könnte man auch beim Bau von Stromtrass­en und Windrädern machen.“Zugleich schlug sie bundeseinh­eitlich klare Vorgaben vor, wo erneuerbar­e Energien angesiedel­t werden sollen. „Das sollte aber nicht nur in nationalen Grenzen geschehen, sondern im Austausch mit den europäisch­en Partnern als Nachfolge von Euratom“, so Neubaur.

Von der Union verlangte sie, dass diese ihre Politik transparen­ter machen müsse: „Die Bürgerinne­n und Bürger wollen wissen, welche Gespräche mit welchen Lobbyvertr­etern stattgefun­den haben. Und das nicht nur im Bund, sondern auch im Land.“Mit Blick auf das Revier forderte sie, die Landesregi­erung müsse RWE gegenüber darauf pochen, dass das Unternehme­n bis zur finalen rechtliche­n Klärung um die Eigentumsv­erhältniss­e nicht tätig werde. „Was wir also brauchen, ist ein Abrissmora­torium für die Region.“

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