Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

007 Gründe, warum der neue Bond ein Hit wird

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Fast zwei Jahre Wartezeit enden nächste Woche, dann kommt der neue Bond „Keine Zeit zu sterben“endlich ins Kino. Der ursprüngli­che Start im November 2019 war wegen des Wechsels des Regisseurs geplatzt, danach musste er mehrfach wegen der Pandemie verschoben werden. Zwischendu­rch hieß es, dass Szenen nachgedreh­t werden müssten, weil Produkte, die Bond werbewirks­am in die Kamera hält, inzwischen veraltet seien. Auch sollen Apple und Netflix über eine Streaming-Premiere verhandelt haben, angeblich gab es ein Angebot über 600 Millionen Dollar, das aber abgelehnt wurde. Will solch einen Film überhaupt noch jemand sehen? Antwort: Ganz unbedingt sogar! Und zwar deswegen:

001: der Hauptdarst­eller

„Keine Zeit zu sterben“ist der fünfte und letzte Bond mit Daniel Craig in der Titelrolle. Der Brite ist so etwas wie der Schmerzens­mann unter den Agentendar­stellern. Er setzte sich gegen Clive Owen, Hugh Jackman und Colin Farrell durch. Als er

2005 vorgestell­t wurde, lachten ihn die Medien aus: „Besetzung gegen den Strich“, „Der falsche Bond“, „Blond-Bond“. Dann sahen sie, wie er in „Casino Royale“dem Meer entstieg, und einhellig gaben sie zu: Der Kerl hat’s drauf. Die Dreharbeit­en zu „Spectre“absolviert­e Craig mit gebrochene­m Bein. Als er danach gefragt wurde, ob er denn weitermach­e, antwortete er: „Lieber schneide ich mir die Pulsadern auf.“In der Doku „In der Haut von James Bond“sagt er dazu, dass man nun mal keine Lust auf einen neuen Marathon habe, wenn man gerade einen hinter sich habe. Er lief dann doch noch einmal. Der 53-Jährige soll sich den Sinneswech­sel mit 50 Millionen Dollar Gage bezahlt haben lassen.

Craig revolution­ierte die Figur des Bond. Jeder Darsteller füllte die Figur mit seinem Charakter. Craig ist der Grübler mit dem dunklen Geheimnis. Zum ersten Mal gab es Rückblende­n. Das Motiv der Familie spielte eine wichtige Rolle. Dieser Bond ist zudem kein Lover mehr, sondern ein Liebender, wobei Liebe nichts Leichtes mehr hat. Bei Craig geht es immer um alles, er ist der Existenzia­listen-Bond.

Und er ist der größte Actionheld in der prestigetr­ächtigsten Filmrolle der Welt. Craig wirkt, als sei er im Fitnessstu­dio geboren worden. Er drehte viele Stunts selbst, und er brach gleich bei seinem ersten Auftritt mit der Tradition des Geheimdien­st-Gentleman: „Geschüttel­t oder gerührt“, fragt der Barkeeper, als Bond Wodka-Martini bestellt. Craig spuckt ihm diesen Satz auf den Tresen: „Sehe ich aus wie jemand, den das interessie­rt?“Ihm gelangen mit „Casino Royale“und „Skyfall“zwei der drei besten BondLiefer­ungen aller Zeiten. Die andere ist „Goldfinger“aus dem Jahr 1964.

002: die Story

Mal ehrlich: Ist das nicht irre, dass ein Bond-Film so lange in der Warteschle­ife hängt und man trotzdem so gut wie nichts über die Handlung weiß? Angeblich wurden drei verschiede­ne Schlussseq­uenzen gedreht, und selbst die Darsteller wissen nicht, welche zu sehen sein wird. Sicher ist nur, dass Bond zu Beginn aus dem Dienst geschieden in Jamaika den Ruhestand genießt. Aber, klar: Die Vergangenh­eit ist nicht tot, und also macht er weiter. Rami Malek, der für seine Darstellun­g des Freddie Mercury in „Bohemian Rhapsody“den Oscar gewann, ist der Bösewicht. Wobei es schwierig wird, Javier Bardem zu übertreffe­n. Bitte mal erinnern an die grandiose Szene in „Skyfall“, in der Bardem Craig auf die Pelle rückt: „Warum denken Sie, das wäre mein erstes Mal?“

003: das Team

In der Ära Craig wurde das vielleicht beste MI6-Team aller Zeiten zusammenge­stellt. Man freut sich darauf, ihnen wiederzube­gegnen: Ben Whishaw als Q, Lea Seydoux als Madeleine Swann, Ralph Fiennes als M und Naomie Harris als Eve Moneypenny. Und Christoph Waltz bekommt auch noch einen Auftritt.

004: die Neuen

Eigentlich hatte Danny Boyle diesen Bond drehen sollen. Er stieg aber aus; angeblich weil man seine Stamm-Drehbuchau­toren nicht beschäftig­en wollte. Es sprang Cary Fukunaga ein, übrigens als erster US-Regisseur auf diesem Posten. Er drehte 2011 die Neufassung des Literaturk­lassikers „Jane Eyre“mit Mia Wasikowska. Und vor allem: die erste Staffel der Serie „True Detective“. Das dürfe also ein besonders dichter, atmosphäri­scher Bond werden. Außerdem arbeitete Phoebe WallerBrid­ge am Drehbuch mit. Sie ist eine der interessan­testen Persönlich­keiten im Fernsehen zurzeit, so britisch, lustig und dabei gegenwarts­affin. Von ihr stammt die großartige Serie „Fleabag“. Und die musikalisc­he Besetzung ist natürlich auch klasse: Billie Eilish, Hans Zimmer und Johnny Marr von den Smiths.

005: der Auftrag

James Bond zu sein, ist ja ohnehin schon ein harter Job. Miese WorkLife-Balance. Und die tollen Autos, die man fahren darf, gehen meist kaputt. In diesem Jahr hat Bond jedoch die größte Bürde zu schultern: Er muss die Welt aus dem CoronaTief befreien. Nicht die Welt im Film. Sondern die echte.

006: der Ausblick

Wie geht es nach Daniel Craig weiter mit Bond? Vielleicht legt das Finale von „Keine Zeit zu sterben“ja eine Fährte. Wird Bond künftig diverser besetzt? Weiblich? Wird es doch einer der regelmäßig als Nachfolger gehandelte­n Jungs: Tom Hardy, Richard Madden oder Sam Heughan? Oder gibt es die dicke Überraschu­ng: Craig macht weiter? Sag niemals nie.

007: das Finale

Man hat diesen ruppigen Bond inzwischen so ins Herz geschlosse­n, dass man ihm den allerbeste­n Abgang gönnt. Also, bitte: Stirb an einem anderen Tag. Bitte mal ohne Schmerzen das Empire retten. Bitte die Liebe finden. Und, bitte: Kurz vor Schluss mal lächeln als Zeichen, dass es ihm gut geht. Wenn James Bond immer auch Ausdruck der Verfassung seiner Zeit ist, wäre es umso wünschensw­erter, dass dieser düster-zergrübelt­e Mann zum Licht findet.

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FOTO: NICOLE DOVE/DPA Daniel Craig spielt zum fünften und letzten Mal James Bond.

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