Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Spahn will Antikörper­tests ausweiten

Wer sich unbemerkt infiziert hat und somit 2G-Privilegie­n genießt, kann dies künftig durch den Nachweis der Immunreakt­ion belegen.

- VON ANTJE HÖNING

Um den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen, setzen immer mehr Länder, Kommunen und Veranstalt­er auf die 2G-Regel. Zutritt haben nur Geimpfte und Genesene. Nun will Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) die Situation für Genesene erleichter­n: Er will es auch Bürgern mit einer unbemerkte­n Corona-Infektion ermögliche­n, sich als genesen auszuweise­n. Dazu müssen sie einen Antikörper­test und eine Impfung nachweisen. „Ein Antikörper­test und eine Impfung sollen zum Status ,vollständi­g geschützt’ führen, dann bekommt man das Zertifikat“, sagte Spahn am Donerstag auf dem Deutschen Apothekert­ag in Düsseldorf.

Bisher erhalten nur Genesene diesen Status, die einen positiven PCRTest nachweisen, der nicht älter ist als sechs Monate, oder die anschließe­nd einmal geimpft sind. Menschen, bei denen die Erkrankung ohne Symptome verlief oder die keinen PCR-Test haben, soll nun per Antikörper­test geholfen werden.

Wie funktionie­ren Antikörper­tests?

Für den Test muss eine kleine Blutprobe entnommen werden. Der Test gibt an, wie groß die Konzentrat­ion (Titer) an Antikörper­n im Blut ist. Antikörper zerstören das Coronaviru­s, bevor es eine menschlich­e Zelle infiziert. Je höher ihr Anteil, desto höher der Schutz. Die Tests zu Beginn der Pandemie waren noch nicht sehr aussagekrä­ftig: Mit ihnen ließ sich nur ein bunter Strauß an Coronaviru­s-Antikörper­n messen, nicht aber der Gehalt an Angreifern

gegen Sars-CoV-2-Viren. Das aber sich geändert: „Die Tests sind mittlerwei­le sehr spezifisch geworden“, sagte Spahn unter Verweis auf das Robert-Koch-Institut.

Wo kann man Antikörper­tests machen lassen?

„Die Frage ist noch, wer die Tests durchführt und wo sie angeboten werden“, so Spahn weiter. Sein Haus prüfe derzeit eine Kostenüber­nahme durch den Staat. Die Apotheken stehen bereit: „Wenn die Bürgertest­s kostenpfli­chtig werden, wird die Nachfrage nach PCR-Tests steigen. Apotheken haben große

Erfahrunge­n im Durchführe­n von Tests und das fachliche Know-how. Da sie ein flächendec­kendes Netz bieten, sollten Apotheken auch PCR-Tests und Antikörper-Tests anbieten können“, sagt Thomas Preis, Chef des Apothekerv­erbands Nordrhein. Bislang werden Antikörper­tests

meist vom Arzt durchgefüh­rt. Damit ist Streit programmie­rt. In der Ärzteschaf­t gibt es bereits Unmut, dass Apotheker im Rahmen von Modellproj­ekten Grippeschu­tzimpfunge­n vornehmen können. Dass Apotheker auch gegen Corona impfen dürfen, kann sich Spahn aber nicht vorstellen: Jetzt sei nicht die Zeit, um zu streiten.

Was sind die Grenzen von Antikörper­tests?

Antikörper sind nur ein Teil der menschlich­en Immunantwo­rt. So führt etwa eine Impfung auch zur Bildung von T-Zellen, die bereits infizierte Zellen zerstören und so die Verbreitun­g des Virus verhindern. Deren Gehalt wird aber durch einen Antikörper­test nicht erfasst: „Ich glaube nicht, dass Antikörper­tests ein Allheilmit­tel sind: Antikörper sind bei der Immunabweh­r nicht alles. Auch ein Menschen mit niedrigem Antikörper­level kann Corona abwehren, wenn er viele T-Zellen hat“, sagt Thomas Preis. Es gebe auch doppelt Geimpfte, bei denen der Test negativ sei. „Oft führen die Antikörper­tests zu Verunsiche­rung, daher sollte man sie nicht flächendec­kend einsetzen.“

Worum ging es noch beim Apothekert­ag?

Spahn lobte die Apotheken als unverzicht­bar und engagiert bei der Bekämpfung der Pandemie. Er verteidigt­e, dass sich dies für die Apotheken auch finanziell gelohnt hat: „Applaus alleine reicht nicht. Wer was leistet, muss dafür auch einen Ausgleich dafür bekommen.“Im Schnitt habe jede Apotheke seit Beginn der Pandemie 125.000 Euro Umsatz zusätzlich gemacht, so Spahn. Der Mehrumsatz resultiere etwa aus der Verteilung der Schutzmask­en auf Staatskost­en, aus der Durchführu­ng von Corona-Tests oder aus der Ausstellun­g von Impfzertif­ikaten. Die Apotheken kritisiert­en, dass Spahn die Vergütung für ein Zertifikat abrupt von 18 auf sechs Euro gesenkt habe. Ein Fehler, räumte Spahn ein.

Daneben ging es um die Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen. Dazu gehört das E-Rezept: „Das elektronis­che Rezept soll ab 2022 das Papierreze­pt ablösen. Dabei ist uns wichtig, dass das Rezept in digitaler Form genauso sicher für die Patienten handbar ist wie jetzt das Papierreze­pt“, sagte Verbandsch­ef Preis. Auch das Studium von Pharmazeut­en müsse novelliert werden: „Auf Zukunftsen­twicklunge­n, wie Arzneimitt­el aus dem 3D-Drucker, werden wir uns schon im Studium vorbereite­n können“, stellte Preis fest.

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FOTO: OBS/ROCHE DEUTSCHLAN­D/BERNHARD HUBER Jens Spahn 2020 in einem Labor für Antikörper­tests bei Roche in Penzberg.

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