Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Brief für 6000 Euro versteigert
Die Postsendung aus Solingen überstand den Absturz des Zeppelins Hindenburg.
(jro) Ein aus Solingen versendeter Brief, der im Jahre 1937 den Absturz des Zeppelins Hindenburg überstand, wurde am vergangenen Montag versteigert. Im Wiesbadener Briefmarken-Auktionshaus Heinrich Köhler wurde die stark angebrannte Postsendung für 6000 Euro verkauft.
Der Zeppelin LZ 129 mit der Bezeichnung Hindenburg hatte am
7. Mai 1937 bei der Landung am Ende eines Fluges von Frankfurt am Main nach Lakehurst im US-Bundesstaat New Jersey Feuer gefangen, weil sich die Wasserstofffüllung entzündete. Dabei kamen 35 der 97 Menschen an Bord und ein Mitglied der Bodenmannschaft ums Leben. Mit auf der Reise waren auch etwa 20.000 Postsendungen, von denen nur 80 aus dem Wrack gerettet werden konnten. Eine dieser Sendungen war ein Brief aus der Klingenstadt.
Absender war der damals 28-jährige Solinger Paul Becker, der seine in den USA lebende Mutter zum bevorstehenden Muttertag grüßen wollte. Er warf den Brief am 1. Mai
1937 beim Postamt an der Kölner Straße ein, am 3. Mai wurde der Brief außerdem auf dem Flug- und Luftschiffhafen in Frankfurt gestempelt. Von dort ging es mit der Hindenburg über den Atlantik nach Lakehurst.
Im Jahr 1981 wurde bereits einmal über den Brief von Paul Becker und seiner Ehefrau Lotte berichtet. Damals, 44 Jahre nach dem Unglück, erinnerte sich Lotte Becker an die Katastrophe. „Paul, unser Brief ist weg“, sei ihr erster Ausruf gewesen. Doch zur Überraschung des jungen Ehepaars antworte Beckers Mutter 14 Tage später, dass sie den Brief erhalten habe. Sie sei zum Postamt nach Morristown bestellt worden und habe dort den in einer Cellophanhülle eingesiegelten Brief erhalten. Er war aus den ausgebrannten Trümmern gerettet worden. In der Hülle der amerikanischen Postverwaltung befindet sich der Brief noch heute. Beckers Mutter brachte ihn nach dem Zweiten Weltkrieg bei einem Besuch mit zurück nach Solingen.
Bereits wenige Tage nach dem Bekanntwerden des geretteten Poststücks meldeten sich erste Briefmarkensammler und Interessenten bei Becker, um ihm den Brief abzukaufen. Doch Paul Becker, damals selbst Briefmarkensammler wollte nicht verkaufen. Er war sich der Wertsteigerung bewusst, die der Brief erleben würde. Entsprechend lange Zeit blieb der Brief in einem Solinger Bankschließfach verwahrt und wurde innerhalb der Familie über Generationen vererbt.
Besonders ist das Poststück nicht nur aufgrund der tragischen Geschichte und der außergewöhnlichen Brandspuren. Auch die seltenen Block-Briefmarken mit dem Porträt Adolf Hitlers und die aufgedruckte Parole „Wer ein Volk retten will, kann nur heroisch denken“machen den Brief für Sammler wertvoll. Von der Parole sind durch die Brandfolgen ironischerweise nur noch die Wörter „retten will“lesbar.
Der jetzige Besitzer entschloss sich nun dazu, den Familien-Schatz zu verkaufen, wodurch das zeitgeschichtliche Dokument in Wiesbaden erstmals zur Auktion angeboten wurde.