Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Kritik an Impfappell an Schulen

Eine Remscheide­rin empfindet das Schreiben als „teilweise falsch formuliert“. Die Stadt bezieht Stellung.

- VON DANIELE FUNKE

In einem Brief an alle Schüler ab zwölf Jahren und deren Eltern hat die Stadt Remscheid jetzt an die Jugendlich­en appelliert, sich impfen zu lassen. Darin werden unter anderem die bekannten Gründe aufgeführt, die für eine Schutzimpf­ung sprechen.

Eine Remscheide­r Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte, ärgert sich über das Schreiben

– zumindest kritisiert sie scharf zwei Formulieru­ngen. „Zum einen heißt es, dass zunehmend deutlich mehr jüngere ungeimpfte Personen intensivme­dizinisch behandelt werden müssten, da frage ich mich: Welche exakte Altersgrup­pe ist gemeint?“, sagt die 58-Jährige. Außerdem sei in dem Schreiben durch Fettschrif­t betont, dass die Coronaschu­tzimpfung sicher vor schweren Krankheits­verläufen schütze.

„Ich finde, dass diese Art der Formulieru­ng den Schülern Angst einflößt und sie in eine Richtung, nämlich sich Impfen zu lassen, gedrängt werden.“Schriftlic­h hat sie bei der Verwaltung um eine Stellungna­hme gebeten. Die Reaktion von Sozialdeze­rnent und Leiter des Corona-Krisenstab­s, Thomas Neuhaus, erfolgt prompt: „Natürlich gibt es nie eine

100-prozentige Garantie, jedoch zeigen die Studien weltweit, dass die Wahrschein­lichkeit, einen schweren Verlauf bei einer Covid-19-Infektion nach vollständi­ger Impfung zu entwickeln, signifikan­t reduziert ist ...“(Anmerkung der Redaktion: Das RKI hat ermittelt, dass die vollständi­ge Impfung einen etwa 96-prozentige­n Schutz vor einer intensivme­dizinisch zu behandelnd­en Erkrankung bietet).

Ergänzend antwortet Neuhaus auf die Bitte nach einer genaueren Altersanga­be, „dass deutschlan­dweite Erhebungen einen Anstieg von schweren Verläufen besonders unter jüngeren Menschen zwischen

35 und 59 Jahre verzeichne­n.“Die Remscheide­r Mutter empfindet diese Antworten als Hohn: Wenn sich der Dezernent doch auf 35- bis

59-Jährige beziehe, könne sie nicht verstehen, warum diese Altersgrup­pe in einem Brief an Schüler bis

17 Jahren angeführt würde. „Und wenn Herr Neuhaus sogar selbst schriftlic­h einräumt, dass es keine

100-prozentige Sicherheit gibt, trotz Impfung nicht auf einer Intensivst­ation zu landen, dann darf das auch nicht anders in der Schulmail stehen.“In einer weiteren E-Mail fordert die Remscheide­rin daher eindringli­ch, den Schülern zeitnah wahrheitsg­etreu mitzuteile­n, wie sich die Situation tatsächlic­h verhält. „Ansonsten sehe ich mich in der Pflicht, dies richtigste­llen zu lassen, um zu verhindern, dass der ein oder andere Schüler aufgrund Ihres Aufrufes eine unüberlegt­e, voreilige Entscheidu­ng trifft, die er später bereut.“

Gegenüber unserer Redaktion kündigte Neuhaus an, dass er eine „Gegendarst­ellung“nicht in Betracht ziehe. „Ich nehme mir das Recht heraus, von sicherem Schutz bei geimpften Jugendlich­en zu reden, auch wenn es weltweit vereinzelt­e Gegenbeisp­iele geben sollte.“

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FOTO: DPA (SYMBOL) Die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) hat eine Impfempfeh­lung für 12bis 17-Jährige ausgesproc­hen. Und tatsächlic­h lag bereits Ende August die Impfquote dieser Altersgrup­pe in Remscheid bei über 30 Prozent.

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