Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Taschendiebe lieben Weihnachtsmärkte
Mit unterschiedlichen Aktionen versucht die Polizei in der Adventszeit, die Menschen vor Straftaten zu warnen.
KÖLN „Schönen guten Tag, dürfen wir Sie mal was fragen?“– wenn ein Polizist eine Frage wie diese stellt, hat man meistens gegen irgendeine Regel verstoßen. Fiona Asllani und ihr Kollege Pascal Stefanides von der Bundespolizei wollen am Donnerstagnachmittag im Kölner Hauptbahnhof die Reisenden aber nur auf ein großes Problem aufmerksam machen: Taschendiebstahl. Und so sagen sie etwa einer älteren Frau, die eine große Tasche offen umhängen hat, dass sie diese besser schließen solle.
„Das geht ruckzuck, dann ist das Portemonnaie weg“, sagt Asllani. Die Frau bedankt sich und packt ihr Geld in eine andere, verschließbare Tasche.
Jetzt, wo die Menschen in Scharen auf die Weihnachtsmärkte strömen, finden Diebe die besten Bedingungen vor. „Der Weihnachtsmarkt ist das perfekte Betätigungsfeld für Taschendiebe – viele Menschen, dichtes Gedränge, Ablenkung durch Musik, Essen und Alkohol“, sagt Kathrin Stoff, Sprecherin der Bundespolizei Köln. „Wenn man sich wohlfühlt, wird man unvorsichtig.“Sie rät, Geld, Karten und Papiere immer in verschlossenen Innentaschen der Kleidung aufzubewahren und Hand und Umhängetaschen im dichten Gedränge mit der Verschlussseite zum Körper zu tragen.
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Taschen und Gepäckdiebstähle in Köln verdoppelt. Allerdings waren in PandemieZeiten deutlich weniger Menschen unterwegs. „Der extreme Anstieg hat auch damit zu tun, dass wir jetzt wieder auf dem VorPandemieStand sind“, sagt Stoff. NRWweit wurden für 2021 insgesamt 27.577 Taschendiebstähle erfasst.
Die Aufklärungsquote ist gering: Sie lag bei 4,8 Prozent. „Häufig wird erst bemerkt, dass etwas fehlt, wenn der Täter längst verschwunden ist“, sagt Stoff. In den deutschen Großstädten gehört der Taschendiebstahl – neben Autoaufbruch, Fahrraddiebstahl und Sachbeschädigung an Fahrzeugen – nach wie vor zu den häufigsten Delikten. Taschendiebe sind nach Angaben der Polizei oft höchst professionell agierende Täterinnen und Täter, die grenzüberschreitend in ganz Europa aktiv sind.
Die Täter nutzen nicht nur die Vorweihnachtszeit, sondern in Geschäften auch die Stunde vor Ladenschluss, wenn besonders viel los ist. Auch in Stadtbahnen und Bussen sind sie vor allem dann aktiv, wenn die Menschen zur Arbeit fahren oder von der Arbeit kommen. „Der Einund Ausstieg ist eine gute Gelegenheit mit dichtem Gedränge“, sagt Stoff. „Was wir gerade häufig haben, ist der Austausch von Gepäckstücken.“Der Täter stellt also eine Tasche neben der des Opfers ab. Viele bemerken zu spät, dass er statt seiner eigenen dann die andere Tasche mitgenommen hat.
Meist arbeiten Trick und Taschendiebe in Teams und gehen arbeitsteilig vor: Während der eine Täter eine Person ablenkt, begeht der
Komplize den Diebstahl. In Köln sind am Donnerstag insgesamt 32 Polizisten am Hauptbahnhof und am Bahnhof Deutz unterwegs, um die Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Solche Schwerpunktaktionen gibt es auch in anderen NRWStädten. „Die Leute reagieren erst einmal verblüfft, wenn wir sie ansprechen, weil sie denken, sie sind in eine Kontrolle geraten“, sagt Stoff. „Aber das Feedback ist dann eigentlich immer positiv.“
Im RheinSiegKreis warnt die Polizei an den WeihnachtsmarktZugängen mit aufgesprühten Hinweisen auf dem Asphalt vor Dieben. Auf dem Bonner Weihnachtsmarkt soll eine mobile Wache für Abschreckung und Sicherheit sorgen. In allen Städten sind auch zivile Fahnder auf den Märkten unterwegs, die versuchen, die Täter auf frischer Tat zu erwischen.
„Wenn man sich wohlfühlt, wird man unvorsichtig“
Kathrin Stoff Sprecherin der Bundespolizei Köln