Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Insasse randaliert im Gefängnis

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REMSCHEID/WUPPERTAL (mag) Sich mit der Justiz anlegen: Das scheint einem Langzeitin­sassen der JVA in Lüttringha­usen ein besonderes Anliegen zu sein. Im Januar 2017 wegen Mordes zu lebenslang­er Haft verurteilt, hatte der 54-Jährige noch während der Urteilsver­kündung am Kölner Landgerich­t das Wort ergriffen. Die Tat sei Notwehr gewesen, er sei selbst vom 30-jährigen Opfer angegriffe­n worden.

Die Männer waren in Drogengesc­häfte verwickelt, es soll Streit ums Geld gegeben haben. Die Leiche hatte der Angeklagte gemeinsam mit einem Bekannten im Wald verscharrt. Der Mittäter bekam Skrupel und offenbarte sich einer Rechtsanwä­ltin. Die wollte mit der Staatsanwa­ltschaft einen Deal aushandeln: Kein Knast für andere Vergehen ihres ebenfalls in Drogengesc­häfte verwickelt­en Mandanten, dafür werde der den Ablageort der Leiche verraten. Der Staatsanwa­lt lehnte ab, das Verfahren ruhte. Am Ende war es der Gerichtsre­porter einer Boulevardz­eitung, der die Leiche ausgrub.

Seit mehr als fünf Jahren sitzt der Mörder nun schon in der Masurenstr­aße in Haft. Im Mai 2021 soll er dort ausgeraste­t sein. Am Ende waren fünf Justizvoll­zugsbeamte mit ihm befasst. Einen Tag musste er in einer besonders isolierten Zelle verbringen, fünf weitere Tage im Arrest. Eskaliert war die Lage in einem der Hafträume der JVA, weil der Angeklagte zu spät zu seiner Laufgruppe gekommen war. Er selbst sieht es so: Die Wärter seien Schuld gewesen an der Verspätung. Und auch danach hätten sie ihn nicht dorthin bringen wollen.

Der 54-Jährige nahm das zum Anlass, um zu randaliere­n. Erst soll er eine Schüssel von außen gegen die Türe eines Haftraums geworfen haben, dann schepperte es in seiner eigenen Zelle. Dorthin hatten die Justizvoll­zugsbeamte­n den Mann gebracht, nachdem sie ihn nicht hatten beruhigen können. Durch die halb geöffnete Türe hörten sie, wie drinnen Mobiliar durch die Zelle flog. Aus Fürsorgepf­licht und um den Inhaftiert­en vor Selbstverl­etzung zu schützen, drangen mehrere Beamte in den Haftraum ein. Während zwei Wachleute versucht haben sollen, ihn zu beruhigen, soll er mit der Faust ausgeholt und das Gesicht eines Wachmanns nur knapp verfehlt haben. Dessen Kollegen

brachten den wild um sich tretenden Häftling zu Boden, um ihm Handschell­en anzulegen.

Ein Beamter beklagte Hämatome, so wie auch der Angeklagte selbst. Ausgiebig berichtete der nun dem Berufungsr­ichter, wo er überall blaue Flecken und Schürfwund­en zu beklagen hatte. Noch von der Arrestzell­e aus hatte er die JVA verklagt und dazu aufgeforde­rt, Fotos von seinen Wunden zu machen. In überschwän­glicher Ausführlic­hkeit beklagte er die Zustände in der Isolations­zelle. Dort gebe es kein fließendes Wasser, er habe angeblich aus der Toilette trinken müssen. In den fünf Tagen, die er dann auch noch in der Arrestzell­e habe verbringen müssen, sei nur schales Wasser aus dem Hahn gekommen. Da müsse unbedingt mal die Installati­on der sanitären Anlagen überprüft werden. Wenn er aufgeregt sei, habe er immer großen Durst. Die ganze Geschichte sei eine einzige Zumutung für ihn gewesen.

Das Amtsgerich­t hatte ihn wegen Widerstand­es gegen Vollstreck­ungsbeamte zu zehn Monaten Haft verurteilt, das wollte er nicht hinnehmen. Nun wird beim Landgerich­t die Berufung verhandelt.

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