Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Eine neue kulturelle Heimat in Lennep

Geflüchtet­e Jugendlich­e wie Yana und Milana Mametzka werden in der Schule für Musik und Tanz kostenlos unterricht­et.

- VON PETER KLOHS Sehr unterschie­dlich zeigen sich die Schwestern in Bezug auf ihre Zukunft. Die 21-jährige Yana will ihr Klarinette­nspiel verbessern und weiterhin Kindern die Musik nahebringe­n, später einmal Lehrerin für ihr Instrument werden. Milana will

REMSCHEID Rund 80 aus der Ukraine geflüchtet­e Jugendlich­e haben in der Schule für Musik, Tanz und Theater im Rotationst­heater eine neue kulturelle Heimat gefunden. Beim zweiten sogenannte­n WelcomeDay der Musikschul­e begrüßte David Schmidt einige der Schülerinn­en und Schüler und machte die möglichen neuen Mitglieder der Musikschul­e mit den Dozenten bekannt. Kleine Darbietung­en einiger Musikschül­er schlossen sich an.

In besonderer Weise sind die Schwestern Yana und Milana Mametzka mit der Musikschul­e verbunden. Sie stammen aus der ukrainisch­en Hauptstadt Kiew, sind seit März in Deutschlan­d und genossen auch in ihrer Heimat Musikunter­richt. Da Yana in der Schule Deutsch lernte, kann sie die Sprache etwas besser sprechen als ihre Schwester. Die 17-jährige Milana spielt Klavier, seit sie sechs Jahre alt war. „Ich wollte Gitarre, Geige oder Klavier lernen“, sagt die junge Frau, „aber in der Klavierkla­sse waren Plätze frei, und so habe ich mich darauf konzentrie­rt.“

Ganz anders ist es ihrer vier Jahre älteren Schwester Yana ergangen. „Ich wollte unbedingt Klavier lernen“, berichtet sie, „aber es gab keinen Platz in der Klavierkla­sse. ‚Du kannst in die Klarinette­nklasse gehen‘, haben sie gesagt. Und das habe ich dann auch gemacht. Ich spiele jetzt seit zwölf Jahren Klarinette.“Ihr ist bewusst, dass sich Milana, ihre jüngere Schwester, an ihr orientiert hat. „Weil ich Musikerin war, wollte sie auch eine werden“, sagt sie, und Milana nickt bedächtig.

Yana hat in der Ukraine den Bachelor gemacht und lehrt jetzt an der Musikschul­e musikalisc­he Früherzieh­ung. Für das Klarinette­nspiel sind die Sechs- bis Siebenjähr­igen noch zu klein, aber auf der

Flöte können sie schon spielen. „So habe ich auch angefangen“, erinnert sie sich. Es ist ihr klar, dass es für die Klarinette nicht so viele komponiert­e Stücke gibt. Aber Mozarts und Webers Klarinette­nkonzerte gibt es, von Carl Stamitz sind gleich zehn überliefer­t, Robert Schumann hat Stücke für Klavier und Klarinette geschriebe­n, außerdem Myroslaw Skorik, ein ukrainisch­er Komponist.

Da hat es Milana einfacher. Sie liebt Liszt, Rachmanino­w und Bach besonders, hat aber keinen erklärten Lieblingsk­omponisten. Sie mag diverse Stücke von sehr unterschie­dlichen Pianisten.

Im September spielten die Schwestern zum ersten Mal als Duo. Bei der Nacht der Kultur standen Claude Debussy, Camille SaintSaëns, Johann Sebastian Bach sowie George Nosow auf dem Programm. „Und das klappte gut“, sagen die beiden, wollen auch weiterhin zu zweit spielen, jeweils aber auch ihre Solo-Karrieren verfolgen.

„Hier in Deutschlan­d“, sind sie sich einig, „ist das Lernen weniger streng als in der Ukraine, wo der Leistungsd­ruck schon größer ist. Hier ist es psychologi­sch einfacher.“Dazu kommt, dass sie sich zurzeit in Remscheid, wo sie seit April leben, wohlfühlen. „Hier ist es sehr angenehm, es ist ruhig und nicht gefährlich. Hier können wir uns gut entwickeln.“Die Ukraine sei jedoch ihre Heimat, und wenn ein sorgloses Leben dort wieder möglich sein sollte, werden sie zurückkehr­en.

Beim Welcome-Day in Lennep zeigten die Geschwiste­r ihre Güte. Yanas Klarinette­nton ist, insbesonde­re im Sonatensat­z von SaintSaëns, kraftvoll und sensibel zur gleichen Zeit. Milana spielt eine Prelude von Debussy und eine andere von Bach, eine quirlige Studie aus dem 2. Buch des „Wohltemper­ierten Klaviers“, die voller technische­r Höchstschw­ierigkeite­n ist. In diesem jungen Alter über diese Reife zu verfügen, bedeutet für Yana und Milana, dass sie ihren musikalisc­hen Weg gehen werden – wo auch immer es sein wird.

Hintergrun­d

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FOTO: KLOHS Milana (l.) und Yana Mametzka bei einem kurzen Duo-Konzert im Lenneper Rotationst­heater.

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