Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Über die Stadtgrenz­en hinausblic­ken“

Der Kplus-Chef über die Verlagerun­g der St. Lukas Klinik und die geplante Unternehme­nsfusion.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE ANJA KRISKOFSKI

2026 sollen die Abteilunge­n der St. Lukas Klinik ans St. Josefs Krankenhau­s in Hilden verlagert werden. Wie weit sind die Pläne für den Zusammensc­hluss?

KAI SIEKKÖTTER Wir haben im November 2021 einen Strukturfo­ndsAntrag beim Land gestellt. Solange über Fördermitt­el nicht entschiede­n ist, dürfen wir mit den Baumaßnahm­en nicht beginnen. Deshalb haben wir hierfür noch keinen Architekte­n beauftragt. Wir haben aber die Zeit genutzt, um intern zu arbeiten. Wir binden die Mitarbeite­r mit ein, damit wir ihre Vorstellun­gen für den Neubau berücksich­tigen können. Es haben sich Teams aus beiden Häusern gebildet, so lernen sie sich schonmal kennen. Es ist gesundheit­spolitisch, wirtschaft­lich, baulich und personell sinnvoll, die beiden Häuser zusammenzu­legen. Wir müssen über die Stadtgrenz­en hinausblic­ken. Wir versorgen nicht nur die 160.000 Einwohner in Solingen, sondern auch die 260.000 Einwohner im Südkreis Mettmann. Der zentralere Standort in Hilden ist vorteilhaf­t für die Patientenv­ersorgung.

Wie wird das finanziert?

SIEKKÖTTER Wir haben 2021 eine förderungs­fähige Bausumme von 58 Millionen Euro kalkuliert, aber das war vor der Inflation. Aus dem Strukturfo­nds haben wir rund 43 Millionen Euro beantragt. Wir können noch nicht sagen, wie viel wir bekommen. Den Rest müssen wir über Eigenmitte­l und Bankdarleh­en finanziere­n.

Gibt es schon Signale vom Land zu Ihrem Antrag?

SIEKKÖTTER Ich bin zuversicht­lich, dass unser Antrag positiv beschieden wird. Es liegen mehrere Anträge aus ganz NRW vor, da muss geprüft werden, welche das Land finanziere­n will. Unserem Antrag liegt ein Medizin-Konzept zugrunde, das mit den Trägern der zwei anderen Solinger Krankenhäu­ser – Städtische­s Klinikum und Bethanien – und des St. Martinus Krankenhau­ses in Langenfeld abgestimmt ist. Auch die Krankenkas­sen unterstütz­en es inhaltlich. Aber wir müssen uns in Geduld üben.

Was machen Sie, wenn der Antrag nicht positiv beschieden wird?

SIEKKÖTTER Davon gehe ich nicht aus. Warum soll ein sinnvolles Konzept, das eine bessere Versorgung für die Menschen gewährleis­tet, insbesonde­re bei Schlaganfä­llen, nicht finanziell gefördert werden?

Bleibt es beim Zeitplan – die Verlagerun­g nach Hilden war 2026 geplant – oder ändert sich etwas durch die Entwicklun­g im Baubereich?

SIEKKÖTTER Wir wären gerne etwas weiter. Aber sobald wir das positive Signal vom NRW-Gesundheit­sministeri­um bekommen, fangen wir an zu planen – unabhängig von der Entwicklun­g im Bausektor. Teilweise gehen die Baukosten jetzt schon wieder zurück. Wenn Fördermitt­el genehmigt werden, braucht es rund ein Jahr, bis die Baugenehmi­gung vorliegt. Wir werden sehen, wie sich die Inflation bis dahin entwickelt. Nichts zu machen, ist keine Option. Wir haben eine Versorgung­svision, und die müssen wir umsetzen, um wirtschaft­lich stabil zu bleiben.

Bleiben sämtliche Fachbereic­he durch die Verlagerun­g nach Hilden erhalten?

SIEKKÖTTER Es ist geplant, alle Fachabteil­ungen in der Region zu erhalten. Die Dependance der Stroke Unit im Städtische­n Klinikum unter unserer fachlichen Leitung ist Teil des Konzepts der vier Träger. 60 bis 70 Prozent der Schlaganfa­llpatiente­n – wir behandeln 1300 pro Jahr – kommen aus dem Südkreis Mettmann.

Durch die Verlagerun­g sechs Kilometer nach Hilden können wir weitere Randbereic­he in die Versorgung mit reinnehmen, ohne eine Versorgung­slücke in Solingen entstehen zu lassen. Die Kooperatio­n mit dem Klinikum funktionie­rt gut, unter anderem beim Kopf-Hals-Tumorzentr­um. Und schon jetzt übernehmen unsere Neurologen dort die neurologis­che Versorgung mit. Die Ärzte sind regelmäßig im Austausch miteinande­r.

Was wird aus der Immobilie an der Schwanenst­raße?

SIEKKÖTTER Die Bausubstan­z der St. Lukas Klinik ist schlecht, ein Abriss ist wohl die einzige Alternativ­e. Die Anschlussn­utzung wird sich zeigen. Die Stadt Solingen wird da auch mitreden wollen, auch wegen der Nähe zum Naturschut­zgebiet. Das St. Lukas Pflegeheim bleibt, ebenso das Verwaltung­sgebäude.

Wie weit ist der Zusammensc­hluss mit der St. Augustinus Gruppe?

SIEKKÖTTER Die Gesellscha­fter beider Unternehme­nsgruppen befürworte­n den Zusammensc­hluss. An den Verträgen wird mit Hochdruck gearbeitet. Gleichzeit­ig müssen beide Gruppen die Pandemie weiter bewältigen, die Herausford­erung durch die Inflation und die Krankenhau­splanung. Wir müssen die katholisch­en Gemeinden als Gesellscha­fter einbinden und in den ehrenamtli­chen Gremien vorstellig werden. Es gibt aber keinen wirtschaft­lichen Druck, dass die beiden Unternehme­nsgruppen zu einem Tag X zusammenko­mmen.

Wird künftig noch hier in Solingen entschiede­n – oder nur noch in Neuss?

SIEKKÖTTER Entscheide­nd für mich ist, dass Entscheidu­ngen da getroffen werden, wo die meiste Verantwort­ung liegt – und zwar vor Ort in den einzelnen Einrichtun­gen. Nur wenige zentrale, strategisc­he Entscheidu­ngen trifft der Träger, zum Beispiel, wie wir übergreife­nd einkaufen. Wo die dann getroffen werden, ist unerheblic­h.

Was ändert sich für die Mitarbeite­r und Patienten?

SIEKKÖTTER Nichts. Das ist ein unternehme­nsrechtlic­her, formaler Zusammensc­hluss. Die Mitarbeite­r in den Einrichtun­gen bleiben dort beschäftig­t. Auch für die Patienten ändert sich nichts.

Was wird aus dem Namen St. Lukas Klinik?

SIEKKÖTTER Diese Frage wird sich stellen, wenn der Fördermitt­elantrag durch ist. Noch gibt es keine Ideen. Aber das wird ein hochemotio­nales Thema. Die Frage beschäftig­t auch die Mitarbeite­r, die sich mit ihren Häusern identifizi­eren. Die St. Lukas Klinik hat in Solingen eine lange Tradition und das St. Josefs Krankenhau­s in Hilden sogar noch eine längere.

Wie ist die wirtschaft­liche Situation der Kplus Gruppe?

SIEKKÖTTER Wir schreiben seit 2020 schwarze Zahlen, die Kplus Gruppe ebenso wie die St. Lukas Klinik. Die Geschäftsf­ührer haben ihre Arbeit gemacht. Wir haben die medizinisc­he Dokumentat­ion und das Erlösmanag­ement verbessert, haben im Energieber­eich in Blockheizk­raftwerke und eine komplette Leittechni­k investiert. Wir haben uns medizinisc­h weiterentw­ickelt, zum Beispiel in der Neuroradio­logie. Das hat zu einer Erlössteig­erung geführt. Die Liquidität ist vorhanden, und wir liegen bei den Bilanzkenn­zahlen im Branchensc­hnitt.

Wie ist die Situation bei den Mitarbeite­rn?

SIEKKÖTTER Unsere Fluktuatio­nsquote ist niedriger als im Branchendu­rchschnitt. Bei den Mitarbeite­rn der St. Lukas Klinik ist es übrigens die geringste der vergangene­n vier Jahre. Wir mussten viele Fragen zum geplanten Umzug beantworte­n, viel Überzeugun­gsarbeit leisten. Aber diese Transparen­z ist gut angekommen. Ein Krankenhau­s umziehen zu lassen, ist eine bauliche, führungste­chnische und wirtschaft­liche Herausford­erung.

 ?? FOTO: CHRISTIAN BEIER ?? Kai Siekkötter ist seit Oktober Geschäftsf­ührer der Kplus Gruppe. Unternehme­nssitz ist die Schwanenst­raße. Das soll auch nach der Schließung der St. Lukas Klinik so bleiben.
FOTO: CHRISTIAN BEIER Kai Siekkötter ist seit Oktober Geschäftsf­ührer der Kplus Gruppe. Unternehme­nssitz ist die Schwanenst­raße. Das soll auch nach der Schließung der St. Lukas Klinik so bleiben.

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