Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Der Rechtsstaat in Lützerath
Da reden manche vom letzten Gefecht, vom Showdown, von der Entscheidungsschlacht: Schon die Begriffe sind falsch und verräterisch. Sie machen die Auseinandersetzung um Lützerath zu einem Kriegsszenario, als ginge es um Leben und Tod. Dabei ist der Kampf um die letzten Häuser des längst verlassenen Dorfes im Rheinischen Braunkohlerevier nichts anderes als Symbolpolitik. Von Lützerath ist nichts mehr übrig, das rettenswert wäre. So stehen in der ersten Reihe des Protests nicht etwa die früheren Bewohner, die ihre Heimat verloren haben. Wortführer sind vielmehr professionelle Kohlegegner.
Die Öko-Ideologen, deutschlandweit zum Widerstand mobilisiert, wollen mit ihren Camps am Tagebaurand torpedieren, was Bundestag und Landtag gebilligt haben: den Weiterbetrieb der Kohlekraftwerke. Ohne die Lützerath-Kohle geht das nicht. Doch ohne Strom aus Kohle droht der Blackout. Deshalb haben die Grünen, in Düsseldorf wie in Berlin in Regierungsverantwortung, den Kohlekompromiss auf den Weg gebracht. Das hat die Fronten verändert – Mona Neubaur wie Robert Habeck, einst Mitstreiter der Klimabewegung, stehen jetzt aus Sicht der Aktivisten auf der anderen Seite der Barrikaden.
Die neue Apo, eine teils militante Ausprägung der außerparlamentarischen Opposition, schreckt vor Rechtsbruch nicht zurück; sie hat schon am Hambacher Forst gezeigt, dass sie Gewalt nicht konsequent ablehnt. Und dennoch muss die Demokratie diese Form der Debatte aushalten. Wer jetzt zu Recht von der Polizei fordert, die Auseinandersetzung nicht eskalieren zu lassen, sollte einen solchen Appell vor allem an die Aktivisten richten. Die werden akzeptieren müssen, dass alle Freiheiten ihre Grenzen in Recht und Gesetz finden. Dass Lützerath abgebaggert wird, ist insoweit nicht verhandelbar.