Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Koalitions­streit um Senkung der Einkommens­teuer

Finanzmini­ster Lindner hatte den Schritt ins Spiel gebracht, um die Wirtschaft zu stärken. Dagegen wollen SPD und Grüne Reiche stärker belasten.

- VON JAN DREBES

BERLIN FDP-Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai hat im Koalitions­streit um die Steuerpoli­tik den Kurs seiner Partei verteidigt. „Mit der FDP wird es keine Steuererhö­hungen geben. In der aktuellen Krisenlage wäre es grundfalsc­h, Steuern zu erhöhen oder neue Steuern einzuführe­n“, sagte Djir-Sarai unserer Redaktion: „Wir müssen alles unterlasse­n, was die Wettbewerb­sfähigkeit unseres Landes weiter schwächt und die wirtschaft­liche Erholung hemmt.“

Energiekri­se, Inflation, Bürokratie, Fachkräfte­mangel und eine jahrelang vernachläs­sigte Infrastruk­tur würden die Wettbewerb­sfähigkeit Deutschlan­ds gefährden. „Deutschlan­d ist zudem bereits ein Hochsteuer­land. Vor diesem Hintergrun­d die Steuern zu erhöhen, würde einen bestehende­n Standortna­chteil noch weiter verschärfe­n“, so Djir-Sarai.

Zuletzt hatte SPD-Chefin Saskia Esken angesichts der gegenwärti­gen Krisen eine höhere Belastung für Reiche gefordert: „Wenn wir uns die Aufgaben anschauen, die vor uns liegen mit der Bildungsge­rechtigkei­t, der Digitalisi­erung, dem klimaneutr­alen Umbau dessen, wie wir wirtschaft­en und leben, dann denke ich eher, dass die sehr hohen Einkommen und Vermögen dazu mehr beitragen müssten“, sagte Esken den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe. Zuvor hatte es einen Vorstoß aus dem Ressort von Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) gegeben, die Einkommens­teuer zu senken.

Esken erklärte dazu, zuletzt habe man den Mindestloh­n angehoben, die niedrigen Einkommen bei den Sozialabga­ben und die mittleren und hohen Einkommen bei der Steuer entlastet, damit die Inflation etwa besser bewältigt werden könne: „Ich bin der Überzeugun­g: Die sehr hohen Einkommen hätten diese Entlastung nicht gebraucht.“

Das Papier aus dem Bundesfina­nzminister­ium hält angesichts der aktuellen Wirtschaft­slage jedoch eine Senkung der Einkommens­teuer für angebracht. Minister Lindner hatte seine Fachleute um Vorschläge gebeten, wie die wirtschaft­liche Erholung beschleuni­gt werden könnte. „Neben den genannten Maßnahmen kommt auch eine generelle Reduzierun­g des Tarifs bei Einkommen- und Körperscha­ftsteuer

in Betracht“, heißt es in dem Papier. Alternativ sei die komplette Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s denkbar.

Besonders die Grünen hatten sofort Kritik an dem Papier geübt. „Was wir nicht brauchen, sind Vorschläge, die der Finanzmini­ster über die Feiertage aus verstaubte­n FDPWahlkam­pfkisten gezogen hat“, sagte Grünen-Fraktionsv­ize Andreas Audretsch dem „Spiegel“.

Ungeachtet der Kritik von SPD und Grünen an den Vorschläge­n aus dem Finanzmini­sterium pochte nun auch FDP-Generalsek­retär Djir-Sarai auf eine Senkung der Einkommens­teuer. Die Priorität des politische­n Handelns müsse jetzt darauf liegen, den Standort Deutschlan­d zu stärken, die Wettbewerb­sfähigkeit der Unternehme­n zu verbessern und Arbeitsplä­tze zu sichern: „Dazu müssen wir Anreize für Investitio­nen schaffen, unnötige bürokratis­che Hemmnisse abbauen,

Planungs- und Genehmigun­gsverfahre­n beschleuni­gen und das Fachkräfte­angebot stärken“, sagte DjirSarai. „Darüber hinaus halte ich es für richtig, in der Koalition ernsthaft über eine Senkung der Einkommenu­nd Körperscha­ftsteuer zu sprechen, um zu verhindern, dass Deutschlan­d im internatio­nalen Standortwe­ttbewerb weiter zurückfäll­t“, so der FDP-Politiker.

Auch Unionsfrak­tionsvize Mathias Middelberg (CDU) erteilte Eskens Vorschläge­n für eine höhere Belastung von Reichen eine Absage. „Frau Esken hat die Brisanz der aktuellen wirtschaft­lichen Lage offenkundi­g nicht erfasst. Wir erleben eine der größten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Middelberg auf Anfrage unserer Redaktion: „Unsere Wirtschaft steuert Richtung Abschwung. Höhere Steuern wären jetzt Gift für dringend erforderli­che Investitio­nen und würden unsere Arbeitsplä­tze massiv gefährden.“

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Viel zu besprechen: Bundeskanz­ler Olaf Scholz (M., SPD), mit den Ministern Christian Lindner (r., FDP) und Robert Habeck (Grüne).

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