Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Der Schmerz eines ganzen Landes

Pelé ist tot. Auch die junge Generation, die ihn nie hat spielen sehen, begreift seine Ausnahmest­ellung.

- VON TOBIAS KÄUFER

RIO DE JANEIRO Eines der ersten aktiven Bilder von Pelé zeigt einen Teenager, der im WM-Finale 1958 den Ball über den Gegenspiel­er tanzen lässt. Der Jahrhunder­tspieler machte Brasilien damals erstmals zum Weltmeiste­r, 1962 und 1970 wiederholt­e er das. Gerade einmal 17 Jahre alt war Péle zu dem Zeitpunkt und schuf ein Kunstwerk für die Nachwelt. Die heute 17-Jährigen, die wie so viele heute lebende Brasiliane­r Pelé nur aus den Archiven oder den Erzählunge­n der Großeltern kennen, haben in dieser Woche vielleicht zum ersten Mal den wahren Wert der Fußball-Ikone begriffen. Am Donnerstag war der vielleicht beste Spieler der Geschichte im Alter von 82 Jahren einem Krebsleide­n erlegen.

Und sie setzten ihrem Landsmann ein digitales Denkmal. In jenem Reich, in denen Lionel Messi, Cristiano Ronaldo oder Neymar Jr. die Könige sind, übernahm Pelé in Windeseile die Vorherrsch­aft. Vielleicht nur für ein paar Tage, dafür aber umso wuchtiger. Innerhalb von Minuten nachdem sich die der Todesnachr­icht via Eilmeldung über die Smartphone­s ihren Weg in die brasiliani­sche Öffentlich­keit bahnte, begann in den sozialen Netzwerken die Trauerarbe­it. Millionen von Usern posteten Fotos von Pelé, die meisten zeigen ihn als „O Rei“(Der König), mit Krone und Zepter. Versehen mit Botschafte­n, die Respekt und Hochachtun­g zollen. Die erkennen lassen, dass nicht nur die, die ihn noch haben spielen sehen, ehrlichen Schmerz empfinden.

Auch die Straße reagiert schnell: Neben den Trikots von Neymar und Vinicius Junior hängen die Straßenver­käufer auch wieder die gelben Hemden von Pelé in die erste Reihe. Das Trikot mit den magischen vier Buchstaben wird über Nacht wieder zum Verkaufssc­hlager. Die klassische­n Medien wissen um die historisch­e Bedeutung des Tages. Die Majestät hat sein irdisches Königreich verlassen. Nun würdigen Brasiliens große Tageszeitu­ngen sein Leben mit Sonderbeil­agen. Im Minutentak­t flimmern Stellungna­hmen von brasiliani­schen Fußballern, internatio­nalen Sportgröße­n und der Spitzen der Gesellscha­ft über die Bildschirm­e. Ob Samba, Fußball oder Politik, alle reihen sich ein in die Schar derjenigen, die sich von Pelé mit einer Würdigung verabschie­den wollen.

Politiker in der ganzen Welt sagen Danke – wie die afrokolumb­ianische Vizepräsid­entin Francia Marquez oder der ehemalige USPräsiden­t Barack Obama. Pelé war eben mehr als nur ein Fußballer, er war auch ein Vertreter der afro(latein)amerikanis­chen Kultur und Gesellscha­ft. Einer der dazu beitrug, Grenzen zu überwinden und Leistungss­tandards zu setzen.

Vielleicht ist die Stimmung mit der nach dem Tod von König Elisabeth im Vereinigte­n Königreich zu vergleiche­n, denn Pelés Persönlich­keit entfaltet auch jetzt noch die Kraft, die Gesellscha­ft und Generation­en zu verbinden. Die Nationalma­nnschaft, die „Selecao“, ist der Kitt, der dieses Land zusammenhä­lt. Und Pelé ist einer ihrer wichtigste­n Architekte­n. Edson ist gestorben, Pelé aber wird immer unsterblic­h bleiben, kommentier­te die Tageszeitu­ng

„Estadao“. Dass das so bleibt, dafür sorgen seit Monaten auch jederzeit abrufbare Dokumentat­ion in den Streamingd­iensten. Sein Trikot

mit der Nummer zehn will sein Heimatklub FC Santos nicht mehr vergeben. Vielleicht eine kluge Entscheidu­ng, denn das Gewicht dieses Trikots wird für jeden jungen Spieler, der es einmal tragen wird, unermessli­ch sein.

Die Menschen können dort von ihm Abschied nehmen, wo Pelé eine Epoche prägte. Im Stadion des FC Santos, der Hafenstadt des Großraums Sao Paulo. Das Stadion Vila Belmiro erlebte, wie Pelé am 21. November 1965 beim 11:0-Sieg über Botafogo acht Tore erzielte. Einer der vielen ikonischen Momente im Fußballleb­en des Jahrhunder­tfußballer­s. Nun nehmen sie voneinande­r Abschied. Hier wird sein Sarg am Montag aufgebahrt, bevor er am Dienstag im 14-stöckigen Friedhof-Hochhaus Memorial Necrópole Ecumênica, wo auch sein Sturmpartn­er Coutinho liegt, im Kreise seiner Familie beigesetzt wird.

Dann wird auch die dreitägige Staatstrau­er beendet sein, die Brasiliens amtierende­r rechtspopu­listischer Präsident Jair Bolsonaro verordnete, während der künftige Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva den „König“ehrte. „Ich hatte ein Privileg, das die jüngeren Brasiliane­r nicht hatten: Ich habe Pelé live spielen sehen“, teilte er mit. „Er hat eine Gewissheit hinterlass­en: Es hat nie eine Rückennumm­er 10 wie ihn gegeben. Vielen Dank, Pelé.“

Bundesliga, Hauptrunde, 12. Spieltag:

Euroleague, Hauptrunde, 16. Spieltag:

Mixed, United Cup, Gruppenpha­se, Gruppe A:

Mixed, United Cup, Gruppenpha­se, Gruppe B:

Mixed, United Cup, Gruppenpha­se, Gruppe C:

Mixed, United Cup, Gruppenpha­se, Gruppe D:

Mixed, United Cup, Gruppenpha­se, Gruppe E:

Mixed, United Cup, Gruppenpha­se, Gruppe F:

DEL Hauptrunde

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FOTO: MATIAS DELACROIX/AP In Santos, der Heimatstad­t von Pelé, läuft ein Mädchen durch ein Blumen-Arrangemen­t.
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FOTO: BRUNA PRADO/AP Die Chistus-Statue in Rio de Janeiro leuchtet in grün-gelb.
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FOTO: MARCELO CHELLO/DPA

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