Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Rückkehr zum Rauchen
Die Zahl der Raucher hat wieder zugenommen – darunter sind auch viele Jugendliche. Stress durch Krisen könnte eine Ursache sein.
Die Kippe ist wieder gefragter bei jungen Leuten. Das zumindest legen die Ergebnisse einer Befragung nahe, die regelmäßig das Rauchverhalten der Deutschen untersucht. Demnach stieg der Raucheranteil bei den 14- bis 17-Jährigen von 8,7 Prozent im Vorjahr auf 15 Prozent in diesem Jahr. In den sechs Jahren zuvor hatte die Quote im Schnitt bei gut zehn Prozent gelegen. Für die Debra-Studie wird alle zwei Monate eine neue repräsentative Stichprobe von 2000 Menschen persönlich zu ihrem Tabakkonsum befragt. 2022 waren das im gesamten Jahr mehr als 12.000 Befragte, darunter 434 Jugendliche. Das sind pro Befragungswelle etwas mehr als 70 Jugendliche, was in den digialen Netzwerken zu Kritik an der Studie geführt hat. Statistische Abweichungen seien in dieser Altersgruppe möglich, sagt Debra-Leiter Daniel Kotz auf Anfrage. Er leitet an der Uni-Klinik Düsseldorf den Sucht-Forschungsschwerpunkt am Centre for Health and Society. Doch selbst wenn man diese Abweichungen in die Ergebnisse einrechne, zeige sich eine deutliche Zunahme beim Rauchen. Da die Befragung seit Jahren die gleiche Methodik verwende, könne man auch Veränderungen im Jahresvergleich gut abbilden. Die Tendenz sei also klar. Auch bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren stieg der Anteil der Raucher von 36,1 auf 40,8 Prozent.
Zu den Ursachen gibt es bisher nur Vermutungen. So könnten die aktuellen Krisen und negative Erfahrungen aus der Corona-Zeit zu Stress führen, der wieder mehr Menschen zur Zigarette greifen lasse.
Tatsächlich haben Jugendliche auch in Trendstudien 2022 angegeben, mit ihrer psychischen Gesundheit unzufrieden zu sein. Während der Pandemie hatten sie vermehrt mit depressiven Stimmungen zu kämpfen und machen sich wegen der Umwelt und der Wirtschaftslage Sorgen um ihre Zukunft. Weil laut der Debra-Befragung auch wieder mehr Erwachsene rauchen, gebe es auch mehr Raucher-„Vorbilder“für Heranwachsende, sagen die Forscher.
Allerdings orientieren sich Jugendliche bekanntlich stark an ihrer Peergroup. Wenn es also unter Jugendlichen wieder angesagter ist, sich Zigaretten zu besorgen oder Ersatzprodukte wie E-Zigaretten zu qualmen, dürfte das mit dem Lebensgefühl dieser Gruppen zu tun haben. Und mit dem Einfluss, der über Werbung gezielt auf sie ausgeübt wird.
Nach dem Verbot von Plakatwerbung für Zigaretten, ist ab Jahreswechsel auch Werbung etwa an Bushaltestellen für Tabakerhitzer verboten – für E-Zigaretten erst ab nächstem Jahr. Allerdings schauen gerade Jugendliche beim Warten eher auf ihr Handy. Entscheidender dürfte also sein, was Influencer in den digitalen Netzwerken übers Rauchen erzählen. Und was sie vormachen.
In anderen Ländern bemüht man sich viel stärker darum, Rauchen unattraktiv zu machen. Werbung ist strikt untersagt. Packungen gibt es nur noch in hässlicher Einheitsfarbe. Radikal auf Verbot setzt Neuseeland: Ab Jahreswechsel darf Tabak gar nicht mehr an Menschen verkauft werden, die nach 2008 geboren wurden. Dänemark will einen ähnlichen Weg einschlagen.
Jugendliche haben 2022 angegeben, mit ihrer psychischen
Gesundheit unzufrieden zu sein