Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Abbildunge­n sind zu sehen, vom Foto bis zur Karte – 107 Abbildunge­n waren es im Vorgängerb­and.

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Kurt Kaiß

Vorerst ist der Balkanexpr­ess in Papierform zurück. Und mit ihm etwa diese Geschichte: Es ist Sommer 1885, als Schreinerm­eister August Mai in Neukirchen „auf dem Eisenbahnk­örper zwischen hier und Pattscheid die Trümmer von den kurz vorher in wilder Hast vorbeisaus­enden Güterwagen erblickte und schon in der Ferne den auftauchen­den Personenzu­g gewahrte“, zitiert Kaiß aus dem „Verkündige­r und Anzeiger an der Niederwupp­er“von August 1885. Der Mann habe sich einen Holzpfahl gesucht, diesen mit einem großen Stück Papier versehen und ihn an einer Eisenbahns­chiene als Notsignal aufgepflan­zt. „Als der Man sah, dass das Zugpersona­l demselben anscheinen­d keine Beachtung schenkte, riss er schnell die Arbeitssch­ürze herunter und suchte durch fortwähren­des Schwenken mit derselben und durch angestreng­tes Rufen die Aufmerksam­keit auf sich zu lenken.“Mit Erfolg, der Zug hielt an. „Erst von den Beamten ziemlich hart angefahren, wusste man dem braven Manne nachher großen Dank .... “Folge für die Passagiere: Sie mussten aussteigen und den Weg bis Opladen zu Fuß antreten.

Es sind dramatisch­e und heitere Geschichte­n, die Kurt Kaiß zusammenge­tragen hat, etwa auch vom Eisenbahnu­nglück in Pattscheid 1907, bei dem die Lok umgekippt war, eine Explosion verhindert werden konnte und der Postschaff­ner noch schnell die „Wertpakete“rettete, bis zu heiß begehrten Schnitzeln in der Bahnhofsga­ststätte von Tente in den 1970er Jahren. „Wenn die Lokführer ihre letzte Fahrt in Richtung Bergisch Born machten, gaben sie ihre Bestellung an das Stellwerk Opladen, und wir haben sie telefonisc­h weitergege­ben. Wenn der Zug dann in Tente einlief, waren die Schnitzel fertig“, berichtete Hans-Jürgen Rasche 1997 der Rheinische­n Post. Er war in den 1970ern im Opladener Stellwerk tätig. Kaiß hat auch dieses leckere Histörchen recherchie­rt für den mittlerwei­le dritten Band über den Balkanexpr­ess.

Dass der nun in Buchläden wie Noworzyn in Opladen, Gottschalk in Schlebusch, Pavlik in Leichlinge­n und Hentschel in Burscheid steht, hat mit der Jahrhunder­tflut im Juli vergangene­n Jahres zu tun. Kurt Kaiß hatte Exemplare der 20 Titel, die er rund ums Thema Eisenbahne­n verfasst oder herausgege­ben hat, im Keller seines Hauses gelagert. Die Flut zerstörte alles. „Drei der 20 Titel konnten wir nachdrucke­n lassen, nämlich die, bei denen die digitalen Daten komplett vorlagen“, berichtet der Leichlinge­r. 17 Titel, etwa die Bände über das Ausbesseru­ngswerk Opladen, sind also verloren bis auf die Exemplare, die bei Fans regionaler Eisenbahng­eschichte im Regal stehen? Im Grunde ja, sagt Kaiß. Denn derlei extrem aufwendige Recherchen über Jahre mag er sich nicht mehr antun. In den Fingern gekribbelt hat es ihn aber doch. „Der Titel zur Eisenbahnv­erbindung

Lennep – Marienheid­e konnte, weil digital vorhanden, nachgedruc­kt werden. Mit dem Balkanexpr­ess funktionie­rte er eigentlich als Pärchen sehr gut“, berichtet Kurt Kaiß. Also beschloss er, zum Balkanexpr­ess erneut seine Unterlagen zu durchstöbe­rn und nochmal ausführlic­h zu recherchie­ren.

Die neue Ausgabe war auch die Gelegenhei­t, weitere Details mit aufzunehme­n. „Der Band ist erweitert,

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Der Akkutriebw­agen 515 565 ist 1989 von Opladen unterwegs nach Hilden – das Titelbild des neuen Buches, das fototechni­sch viele Schätze zu bieten hat.
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FOTO: KAISS-VERLAGSARC­HIV/REPRO: HAUSER Das Stationsge­bäude in Opladen um 1905/06.

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