Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

„Das ist es, wofür ich auf Reisen gehe“

Stefan Schmitz ist seit gut vier Wochen mit dem Fahrrad in Spanien und Portugal unterwegs. Er wird insgesamt zwei Monate lang auf dem Jakobsweg bis hinunter zur Algarve unterwegs sein.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

REMSCHEID Der 21. November ist für den Remscheide­r Stefan Schmitz ein besonderer Tag gewesen. Denn da hat er sich auf den Weg gemacht, um mit seinem Fahrrad nicht nur 800 Kilometer auf dem Jakobsweg von Bilbao bis Santiago de Compostela zufahren – sondern dann auch noch weiter bis an die portugiesi­sche Südküste und wieder zurück nach Bilbao. „Insgesamt habe ich mir für diese Strecke zwei Monate Zeit gegeben“, sagt Stefan Schmitz. Jetzt ist ungefähr die Hälfte vorbei – außerdem verbrachte (und vebringt) der 53-jährige Bewegungsc­oach Weihnachte­n und Silvester „auf der Straße“. Grund genug, nachzuhöre­n, wie es Stefan Schmitz ergangen ist, ob er seine selbstgese­tzten Ziele erreicht hat und, nicht zuletzt, wie er die Feiertage auf der iberischen Halbinsel verbracht hat.

„Es hat ungefähr zwei Wochen gedauert, bis ich in meinen neuen Rhythmus gekommen

bin“

Stefan Schmitz

Pilgerer auf dem Fahrrad

Er sei zwar ein sportliche­r Mensch, alleine schon beruflich, sagt er im Telefonges­präch, das ihn irgendwo in Portugal, „auf halben Weg zwischen Porto und Lissabon“erreicht. „Dennoch hat es ein paar Tage, ungefähr zwei Wochen, gedauert, bis ich in meinen neuen Rhythmus gekommen bin“, sagt Schmitz nachdenkli­ch. Der neue Rhythmus seines Lebensabsc­hnitts sei an sich nicht besonders komplex. „Fahren, Pause, Fahren, Pause . . . – das so ungefähr drei- bis viermal am Tag, ehe es daran geht, eine Übernachtu­ngsmöglich­keit zu suchen. Entweder im Freien im Zelt oder in einer Herberge“, sagt er. Und doch, es sei ihm zumindest am Anfang seiner Reise durchaus schwergefa­llen, den Abstand vom Zuhause in Remscheid wahrzunehm­en. „Aber nach 14 Tagen ging das“, sagt Schmitz lachend.

Drei Wochen habe er für die etwa 800 Kilometer von Bilbao nach Santiago gebraucht. „Und auch wenn das

Wetter nicht immer schlecht war, war es doch vor allem kalt. Nordspanie­n im November und Dezember ist nicht wesentlich anders als in Deutschlan­d. Nachts war es teilweise nur minus zwei Grad warm“, sagt der Remscheide­r. Dementspre­chend sei er mehr als nur froh und dankbar über seine gute Ausrüstung gewesen. „Als ich dann nach etwa dreieinhal­b Wochen in Richtung Süden abgebogen und in Richtung Portugal gefahren bin, habe ich erstmals gemerkt, dass es wärmer wurde – mediterran­er eben“, sagt er. Seit anderthalb Wochen sei er nun auf dem portugiesi­schen Jakobsweg unterwegs. „Ich schaffe zwischen 60 und 70 Kilometer am Tag, genau wie ich es mir vorgestell­t habe. Und

Fahrrad und Ausrüstung haben bislang gehalten“, sagt Schmitz.

Das, was für ihn das Reisen ausmache, habe er auch schon mehrfach erleben dürfen. „Ich treffe viele Menschen unterwegs und komme mit ihnen ins Gespräch. Es ist für mich die Quintessen­z des Reisens – in Gesprächen mit den Menschen erfährt man so viele Dinge übereinand­er“, sagt Schmitz. Und bei aller Freude, die ihm über die weite Entfernung am Telefon durchaus anzumerken ist, wirkt er hierbei wieder ein wenig nachdenkli­ch. „Es ist doch so etwas ganz anderes, als wenn man sich nur kurz und flüchtig begegnet“, sagt er. Das Eintauchen in die Lebenswelt der Menschen in Spanien oder Portugal sei für ihn eine absolute Bereicheru­ng und Erweiterun­g seines Horizonts. „Das ist es, wofür ich auf Reisen gehe“, sagt der Remscheide­r, und dabei wirkt er richtig glücklich.

Er habe auch schon mehrere Menschen über die Gemeinscha­ft „Warm Showers“kennengele­rnt. „Das ist ein Online-Netzwerk von Fahrradtou­risten – und diejenigen, die sie unterstütz­en. Dort kann man sich anmelden und einen Gastgeber finden, oder selbst einer werden. Das Netzwerk gibt es seit über 20 Jahren, angefangen hat es mit einer Liste von Namen, die teilnehmen würden. Heute nutzen das Netzwerk über 185.000 Fahrradfah­rer auf der ganzen Welt. „Das ist

natürlich auch etwas ganz anderes, als in einer normalen Herberge oder einem Hotel unterzukom­men“, sagt Schmitz.

Bleibt noch die Frage nach den Feiertagen. Weihnachte­n hat er in Nazaré verbracht. Der Ort, der etwa 150 Kilometer von Lissabon entfernt ist, ist vor allem für die Surfer-Community eine Art Mekka. „Dort gibt es die höchsten Wellen, die an die 30 Meter hoch sind. Ein echtes El Dorado für Surfer“, sagt Schmitz. Silvester hingegen hält für den 53-Jährigen indes eine besondere Überraschu­ng bereit. „Mein Sohn und seine Freundin haben sich angekündig­t, sie werden nach Lissabon kommen“, sagt Schmitz. Eigentlich hätten die beiden ihn überrasche­n wollen. „Aber das war dann natürlich doch etwas zu unsicher, weil ich ja nur theoretisc­h sagen kann, wo ich wann genau bin“, sagt Schmitz. Daher habe sein Sohn ihm die Überraschu­ng verraten. „Das ist auf jeden Fall sehr schön und ich freue mich sehr darauf“, sagt der Remscheide­r. Wie überhaupt die ganze Reise sehr schön sei. „Es ist ein Traum, der sich für mich erfüllt“, betont Schmitz.

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FOTOS (3): STEFAN SCHMITZ Stefan Schmitz mit dem Fahrrad vor der Kathedrale in Santiago de Compostela. Der dortige Reliquiens­chrein des Apostels Jakobus ist das Ziel der Pilgerreis­en.
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Sichtbar glücklich: Der Remscheide­r an der wilden Atlantikkü­ste der iberischen Halbinsel.
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Auch teilweise durch den Morast ging es mit dem Fahrrad.

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