Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Kalenderblatt
31.12.1950
Theodor Heuss will andere Nationalhymne
Bundespräsident Theodor
Heuss hatte am 31. Dezember 1950 gerade seine traditionelle Ansprache zum Jahreswechsel beendet, da präsentierte er den Hörern im Rundfunk ein Lied, das er als neue Nationalhymne für Deutschland vorschlagen wollte. Die „Hymne an Deutschland“war gedichtet von Rudolf Alexander Schröder. Die Melodie stammte von dem Komponisten Hermann Reutter. Im Text war die Rede vom „Land des Glaubens“, „Land der Hoffnung“und „Land der Liebe“. Diese Motive waren der Bibel entnommen, wo im „Hohen Lied der Liebe“im 1. Korintherbrief von diesen christlichen Werten gesprochen wird. Das 1949 verabschiedete Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hatte die Frage nach der künftigen Nationalhymne offengelassen. Das Deutschlandlied von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben wurde kritisch gesehen. Der Text, vor allem die erste Strophe, erschien als unpassend. Doch die von Heuss vorgeschlagene Alternative konnte nur wenig Begeisterung entfachen. Einige Monate später zeigte eine Umfrage, dass die Mehrheit für das Deutschlandlied als Hymne war. Das Lied hatte noch einen weiteren einflussreichen Befürworter: Bundeskanzler Konrad Adenauer. Diesem schwebte aber nicht die auch von den Nationalsozialisten gesungene erste Strophe vor, sondern die dritte, in der von „Einigkeit und Recht und Freiheit“die Rede war – diese hatten die Nazis nicht gesungen. Am Ende setzte sich der Bundeskanzler durch. 1952 wurde die dritte Strophe des Deutschlandlieds zur offiziellen Nationalhymne. Noch dauerte es ein paar Jahre, bis sie überall anerkannt wurde.