Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Im Bewerbungspoker nicht verzocken
Beim Angebot gleich zusagen oder noch auf ein besseres warten? Wer auf Jobsuche ist, muss manchmal pokern. Mit welcher Strategie fahren Bewerber am besten? Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen geben Tipps.
Neues Jahr, neues Glück: Der Wunsch nach beruflicher Veränderung geht bei vielen mit guten Vorsätzen Hand in Hand. Dann aber kann es schnell kompliziert werden. Man bewirbt sich auf zwei, drei Stellen und während man noch auf die Zusage des Traumarbeitgebers wartet, hat man schon eine andere. Kann man den Arbeitgeber hinhalten? Und wenn ja, wie? Fünf Punkte, die weiterhelfen.
1. Nicht zu lange pokern
Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, hält die Strategie, vor Annahme des Angebots um eine Woche Bedenkzeit zu bitten, für unbedenklich. Schließlich habe auch der Arbeitgeber ein Interesse daran, dass die Entscheidung für einen Job wohlüberlegt und mit gutem Gefühl getroffen wird. Karriere-Coach Bernd Slaghuis betont zudem: „Ein Arbeitgeber, der einem Bewerber bei so einer Entscheidung nicht ein paar Tage Zeit gibt, hat vermutlich auch keine gute Führungskultur.“
Zu lang sollte die Bedenkzeit aber nicht sein: „Wer zu lange pokert, kann am Ende wirklich ohne Angebot dastehen“, sagt Recruiting-Expertin Katharina Hain vom Personaldienstleister Hays. Ein Angebot anzunehmen und nach Vertragszusendung um Bedenkzeit zu bitten oder sich nach deren Ablauf nicht zurückzumelden, sind ebenfalls klare No-Gos. „In einem Arbeitsverhältnis geht es auch viel um Vertrauen“, sagt sie.
Rechtlich gesehen kann es nur dann problematisch werden,
RECHT & ARBEIT
(tmn) Homeoffice Die Homeoffice-Pauschale wird ab 2023 entfristet und erhöht. Darauf weist der Bund der Steuerzahler hin. Pro Tag können Steuerpflichtige dann sechs Euro in der Einkommensteuererklärung geltend machen, bis zu einem maximalen Betrag von 1260 Euro. Das entspricht 210 Homeoffice-Tagen. Für die Jahre 2020 bis 2022 können beziehungsweise konnten lediglich fünf Euro pro Tag an 120 Tagen pro Jahr in der Einkommensteuererklärung angeben werden – maximal also 600 Euro jährlich. Die Pauschale gilt unabhängig davon, ob ein Arbeitszimmer vorhanden ist oder nicht. Absetzen dürfen Arbeitnehmer sie auch, wenn sie einen Arbeitsplatz im Büro haben und trotzdem im Homeoffice arbeiten. An Homeoffice-Tagen dürfen sie allerdings nicht zusätzlich Entfernungspauschalen für den Arbeitsweg geltend machen. Eine Bescheinigung über die Tage im Homeoffice muss der Arbeitgeber nicht ausstellen. Wer mehreren Tätigkeiten nachgeht, kann trotzdem nur den Höchstbetrag von 1260 Euro ansetzen. Die Homeoffice-Pauschale kann nicht tätigkeitsbezogen vervielfältigt werden.
Kündigung Ist eine Kündigung nicht richtig unterschrieben, kann sie unwirksam sein. Ein wenn ein Vertrag bereits unterschrieben wurde, sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht: „Solange ich keinen Vertrag unterschrieben habe, hab ich das Angebot rechtlich gesehen nicht angenommen.“Und auch dann besteht in der Regel vor Arbeitsantritt noch eine Kündigungsfrist. Sollte diese nicht greifen, kann es sein, dass eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehalts droht. „Aber auch hier bleibt letztlich fraglich, ob die im Einzelfall wirklich wirksam ist“, sagt der Jurist.
2. Mit offenen Karten spielen Am besten spielen Bewerber von Anfang an mit offenen Karten. Wer möchte, dass in einem auf wenige Zeichen verkürztes Namenszeichen reicht dabei zum Beispiel als Unterschrift nicht aus, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm zeigt (Az. 17 Sa 1400/21). In dem Fall, auf den die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins verweist, ging es um die Wirksamkeit von zwei Kündigungsschreiben. In der Unterschriftenzeile stand ein handschriftliches Zeichen, das aus einer nahezu senkrecht verlaufenden Linie und einem kurzen, wellenförmigen Auslauf bestand. Der von der Kündigung betroffene Mitarbeiter sah das als Verstoß gegen die Schriftform von Kündigungsschreiben und klagte mit Erfolg. Das Schriftzeichen war nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts keine Unterschrift, sondern lediglich eine Paraphe – ein auf wenige Zeichen verkürztes Namenszeichen. Eine Unterschrift auf Kündigungsschreiben ist aber erforderlich, um Rechtssicherheit und eine Beweiserleichterung bei Rechtsstreitigkeiten zu gewährleisten. Aus der vorliegende Paraphe ließ sich nach Einschätzung des Gerichts kein Name deuten, zumal der Nachname der unterschreibenden Person aus zwölf Buchstaben bestand. Die Richter befanden, dass „die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung nicht ansatzweise erkennbar“sei.
Bewerbungsprozess fair mit einem umgegangen wird, sollte diese Wertschätzung auch dem potenziellen Arbeitgeber entgegenbringen, so die Ansicht von Uwe Kanning. Das kann etwa bedeuten, eine verbindliche und zeitnahe Frist anzugeben, bis zu der man sich zurückmeldet – und diese auch einzuhalten. Für Personalexpertin Hain zeugt das von Konsistenz und Verlässlichkeit – Kompetenzen, die im Berufsalltag gefragt sind.
Es kann ebenso legitim sein, offen anzugeben, dass man sich noch in anderen Gesprächen befindet und eine ausstehende Rückmeldung noch abwarten möchte. In den meisten Fällen sind sich Arbeitgeber bewusst darüber, dass Bewerber sich nicht nur bei einer Stelle bewerben. Christiane Karsch, Coachin für berufliche Neuorientierung, sagt: „Ich glaube, dass Firmen eher dankbar sind, wenn man offen ist. Das ist ja eine Form des Respekts und der Wertschätzung.“
3. Bewerbung auf Augenhöhe Letzlich geht es nicht nur darum, dass Firmen den passenden Arbeitnehmer finden. „Die Bewerbungsszene hat sich komplett verändert“, sagt Christiane Karsch. In Zeiten des Fachkräftemangels können sich Bewerber auch immer mehr in der Auswahlrolle sehen: „Das findet auf Augenhöhe statt.“
Statt auf die Zusage des Traumarbeitgebers zu warten, können Bewerber auch selbst aktiv werden. Bernd Slaghuis rät dazu, einfach nachzufragen: „Wie weit sind Sie im Prozess? Bin ich auf den vorderen Plätzen? Wann und wie geht es weiter?“Das könne die eigene Position beim Traumarbeitgeber sogar stärken. Man sollte aber aufpassen, dass man keinen Druck ausübt. Das könne der Arbeitgeber auch negativ werten, warnt Kanning.
4. Die zweite Wahl als Chance sehen
Selbst wenn es sich beim erhaltenen Angebot nur um die eigene zweite oder dritte Wahl handelt, sollten Bewerber noch einmal genauer hinschauen, rät Karriere-Coach Slaghuis: „Was konkret macht diesen Job weniger attraktiv und gibt es etwas, das geschehen müsste, damit auch dies der Traumjob wird?“
Woher kommen die Zweifel? Sind mir Sachen im Gespräch negativ aufgefallen? Oder liegt es an einem bestimmten Bild vom Traumarbeitgeber, das ich habe? „Man muss auch sehen, dass die Vorstellung eines Traumarbeitgebers nicht unbedingt der Realität entspricht“, sagt Kanning. Häufig seien Arbeitgeber aufgrund eines bestimmten Images oder Renommees Traumarbeitgeber. Die Arbeitszufriedenheit hängt aber stark damit zusammen, mit wem man zusammenarbeitet, welche Führungskultur es gibt und welche Stimmung im Team herrscht. Hier hilft es, sich darüber klar zu werden, welche Kriterien einem im Job wichtig sind.
5. Klarheit schafft Sicherheit Wenn man merkt, dass noch Fragen auftauchen, kann man um ein zweites Gespräch bitten. „Vielleicht ist es nur die zweite Wahl, weil mir noch wichtige Informationen fehlen“, sagt Bernd Slaghuis. „Klarheit schafft Sicherheit.“
Eine Möglichkeit für mehr Sicherheit besteht darin, an einem Schnuppertag das Team und die Arbeitskultur kennenzulernen, schlägt Katharina Hain vor. Wenn dann immer noch Zweifel bestehen, sollte man auf sein Bauchgefühl hören. „Man muss da ehrlich zu sich selbst sein“, sagt Uwe Kanning. Es kann klug sein, einen Vertrag ziehen zu lassen. Dann sollte man aber auch rechtzeitig absagen.