Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Spielen ist nichts anderes als Lernen“
Jens Stuhldreier spricht im Interview über Medienkompetenz, einen neuen Treffpunkt und TikTok
REMSCHEID Jens Stuhldreier ist der neue Mann bei der Jugendförderung und bei der Agot. Was die Kinder und Jugendlichen jetzt nach Corona wollen und wie familienfreundlich Remscheid ist, erklärt der 55-Jährige im Interview.
Herr Stuhldreier, Sie sind der neue Geschäftsführer der Agot. Was ist die Agot eigentlich genau?
JENS STUHLDREIER Die Arbeitsgemeinschaft der offenen Türen. Ein Format, bei dem sich die 13 Jugendzentren austauschen, Aktion planen und gemeinsam Flagge zeigen – wie am 16. September beim 1. Remscheider CSD, den die Agot ausrichtet. Meine Arbeit in der Agot ist aber nur eine meiner vielen Aufgaben, meine Stelle bei der Stadt nennt sich Projektmanager. Die Geschäftsstelle der Agot ist das Bindeglied zwischen der Stadt und den offenen Türen.
Bei der großen Jugendbefragung der Stadt kam heraus, dass viele Jugendliche die Jugendzentren gar nicht so richtig nutzen. Muss man hier ansetzen?
STUHLDREIER Ich glaube nicht. Die Zahl, die rauskam, ist auf bundesweitem Niveau. Aber natürlich kennt der Jugendliche aus Lennep die Welle, aber nicht unbedingt die anderen. Es liegt in der Natur der Jugendlichen, sich langsam ihr Umfeld zu erobern. Die Jugendzentren haben eine sehr gute Auslastung. Wenn ich in der Kraftstation oder der Welle bin, herrscht volle Hütte. Da wird intensiv und vertrauensvoll mit den Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Ich habe das Gefühl, dass die Remscheider Jugendzentren sehr gut aufgestellt sind.
Vorher waren Sie bei der Jugendförderung in Solingen, nun in Remscheid. Gibt es Parallelen?
STUHLDREIER Die Ansätze, wie man Jugendliche begleiten und sie beteiligen kann oder welche Veranstaltungen für sie interessant sind, sind natürlich ähnlich. Medienkompetenz ist zudem in Solingen wie Remscheid das gleiche heiße Thema. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Die großen Jugendzentren in Solingen sind bei der Jugendförderung angeschlossen, während es in Remscheid von freien Trägern gemacht wird. Ändert aber nichts daran, dass bei beiden tolle Arbeit geleistet wird.
Womit kann Remscheid punkten?
STUHLDREIER Die Jugendförderung hier macht sehr tolle und vor allem große Veranstaltungen. Zum Beispiel den Mitmachzirkus Casselly, den es ja schon seit 20 Jahren gibt und der sehr beliebt ist. Oder die Kinderstadt, die ich das erste Mal miterlebt habe. Oder die Anti-Drogen-Disco, Remscheid United und das Fest zum Weltkindertag. Oft ist hier neben der Agot auch der Jugendrat eingebunden. Der ist in Remscheid übrigens total eingebettet in die Gremienkultur und wird ganz stark ernst genommen. Ich habe noch keine Sitzung ohne Herrn Neuhaus erlebt. Auf den Jugendrat wird gehört. Ich nehme eine sehr gut strukturierte Jugendförderung in Remscheid wahr. Wo auch nach Corona nun genau geguckt wird: Hey, was hat sich geändert?
Was hat sich denn nach Corona geändert?
STUHLDREIER Kinder hatten zwei Jahre lang viel weniger Kontakt zu Gleichaltrigen und zu Institutionen. Jede Altersgruppe hat da andere Sachen vermisst. Während die Kleineren in der Grundschule verpasst haben, zum Beispiel ein großes Haus zu erobern und sich zurechtzufinden, haben die Zwölfjährigen keine Chance gehabt, ihren eigenen Freundeskreis zu erobern. Das wird jetzt nachgeholt – und das muss man unterstützen.