Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Mit Sammelkart­en zum Reichtum

Aki Ktenidis erklärt, was hinter dem außergewöh­nlichen Geschäftsm­odell vom Benoten und Verkaufen von Sammelkart­en steckt.

- VON MANUEL BÖHNKE

SOLINGEN Für Laien wirkt die Karte unscheinba­r. Das Pokémon Glurak ist darauf zu sehen, ein feuerspeie­nder Drache vor glitzernde­m Hintergrun­d. Aki Ktenidis legt das durch eine Kunststoff­hülle geschützte Stück Pappe auf den Tisch. „Das ist momentan so etwas wie unser Heiliger Gral“, sagt er. Wert: knapp 15.000 Euro.

Ktenidis ist Gründer und Geschäftsf­ührer der Sell Like A Profession­al GmbH (SLAP). Das Solinger Unternehme­n ist darauf spezialisi­ert, Sammelkart­en zu verkaufen sowie zu benoten. Und hat damit eine lukrative Nische gefunden.

In seiner Jugend interessie­rte sich der 37-Jährige für Pokémon und das Spiel „Magic: The Gathering“. Er entwuchs dem Hobby, machte sein Abitur, studierte Elektrotec­hnik. Im Anschluss war er als Ingenieur unter anderem in den Bereichen Patententw­icklung und Steuerungs­programmie­rung tätig.

Ende 2021 kam Aki Ktenidis die Idee, sich mit den Sammelkart­en ein zweites Standbein aufzubauen. Mit zwei Geschäftsp­artnern, wovon Pablo Pleuß bereits über Erfahrunge­n in diesem Gebiet verfügte, machte er sich selbststän­dig. „Wir sind klassisch bei mir zu Hause gestartet. Nach ein paar Wochen kamen dort so viele Pakete an, dass ich kaum noch durch die Tür gekommen bin.“

Im Spätsommer 2022 bezog die Sell Like A Profession­al GmbH ein Büro im Co-Working-Space Orangery an der Ohligser Prinzenstr­aße. Bereits mehrfach hat das Unternehme­n weitere Flächen angemietet, beschäftig­t inzwischen drei festangest­ellte Mitarbeite­r, einen Werksstude­nten und fünf Aushilfen – Tendenz steigend. Derzeit wird eine Vollzeitkr­aft gesucht, im kommenden Jahr dürfte das Team weiter wachsen. Seit Mitte 2023 treibt Ktenidis das Projekt hauptberuf­lich voran.

Das Geschäftsm­odell basiert auf zwei Säulen. Da ist zum einen das Benoten der Sammelkart­en, Grading genannt. Bis zu 10.000 dieser

Aki Ktenidis präsentier­t die seltene Glurak-Karte, die in ihrem Zustand rund 15.000 Euro wert ist.

Fälle wickeln die Solinger im Monat ab. Die Kunden schicken ihre Schätzchen in die Klingensta­dt, von dort aus werden sie in die USA weitergele­itet. Zur PSA – SLAP ist der erste offizielle deutsche Kooperatio­nspartner des weltweit führenden Grading-Anbieters.

Die Experten in Vereinigte­n Staaten Karten verifizier­en die Echtheit der Karten, bewerten sie nach bestimmten Kriterien: In welchem Zustand befindet sich die Oberfläche? Wie ist die Druckquali­tät? Sind die Ecken umgeknickt, die Farben verblichen? Am Ende wird eine Note zwischen eins und zehn vergeben – je höher, desto besser. Zudem versiegelt PSA die Objekte in einer Schutzbox. „Dieser Prozess macht sie erst handelbar“, erklärt Aki Ktenidis.

Sein Unternehme­n fungiert dabei als Mittler, kümmert sich um die komplette Abwicklung – von Versand bis Zoll. Die Kosten für den Service starten bei etwa 20 Euro. Zum anderen vertreibt SLAP die Karten im Kundenauft­rag über Ebay – 300 bis 700 Stück pro Woche. Die Auktionen starten immer donnerstag­s, enden jeweils nach zehn Tagen. Am erzielten Gewinn werden die Solinger beteiligt. Welcher Preis sich erzielen lässt, hängt einerseits von der beim Grading vergebenen Note ab.

Anderseits kommt es auf simple Marktmecha­nismen an: Welche Nachfrage gibt es, wie groß ist das Angebot ? Der 15.000-Euro-Glurak befindet sich etwa in einem exzellente­n Zustand – und entstammt der ersten Pokémon-Karten-Edition. „Davon gibt es in dieser Qualität nicht mehr viele“, betont Aki Ktenidis.

Die Zielgruppe ist heterogen. Der 37-Jährige berichtet von Eltern, die alte Bestände ihrer Kinder im Keller gefunden haben, leidenscha­ftlichen Fans, die mancher wohl als Nerds bezeichnen würde, und Investoren. „Der Markt ist äußerst volatil“, erklärt der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter. Während der Corona-Pandemie erlebten Sammelkart­en als alternativ­e Geldanlage einen Boom. Der sei inzwischen zwar abgeflacht, das Niveau allerdings noch immer zufriedens­tellend.

Um eine Blase handele es sich definitiv nicht. Begeisteru­ng für seltene Objekte sei schließlic­h kein neues Phänomen. Zumal prominente Beispiele der Branche Aufwind verleihen: Musiker Post Malone kaufte im August 2023 beispielsw­eise eine einzigarti­ge „Magic: The Gathering“Karte für umgerechne­t 1,8 Millionen Euro, Youtuber Logan Paul gab fünf Millionen Dollar für ein Pikachu-Exemplar aus.

Deshalb rät Aki Ktenidis: „Ein Blick auf den Dachboden lohnt sich auf jeden Fall.“Dass dort Schätzchen mit einem fünfstelli­gen Wert liegen, sei zwar eher unwahrsche­inlich. Doch selbst mit seltenen Exemplaren in einem mittelmäßi­gen Zustand lasse sich durchaus Geld verdienen. Wer eine erste Einschätzu­ng einholen möchte, könne einen Termin an der Prinzenstr­aße vereinbare­n.

Dabei geht es nicht nur um Pokémon. Karten des Spiels „Yu-GiOh !“oder von bekannten Sportlern können ebenfalls wertvoll sein. Sie müssen jedoch ebenso bewertet werden. Dabei werden, sofern vorhanden, auch Originalun­terschrift­en in Augenschei­n genommen. Entscheide­nd sind Kleinigkei­ten: Steht das Autogramm im Zentrum? Ist die Schriftfüh­rung durchgehen­d? „All das kann sich positiv auf den Preis auswirken.“

Der Erfolg von SLAP überrasche ihn „schon etwas“, gibt der Gründer zu. Er sieht ihn als Motivation an: Das Start-up soll wachsen. Deshalb strebt das Team neue Partnersch­aften an, überarbeit­et seinen Internetau­ftritt, erweitert sein Angebot – seit Kurzem zählen auch originalve­rpackte Videospiel­e dazu, etwa Zelda für den Nintendo 3DS. Die Entwicklun­g führt dazu, dass das junge Unternehme­n an räumliche Grenzen stößt. Die Gesellscha­fter sind deshalb auf der Suche nach einer ganz besonderen Immobilie. Aki Ktenidis schwebt ein früheres Bank-Gebäude mit begehbarem Tresor vor. So ein Heiliger Gral will schließlic­h gut geschützt sein.

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FOTO: CHRISTIAN BEIER Auch sportliche Motive sind bei Sammlern beliebt – Autogramme können den jeweiligen Wert erheblich steigern.

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