Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Betriebs- und Werksärzte fusionieren
Einrichtungen in Remscheid und Solingen sind ab Januar für mehr als 30.000 Beschäftigte in der Region verantwortlich. Die Zusammenarbeit soll nicht nur Vorteile für die etwa 500 angeschlossenen Betriebe haben.
REMSCHEID/SOLINGEN Aus zwei mach eins: Zum 1. Januar 2024 verschmelzen das Betriebsarztzentrum von Remscheid und Umgebung und das Werksarztzentrum Solingen. In knapp zwei Wochen ist das neue BAZ Bergisches Land damit für weit mehr als 30.000 Beschäftigte in beiden Städten zuständig. Von der Fusion erhoffen sich die Verantwortlichen nicht nur für die mehr als 500 angeschlossenen Betriebe Vorteile.
Die Weichen für den Schritt wurden im vergangenen Halbjahr gestellt. Anfang November gaben die Mitgliedsunternehmen grünes Licht. „Wir haben hier wirklich etwas geschafft. Das erfüllt uns mit Stolz“, sagt Christian Klauder. Der Geschäftsführer des ArbeitgeberVerbands von Remscheid und Umgebung wird künftig als BAZ-Vorstandsvorsitzender fungieren.
Die wichtigste Nachricht für die Beschäftigten: Zwar befindet sich der Sitz des neuen Vereins in Remscheid, doch auch die Geschäftsstelle in der Klingenstadt werde in vollem Umfang bestehen bleiben. „Wir planen mit zwei komplett ausgestatteten Zentren“, sagt Guido van Rüth. Der bisherige Geschäftsführer des Betriebsarztzentrums von Remscheid und Umgebung wird diese Position auch im neuen BAZ einnehmen.
Mehr noch: Perspektivisch soll der Solinger Standort aus der Villa Kieserling am Industriehaus an der Neuenhofer Straße in die frühere Filiale der Stadt-Sparkasse in Höhscheid ziehen. Der Arbeitgeberverband Solingen hat die Immobilie erworben. „Wir werden dort moderne Untersuchungsräume einrichten“, kündigt Geschäftsführer Michael Schwunk an. Der Umbau sei für das kommende Jahr geplant.
Die Fusion bewertet Schwunk positiv: „Es ist die beste Lösung, im Bergischen zusammenzuarbeiten.“Ausschlaggebend für den Schritt sei gewesen, dass beide Institutionen mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben, ergänzt Christian Klauder. „Da kann es nur von Vorteil sein, Kräfte zu bündeln, um im Wettbewerb zu bestehen.“
Wie viele medizinische Bereiche haben auch Betriebsärzte Schwierigkeiten, Personal zu gewinnen. „In einer größeren Einheit kann man sich besser als attraktiver Arbeitgeber
präsentieren“, betont Guido van Rüth.
Das neue Team besteht ausschließlich aus bekannten Gesichtern, alle bestehenden Mitarbeiter wurden übernommen: neun Ärzte, ebenso viele medizinische Fachangestellte, drei Experten für Sicherheitstechnik. Das erhöhe die Flexibilität: Fallen Kräfte an einem Standort aus, kann der andere aushelfen. Zudem ergeben sich größere Optionen zum Austauschen, für moderne Arbeitszeitmodelle sowie Aus- und Weiterbildung. Die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten steigen.
Michael Schwunk und Christian Klauder hoffen, dass sich in weiteren Bereichen Synergieeffekte ergeben, etwa bei administrativen und regulatorischen Aufgaben. Das Wachstum führe bessere Konditionen am Markt herbei, die anstehenden
Hürden der Digitalisierung seien leichter zu nehmen. Darüber hinaus schwebt Guido van Rüth vor, die Sichtbarkeit der Einrichtung durch einen zeitgemäßen Auftritt zu erhöhen.
Wenn das BAZ im neuen Jahr offiziell an den Start geht, sei das nur der Anfang. „Wir wollen nicht nur zusammenwachsen, sondern zusammen wachsen“, macht Michael Schwunk deutlich. Das Angebot bestehe nicht exklusiv für Unternehmen in Remscheid und Solingen.
Die Verantwortlichen nehmen weitere Akteure in den Blick: beispielsweise andere Arztzentren und Sicherheitsdienste, die nach Synergien suchen, niedergelassene Mediziner, die sich eine neue Herausforderung wünschen – im Grunde alle Akteure, die in der Umgebung in Sachen Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik aktiv sind. Christian Klauder sieht viel Potenzial: „Betriebsärzte sind verpflichtend, aber nicht alle sind mit ihrem Angebot zufrieden.“Die Experten sind in der Regel präventiv tätig. Unter anderem beraten sie Betriebe wie Beschäftigte in Fragen des medizinischen Arbeitsschutzes, beurteilen die Bedingungen in den Firmen, erstellen arbeitsmedizinische Beurteilungen. Auch Themen wie Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen zählen zu den Aufgaben.
Was in manchen Fällen lästig wirken mag, sollte aus Michael Schwunks Sicht besser genutzt werden: „Heutzutage müssen sich Unternehmen mit Gesundheitsmanagement beschäftigen, um im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen zu können.“Zumal ein hoher Krankenstand „richtig Geld“koste.
Bei Problemen auf Fachleute vertrauen zu können, hält Thomas
Kraemer für einen großen Vorteil. „Sie sind Ansprechpartner für die Geschäftsleitung und die Arbeitnehmervertretung – da lassen sich viele Fragen sofort klären“, sagt der kaufmännische Leiter der Forst Technologie GmbH & Co. KG aus Solingen. Zumal es an Themen in Zukunft nicht mangeln dürfte, wenngleich sich der Schwerpunkt verschiebe. „Die Unfallgefahr ist seit Jahren rückläufig, dafür steigen Druck und Belastung“, berichtet Ralf Clemens. Er ist bei der Remscheider VaillantGruppe für Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig.
„Psychische Probleme werden eine immer größere Rolle spielen“, bestätigt Christian Klauder. Dieser Entwicklung möchten die BAZVerantwortlichen Rechnung tragen – und entsprechende Strukturen schaffen. Ohne Fusion wäre das wesentlich schwieriger.
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