Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

AfD-Oberbürger­meister für die Partnersta­dt

Nach dem AfD-Wahlerfolg in Pirna: Deutliche Reaktionen in der Seestadt auf dem Berge.

- VON AXEL RICHTER

REMSCHEID/PIRNA Nach dem Erfolg der AfD bei der Oberbürger­meisterwah­l in Pirna soll Remscheid der Stadt in Sachsen die Freundscha­ft kündigen. Entspreche­nde Forderunge­n gingen am Montagmorg­en im Remscheide­r Rathaus ein. Doch Oberbürger­meister Burkhard MastWeisz (SPD) denkt nicht daran. Und der Partnersch­aftsverein auch nicht. „Jetzt erst recht“will dessen Vorsitzend­e Thea Jüttner (CDU) die Kontakte pflegen, um den Demokraten in der Partnersta­dt den Rücken zu stärken: „Ich bin doch kein Feigling.“

Ein Rückzug kommt für die Remscheide­r also nicht infrage. Obwohl sie sich, daraus machen sie keinen Hehl, ein anderes Wahlergebn­is gewünscht hatten als den Sieg des AfD-Kandidaten Tim Lochner. Der wäre zu verhindern gewesen, schätzt Burkhard Mast-Weisz. Wenn sich für die Stichwahl die demokratis­chen Parteien denn hinter einem gemeinsame­n Kandidaten vereint hätten. In anderen Kommunen konnte die Wahl eines Rechtsextr­emen auf diese Weise verhindert werden. Nicht so in Pirna.

Dort hatte Lochner bereits im ersten Wahlgang vorne gelegen. Zweiter wurde Ralph Thiele von den Freien Wählern. Dritte die CDU-Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth. Zwei weitere Bewerber, darunter der von SPD und Grünen, rangierten weit abgeschlag­en. Sie unterstütz­ten danach die in der Kommunalpo­litik erfahrene und als pragmatisc­h bekannte CDU-Frau und ein breites Bündnis warb für eine hohe Wahlbeteil­igung.

Doch nicht alle vollzogen den Schultersc­hluss. Der Zweitplatz­ierte Ralph Thiele hielt hingegen an seiner Kandidatur fest. Remscheids Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz hält das für einen Fehler. Denn so nahmen sich die Demokraten die Stimmen gegenseiti­g weg – beide kamen jeweils auf rund 30 Prozent – und der Bewerber der Rechtsextr­emen gewann die Wahl mit 38,5 Prozent der Stimmen. Bei einer Wahlbeteil­igung im 40.000 Einwohner zählenden Pirna von 53,8 Prozent.

„Ich bedaure das sehr“, sagt Stadtoberh­aupt Burkhard Mast-Weisz. Die Zahlen zeigen aber auch: „60 Prozent der Menschen haben die AfD nicht gewählt. Es ist also nicht richtig, die Bürgerinne­n und Bürger jetzt in Bausch und Bogen zu verdammen. Pirna bleibt deshalb unsere Partnersta­dt.“

Alles andere wäre zudem nur Wasser auf die Mühlen derer, denen es in Wahrheit nur um eine Spaltung der Gesellscha­ft gehe. Das Partnersch­aftskomite­e Remscheid-Pirna arbeitet seit dem Mauerfall am Gegenteil. 1990 entstand der Kontakt zu der Kreisstadt nahe der Sächsische­n Schweiz. Die Remscheide­r halfen den Sachsen beim Aufbau einer funktionie­renden Stadtverwa­ltung und später bei der Beseitigun­g der Schäden durch das Hochwasser der Elbe.

Einmal im Jahr fährt die Lenneperin Thea Jüttner mit zwei Bussen in die Partnersta­dt. Dresden, Görlitz, eine Fahrt mit der Weisseritz­talbahn ins Osterzgebi­rge und das Schloss Weesenstei­n stehen dann zum Beispiel auf der Liste. Gerade erst hat sie die Zimmer für den nächsten Besuch im Oktober nächsten Jahres gebucht. „Auf den obligatori­schen Besuch im Pirnaer Rathaus werden wir allerdings verzichten“, sagt Thea Jüttner. Auf Begegnunge­n mit Rechtsausl­egern legt sie keinen Wert.

Und wie geht der Remscheide­r Stadtchef mit seinem zukünftige­n Kollegen in Pirna um? „Profession­ell“, sagt Burkhard Mast-Weisz: „Er ist das gewählte Stadtoberh­aupt.“Mit dem parteilose­n HansPeter Hanke, dem bisherigen OB der Partnersta­dt, der nicht erneut kandidiert­e, verband Mast-Weisz ein herzliches, freundscha­ftliches Verhältnis. Das dürfte sich zu dem AfD-Mann eher nicht ergeben. Noch gibt es allerdings gar keine Gelegenhei­t dazu. Gegenseiti­ge Besuche stehen nicht an. Mast-Weisz ist das nicht unrecht.

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FOTO: DPA (SYMBOL) In Remscheids Partnersta­dt Pirna ist ein AfD-Kandidat zum Oberbürger­meister gewählt worden.

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