Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Supermarkt-Chef mit großem Herz
Einzelhändler Yavuz Hamurcu hilft immer wieder Bedürftigen mit Produkten aus seinem Lebensmittel-Geschäft.
INNENSTADT Alles begann mit einem Facebook-Eintrag bei „Remscheider unter Remscheidern“. Dort fragte der „Lilalaunebär“vorsichtig und verschämt, ob jemand Nudeln oder etwas anderes zu Essen abgeben könne, er hätte gerade einen Engpass. Yavuz Hamurcu las den Hilferuf, reagierte prompt. Der Supermarkt-Besitzer lud den Bedürftigen in die Blumenstraße 14-16 ein, um sich einen Fresskorb abzuholen. Für den Unternehmer eine Selbstverständlichkeit. „Es ist mein Dankeschön für das gemeinsame Leben, das wir hier in Remscheid führen dürfen. Solange es mich und andere gibt, die helfen, soll keiner Hunger leiden müssen“, verspricht der 34-Jährige.
Die Unterstützung ging viral völlig steil. Auf sein Angebot für den „Lilalaunebär“erhielt Hamurcu 437 Klicks mit „Daumen hoch“. Völlig ungewöhnlich in den sozialen Medien, wo viel genörgelt wird. Es gab ausnahmslos positive Resonanz. „Schön, dass es solche Menschen wie Dich gibt“, „Da kann sich mancher eine Scheibe abschneiden“, „Respekt“, „Ehrenmann“lauteten die Kommentare.
Der agile Firmenchef war überwältigt. Es bestärkte ihn, seiner Linie treu zu bleiben. Ob der „Lilalaunebär“tatsächlich in seinem riesigen Markt war, weiß er nicht hundertprozentig, wohl aber, dass weitere Bedürftige Hilfe erbaten. Hamurcu gewährt sie gerne. „Ich mache immer einen Einkaufskorb im Wert von 50 Euro fertig mit Produkten, die der Betroffene sich wünscht.“Nach Herkunft, sozialem Status, Pass fragt er Bittsteller nicht. „Wer es mir glaubwürdig vorträgt, dem verweigere ich nie Unterstützung.“Schon in der Vergangenheit hat er mit den Möglichkeiten seines Supermarktes im Rücken gespendet. Bei der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal sendete er Waren von mehreren tausend Euro, sponserte aber auch Trosttiger für die Kinderschutzambulanz. Viel Aufheben hat er nie darum gemacht, die Öffentlichkeit nie gesucht. Nach dem „Lilalaunebär“, den Resonanzen in sozialen Netzwerken und dem Anruf der Redaktion überdachte Yavuz Hamurcu seine Zurückhaltung.
„Ich möchte allen zeigen, dass es in meiner Heimatstadt ein Miteinander gibt. Aber ich möchte auch andere ermuntern, die Geld haben, Notleidenden zu helfen.“Yavuz Hamurcu
ist in Remscheid geboren, die Wurzeln seiner Familie liegen in der Stadt Kayseri in Kappadokien. Über sich sagt der mittlere von drei Brüdern, er sei Deutsch-Türke. „Ich glaube fest an Gott“, sagt der Muslim. Hilfe für andere ist nicht nur Teil seines Glaubens. „Spenden tut meiner Seele gut“, ist seine persönliche Botschaft.
Die Mittel sind ihm heute gegeben. Yavuz Hamurcu besuchte das EMA-Gymnasium bis zum Abitur.
Yavuz Hamurcu in der Obst - und Gemüseabteilung: Der AlemGeschäftsführer hilft gerne mal Bedürftigen.
Er sei ein Streber gewesen. „Meine Lehrer haben sich immer gewundert, dass ich ganz vorne im Unterricht sitze.“Hausaufgaben waren schnell erledigt, oft schon in den Freistunden. Hamurcu spricht fünf Sprachen. Das erleichtert das Geschäft und den Wareneinkauf.
Er kommt aus einem strengen Elternhaus. Geschadet hat es ihm nicht. Disziplin ist seine Stärke. „Ich brauche nur wenig Schlaf, feiere nicht ausgiebig, rauche und trinke nicht, ernähre mich gesund.“Eigentlich wollte er Jura nach dem Abi studieren, entschied sich aber für den Handel. Yazuz trat in die Fußstapfen seines geliebten Onkels und Mentors Bezmi Hamrcu, der in Stuttgart den überregional tätigen Alem-Lebensmittelgroßmarkt aufgebaut hat. Sein Neffe durfte den Namen für sein eigenes Business in Remscheid übernehmen. Vor 14 Jahren machte er sich in der Blumenstraße gegenüber der
Diakonie-Zentrale in der Innenstadt selbstständig. „Nimm deinen Kopf nur mit, wenn Du das, was drin ist, auch benutzt“, gab ihm sein Onkel auf den Berufsweg.
Yavuz beherzigte den Ratschlag. Sein Gehirn steckt voller Zahlen. Aktuell bietet er auf 2000 Quadratmetern Verkaufsfläche 4500 Produkte an. „Die Einkaufspreise habe ich alle abgespeichert. Manchmal träume ich sogar nachts von Zahlen.“Mittlerweile ist Alem der Anker in der riesigen Immobilie mit Parkhaus (350 Plätze), die zwei Brüdern aus Andernach gehört. „Bisweilen bin ich für die anderen Mieter wie Ärzte, Logopäde, Rossmann, Kik, VHS, Stadtverwaltung oder Inkassobüro der Ansprechpartner, wenn es Fragen an den Vermieter gibt.“
Alem verkauft türkische Produkte, hat aber auch Edeka-Artikel im Sortiment. „Wir verstehen uns als internationaler Laden“, betont sein Inhaber. Einer der größten „local player“in Remscheid ist er sowieso. Allein bei Obst- und Gemüse, das sein älterer Bruder Oguz als Filialleiter verantwortet, stehen 215 verschiedene Artikel in Regalen und Auslagen. Für den Ausbildungsbetrieb arbeiten 25 Mitarbeiter, Familienangehörige nicht eingerechnet.