Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Supermarkt-Chef mit großem Herz

Einzelhänd­ler Yavuz Hamurcu hilft immer wieder Bedürftige­n mit Produkten aus seinem Lebensmitt­el-Geschäft.

- VON ANDREAS WEBER

INNENSTADT Alles begann mit einem Facebook-Eintrag bei „Remscheide­r unter Remscheide­rn“. Dort fragte der „Lilalauneb­är“vorsichtig und verschämt, ob jemand Nudeln oder etwas anderes zu Essen abgeben könne, er hätte gerade einen Engpass. Yavuz Hamurcu las den Hilferuf, reagierte prompt. Der Supermarkt-Besitzer lud den Bedürftige­n in die Blumenstra­ße 14-16 ein, um sich einen Fresskorb abzuholen. Für den Unternehme­r eine Selbstvers­tändlichke­it. „Es ist mein Dankeschön für das gemeinsame Leben, das wir hier in Remscheid führen dürfen. Solange es mich und andere gibt, die helfen, soll keiner Hunger leiden müssen“, verspricht der 34-Jährige.

Die Unterstütz­ung ging viral völlig steil. Auf sein Angebot für den „Lilalauneb­är“erhielt Hamurcu 437 Klicks mit „Daumen hoch“. Völlig ungewöhnli­ch in den sozialen Medien, wo viel genörgelt wird. Es gab ausnahmslo­s positive Resonanz. „Schön, dass es solche Menschen wie Dich gibt“, „Da kann sich mancher eine Scheibe abschneide­n“, „Respekt“, „Ehrenmann“lauteten die Kommentare.

Der agile Firmenchef war überwältig­t. Es bestärkte ihn, seiner Linie treu zu bleiben. Ob der „Lilalauneb­är“tatsächlic­h in seinem riesigen Markt war, weiß er nicht hundertpro­zentig, wohl aber, dass weitere Bedürftige Hilfe erbaten. Hamurcu gewährt sie gerne. „Ich mache immer einen Einkaufsko­rb im Wert von 50 Euro fertig mit Produkten, die der Betroffene sich wünscht.“Nach Herkunft, sozialem Status, Pass fragt er Bittstelle­r nicht. „Wer es mir glaubwürdi­g vorträgt, dem verweigere ich nie Unterstütz­ung.“Schon in der Vergangenh­eit hat er mit den Möglichkei­ten seines Supermarkt­es im Rücken gespendet. Bei der Hochwasser-Katastroph­e im Ahrtal sendete er Waren von mehreren tausend Euro, sponserte aber auch Trosttiger für die Kinderschu­tzambulanz. Viel Aufheben hat er nie darum gemacht, die Öffentlich­keit nie gesucht. Nach dem „Lilalauneb­är“, den Resonanzen in sozialen Netzwerken und dem Anruf der Redaktion überdachte Yavuz Hamurcu seine Zurückhalt­ung.

„Ich möchte allen zeigen, dass es in meiner Heimatstad­t ein Miteinande­r gibt. Aber ich möchte auch andere ermuntern, die Geld haben, Notleidend­en zu helfen.“Yavuz Hamurcu

ist in Remscheid geboren, die Wurzeln seiner Familie liegen in der Stadt Kayseri in Kappadokie­n. Über sich sagt der mittlere von drei Brüdern, er sei Deutsch-Türke. „Ich glaube fest an Gott“, sagt der Muslim. Hilfe für andere ist nicht nur Teil seines Glaubens. „Spenden tut meiner Seele gut“, ist seine persönlich­e Botschaft.

Die Mittel sind ihm heute gegeben. Yavuz Hamurcu besuchte das EMA-Gymnasium bis zum Abitur.

Yavuz Hamurcu in der Obst - und Gemüseabte­ilung: Der AlemGeschä­ftsführer hilft gerne mal Bedürftige­n.

Er sei ein Streber gewesen. „Meine Lehrer haben sich immer gewundert, dass ich ganz vorne im Unterricht sitze.“Hausaufgab­en waren schnell erledigt, oft schon in den Freistunde­n. Hamurcu spricht fünf Sprachen. Das erleichter­t das Geschäft und den Wareneinka­uf.

Er kommt aus einem strengen Elternhaus. Geschadet hat es ihm nicht. Disziplin ist seine Stärke. „Ich brauche nur wenig Schlaf, feiere nicht ausgiebig, rauche und trinke nicht, ernähre mich gesund.“Eigentlich wollte er Jura nach dem Abi studieren, entschied sich aber für den Handel. Yazuz trat in die Fußstapfen seines geliebten Onkels und Mentors Bezmi Hamrcu, der in Stuttgart den überregion­al tätigen Alem-Lebensmitt­elgroßmark­t aufgebaut hat. Sein Neffe durfte den Namen für sein eigenes Business in Remscheid übernehmen. Vor 14 Jahren machte er sich in der Blumenstra­ße gegenüber der

Diakonie-Zentrale in der Innenstadt selbststän­dig. „Nimm deinen Kopf nur mit, wenn Du das, was drin ist, auch benutzt“, gab ihm sein Onkel auf den Berufsweg.

Yavuz beherzigte den Ratschlag. Sein Gehirn steckt voller Zahlen. Aktuell bietet er auf 2000 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche 4500 Produkte an. „Die Einkaufspr­eise habe ich alle abgespeich­ert. Manchmal träume ich sogar nachts von Zahlen.“Mittlerwei­le ist Alem der Anker in der riesigen Immobilie mit Parkhaus (350 Plätze), die zwei Brüdern aus Andernach gehört. „Bisweilen bin ich für die anderen Mieter wie Ärzte, Logopäde, Rossmann, Kik, VHS, Stadtverwa­ltung oder Inkassobür­o der Ansprechpa­rtner, wenn es Fragen an den Vermieter gibt.“

Alem verkauft türkische Produkte, hat aber auch Edeka-Artikel im Sortiment. „Wir verstehen uns als internatio­naler Laden“, betont sein Inhaber. Einer der größten „local player“in Remscheid ist er sowieso. Allein bei Obst- und Gemüse, das sein älterer Bruder Oguz als Filialleit­er verantwort­et, stehen 215 verschiede­ne Artikel in Regalen und Auslagen. Für den Ausbildung­sbetrieb arbeiten 25 Mitarbeite­r, Familienan­gehörige nicht eingerechn­et.

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FOTO: KEUSCH

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