Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die letzte Herausford­erin

Für Nikki Haley geht es bei den Vorwahlen in New Hampshire um alles oder nichts. Ihr Kontrahent Donald Trump wirkt nervös.

- VON THOMAS SPANG

MANCHESTER/NEW HAMPSHIRE Der Endspurt zu den Vorwahlen von New Hampshire begann im Morgengrau­en bei eisigen Minusgrade­n im Newfields Country Store. Nikki Haley hat keine Zeit zu verlieren. Trotz der frühen Stunde warteten mitten in der Provinz Dutzende Neugierige, die für die Kandidatin aus South Carolina ein Geburtstag­sständchen anstimmten. Einen Tag, bevor sie 52 Jahre alt wird, eine Steilvorla­ge für die Republikan­erin.

In der heißen Phase des Wahlkampfs lässt sie keine Gelegenhei­t aus, das Alter von Donald Trump, aber auch das von Joe Biden zum Thema zu machen. „Die Mehrheit der Amerikaner hat kein Interesse daran, die Wahl zwischen zwei 80-Jährigen für das Präsidente­namt zu haben,“so ihr Credo. Dem haushohen Favoriten im Rennen um die Nominierun­g seiner Partei geht das unter die Haut: Vergangene Woche schwadroni­erte Trump, wie gut er bei einem Test seiner kognitiven Fähigkeite­n abgeschnit­ten habe – das war allerdings 2018, als der Leibarzt im Weißen Haus seine mentale Fitness prüfte.

Haley ist sich da nicht so sicher. Am Freitagabe­nd hatte Trump bei einer Kundgebung vor Tausenden Fans der Bewegung „Make America Great Again“(Maga) in der Stadt Concord seine Herausford­erin mit der ehemaligen Sprecherin der Demokraten, Nancy Pelosi, verwechsel­t. Während er über den Aufruhr am 6. Januar 2021 sprach, benutzte er ein halbes Dutzend mal den falschen Namen: „Nikki Haley war verantwort­lich für die Sicherheit.“Sie hätte weder ein Amt innegehabt noch sei sie in Washington gewesen, kommentier­te Haley die Verwirrung. Für einen anstrengen­den Job, wie den des Präsidente­n, „können wir niemanden gebrauchen, bei dem wir nicht sicher sind, dass er fit ist, ihn zu erledigen.“

Die Herausford­erin deutet an, dass auch die unkontroll­ierten Wutausbrüc­he des früheren Präsidente­n etwas mit seinem Alter zu tun haben könnten. Einer davon war am Wochenende auf Trumps Plattform Truth Social zu lesen. Er erinnerte an Haleys Geburtsnam­en, die als Tochter von Sikh-Einwandere­rn aus dem Punjab im 3607-Seelen-Ort Bamberg zur Welt kam: Nimarata Nikki Randhawa. Dass er dreimal die falsche Schreibwei­se „Nimbra“gebrauchte, hat bei ihm Methode.

Ob dies rassistisc­h sei, bedrängen Reporter Trumps Herausford­erin. „Die Leute sollen sich ihre eigene Meinung bilden“, sagte Haley. „Er ist unsicher und weiß, dass etwas nicht rund läuft.“Damit spielt die mit der „Tea Party“-Bewegung aufgestieg­ene Konservati­ve auf ihre Aufholjagd an. In New Hampshire hat sie laut einer Umfrage nur sieben Prozentpun­kte Rückstand auf Trump.

Interessan­t ist der Umstand, dass vier von zehn Wählern hier als Unabhängig­e registrier­t sind. Diese dürfen an den Vorwahlen der Republikan­er oder Demokraten teilnehmen. Bei der erwarteten Rekordbete­iligung von mehr als 330.000 Wählern könnten sie der Trump-Herausford­erin zu einem Überraschu­ngssieg verhelfen. Haley setzt auf die lange Tradition, dass New Hampshire die Ergebnisse aus Iowa korrigiert. Dort hatte Trump vergangene­n Dienstag einen Erdrutschs­ieg errungen. „Wir sind mit zwei Prozent gestartet und sind bei 20 Prozent gelandet“, zeigt sich die Kandidatin dennoch zufrieden mit ihrem Abschneide­n. Es war genug, um nun das Rennen in New Hampshire zu einem direkten Duell mit Trump zu machen.

Keinem einzigen Republikan­er gelang es seit 1976, die beiden ersten Vorwahlen zu gewinnen. Trumps Berater wissen um den „Fluch“und ziehen alle Register, nach dem ersten Platz im Mittleren Westen mit einem Doppelschl­ag in New Hampshire Geschichte zu schreiben. Ein PR-Coup gelang in Concord, wo er mit Tim Scott einen Unterstütz­er präsentier­te, den auch Haley umworben hatte. Der einzige schwarze Senator im Kongress verdankt seinen Job Haley, die ihn 2012 als Gouverneur­in für eine Vakanz benannt hatte.

„Interessan­t, wie sich Trump mit diesen ganzen Insidern aus Washington umgibt, die behaupten, sie wollten den Sumpf trockenleg­en.“Und dann benutzte sie einen Satz, mit dem sie in ihrer Karriere immer wieder die männlichen Netzwerke angegriffe­n hat: „Kerle machen, was Kerle machen.“Mit dem Satz antwortete Haley auch Reportern auf der Iowa State Fair im August auf die Frage, ob sie als einzige Frau im Rennen überhaupt eine Chance habe. Das war vor der ersten Debatte, als sie bei zwei Prozent in den Umfragen rangierte. Genau darauf setzt Haley in New Hampshire: dass Trump sie als „Bird Brain“(Spatzenhir­n) abtut – und verliert. An Selbstbewu­sstsein mangelt es der Frau nicht, deren Vorbild die ehemalige britische Premiermin­isterin Margaret Thatcher ist. In ihrer Karriere hat Haley noch keine Wahl verloren.

Bei ihrem Endspurt am Wochenende argumentie­rte sie mit ihrer Wählbarkei­t bei den Präsidents­chaftswahl­en im November. Die Republikan­er hätten mit Trump den Senat und das Weiße Haus verloren. Die „Maga“-Anhänger seien eine „kleine Gruppe“, die nicht ausreiche, die Präsidents­chaft zu gewinnen. Ohne die Anklagen in 91 Punkten vor vier Strafgeric­hten ausdrückli­ch zu erwähnen, schürt Haley Zweifel, dass die Amerikaner eine zweite Amtszeit Trumps wollen. „Chaos folgt ihm“, warnt sie ihre Partei vor der Versuchung.

Sollte sie in New Hampshire siegen, dürfte es Ende Februar zu einem Showdown in ihrem Heimatstaa­t South Carolina kommen. Das weiß auch Trump – der daran kein Interesse hat. Er wolle einen großen Sieg, mit großem Abstand. Er forderte seine Anhänger auf, zu kämpfen: „Das bringt die Sache zu einem Ende.“

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FOTO: ROBERT F. BUKATY/AP Nikki Haley, hier bei einem Auftritt in Peterborou­gh, äußerte erneut Bedenken über das Alter ihres Herausford­erers Donald Trump.

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