Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Wir bieten Diven im Doppelpack“
Mit dem Stück „Bette und Joan“sind die Schauspielerinnen Désirée Nick und Anouschka Renzi am 7. Februar im Theater und Konzerthaus Solingen zu Gast. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Désirée Nick über den Playboy, Zickenkrieg und ihre Auffassung von einer Diva.
Liebe Frau Nick, welche drei Begriffe fallen Ihnen zu Solingen als Erstes ein?
DESIREE NICK Bergisches Land, wo ich einige Jahre am Stadttheater Remscheid gespielt habe und was ich dadurch sehr gut kenne, und natürlich scharfe Klingen.
Sie spielen in „Bette & Joan“die Hollywood-Legende Joan Crawford und sagten einmal 2017 in einem Interview, dass Bette Davis und Joan Crawford die Frauenbewegung „mal eben 40 Jahre vorweggenommen“haben. Ist das heute aus Ihrer Sicht immer noch ein wichtiges Thema?
NICK Aber natürlich, mit den Themen die heute proklamiert werden, haben sich diese Ladys schon vor 80 Jahren auseinandergesetzt, beziehungsweise sie waren fertig damit: Ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben führen zu können, musste erst erstritten werden, und beide Künstlerinnen haben sich nie von bürgerlichen Ressentiments einschränken lassen. Sogar die freie Liebe haben sie ausgelebt und das 50 Jahre vor „Sex and the City“, was ja inzwischen auch schon antiquiert ist.
Wie muss man in diesem Zusammenhang Ihren Auftritt im „Playboy“sehen – als Ausdruck eines positiven Körpergefühls, von Stolz und Weiblichkeit? Als doch wieder bedauernswertes Bedienen männlicher Bedürfnisse?
NICK Weder noch, niemand braucht einen Playboy, um sich irgendwelcher Bedürfnisse zu bedienen. Die stehen 24 Stunden digital jedem auf Abruf in sämtlichen Vorlieben zur Verfügung. Es ging mir darum, gesellschaftliche Klischees aufzubrechen und zu beweisen, wie überholt die Ansicht ist, Alter ginge mit einem Verlust von Attraktivität, Erotik oder Weiblichkeit einher. Eine so hochwertige visuelle Inszenierung ist ein Luxus und drückt meine individuelle Ästhetik aus. Wer Nacktheit sehen will, kann auch ins Museum gehen und die Fleischeslust von Rubens betrachten.
Es ist doch immer schwierig, Menschen auf ein Podest zu heben, denn allzu oft stellt sich heraus, dass eben nicht immer alles Gold war, was glänzte. So auch mit Erscheinen des Buches „Mommie Dearest“, der Autobiografie der Adoptivtochter Christina Crawford. Was sagen Sie zu dieser womöglich dunklen Seite der Hollywood-Ikone – kann man noch Fan sein, ohne dies auszublenden?
NICK Gerade unter dem Gesichtspunkt des Theaters, also der Dramatik, ist das ein gefundenes Fressen, denn die Figur ist nicht eindimensional. Die gesamte Opernliteratur oder Weltliteratur generell baut auf zerrissenen, schillernden und vielschichtigen Charakteren auf. Was gäbe es sonst auch zu erzählen?
Sie haben das Stück zunächst mit Manon Straché gespielt. Jetzt ist allerdings Anouschka Renzi Ihre Partnerin. Warum ist die Wahl denn auf Anouschka Renzi gefallen? Schließlich, so heißt es, waren Sie auch im wahren Leben Anouschka Renzi „einst in innigem Hass verbunden“.
NICK Es handelt sich bei diesem Stoff
um zwei völlig unterschiedliche Inszenierungen und auch Textfassungen. Das spiegelt sich auch in Bühne und Kostüm wieder. Seinerzeit zielte die Inszenierung auf Kammertheater ab und arbeitete mit Film-Einspielern. Unser Regisseur heute betrachtet das Werk unter dem Aspekt modernen Unterhaltungstheaters und nutzt gerade unseren persönlichen Konflikt, um mehrere Ebenen einzuführen, bricht die Monologe auf und stellt unsere unterschiedlichen Persönlichkeiten in den Fokus. Das macht den Abend sehr abwechslungsreich und unterhaltsam. sich dann eben Zickerei. Das Gegenteil davon wäre Gleichgültigkeit.
Und ist es, eingedenk eines solchen Images, nicht manchmal anstrengend, zickig und spitzzüngig sein zu müssen, weil es Publikum und Medien jetzt andauernd erwarten?
NICK Was ist nicht anstrengend, wenn man es mit Brillanz und professionell betreibt? Einen Frisiersalon zu führen oder einen Blumenladen, ist auch megaanstrengend. Das Ziel kann ja wohl nicht sein, sich nicht anstrengen zu müssen. Schon gar nicht als Künstler. Ein Instrument zu beherrschen, ist ebenso anstrengend wie das Ausüben einer Sportart. Da ich 16 Bestseller geschrieben habe, dürfte klar sein dass ich aus meinem Humor und meiner Eloquenz schöpfe. Das ist ein Elixier und keine Anstrengung.
Was macht Ihnen noch immer Spaß an diesem Stück, auch wenn Sie es schon lange Zeit spielen?
NICK Ich spiele es keineswegs lange, weil es eine andere Fassung und eine komplette Neuinszenierung eines virtuosen Regisseurs ist, der den Stoff unter gänzlich anderen Aspekten beleuchtet. Wir präsentieren einen komödiantischen Abend der offenbart wie viele Gemeinsamkeiten man haben kann, wenn man doch so gegensätzlich ist.
Und was von dieser Freude wollen Sie bei Ihrer Tour und damit auch in Solingen auf die Bühne bringen?
NICK Das Wort „Diva“ist medial recht abgegriffen, jeder greift nach diesem Label und seine Bedeutung ist verzerrt. Es bedeutet eigentlich „göttlich“. Kaum jemand wird dem aber gerecht. Erst recht nicht in Deutschland. Glamour, Glanz und Gloria gehen stets mit Weisheit, Witz und Warzen einher, und all das macht unser Stück zu einer explosiven Mischung. Nichts ist schwerer, als mit Eleganz und Leichtigkeit eine Diva zu verkörpern, und das bieten wir im Doppelpack.