Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Singen in der Gemeinschaft setzt Mut frei
MITTE (jsl) Begeisterter Applaus belohnte am Freitag für berührendes Spiel auf der Bühne des Pina-Bausch-Saals im Theater und Konzerthaus. Er erklang in die Schlusssequenz hinein, in der Sängerinnen und Sänger aus Solinger Chören stellvertretend für das ganze Publikum in den Chorgesang auf der Bühne mit einstimmten: Die Botschaft von „Wie im Himmel“war angekommen, nämlich dass Singen in der Gemeinschaft positiv verändern kann. Dass es den Mut freisetzen kann, sich mit ehrlicher Wahrhaftigkeit zu begegnen, seine Kraft und Persönlichkeit zu entwickeln und dadurch Veränderungen im eigenen Leben anzugehen.
In einem kargen Bühnenbild zweier Eisschollen, die nach und nach ihre Fähigkeit offenbarten, in der Fantasie der Zuschauer zu allen nötigen Settings zu werden, erzählte Regisseurin Catharina Fillers vom Landestheater Detmold mit ihrem Ensemble die Geschichte des Stardirigenten Daniel Dareus (Hartmut Jonas), der den Anforderungen des internationalen Musikbetriebs nicht mehr standhielt. Ein Herzinfarkt machte ihm deutlich, dass seine Lebenszeit nunmehr verkürzt ist.
Er zieht sich in einen kleinen nordschwedischen Ort zurück. Dort weiß man um die Prominenz des neuen Mitbürgers. Nicht bekannt aber ist, dass Daniel jener kleine Junge mit der Geige ist, der einst das Dorf verließ, weil er von seinen Mitschülern gequält wurde. Eher zögerlich öffnet sich Daniel den Kontaktaufnahmen seiner neuen Nachbarn und übernimmt schließlich die Leitung des kleinen Kirchenchores und die damit verbundene Kantorenstelle. Seine besondere Methode, jedes Mitglied des Chors ernst zu nehmen und seinen individuellen Ton herauszufinden, setzt ungeahnte Energien frei und verleiht den Sängerinnen und Sängern ein bislang unbekanntes Selbstwertgefühl. Je mutiger sie Töne und Klänge formen, desto mutiger werden sie im Leben. Ein Prozess, den Maria Wolgast, verantwortlich für die Kostüme, in den Farben der Kleidung der Darsteller aufgreift. Sind alle zunächst einheitlich und in Pastell gekleidet, so stehen sie am Ende farbig und souverän da. Je klarer aber jeder mit sich selbst wird, desto enger wird die Chorgemeinschaft – sowohl klanglich als auch menschlich.
Wie ein Katalysator setzt Daniel mit seiner Arbeit gruppendynamische Prozesse in Gang. Gefühle werden als verdrängte Wahrheiten ausgesprochen, die zum Beispiel Gabriella (Ewa Nowack) endlich ermöglichen, ihren brutalen Mann Conny (Emanuel Weber) zu verlassen. Inger gelingt es, ihrem Mann Stig, dem Dorfpfarrer, seine Selbstgefälligkeit und Scheinheiligkeit vorzuhalten. „Gott muss nichts vergeben, weil er nämlich zuvor nicht verdammt!“Der schüchterne Holmfried (Adrian Thomser) setzt endlich dem verbal übergriffigen Arne (Patrick Hellenbrand) klare Grenzen. Auch Daniel selbst kann sich dem letztlich nicht entziehen, vor allem nicht den Gefühlen der jungen Lena (Stella Hanheide).