Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Handelte die Angeklagte auf Druck?
Solinger Bankkauffrau: Beutezug durch Konten und Schließfächer der Kunden.
SOLINGEN/WUPPERTAL Als die Angeklagte am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht in Wuppertal etwas über ihr Leben erzählen soll, ist sie kaum zu verstehen. Sie spricht über den Umzug der Familie von Nordmazedonien nach Deutschland, über ihre Ausbildung zur Bankkauffrau und über ihren Mann. Es sei „Liebe auf den ersten Blick“gewesen und damals sei noch alles „normal gewesen“. Davon kann längst keine Rede mehr sehr sein: Die Solingerin hat 645.000 Euro veruntreut.
Damals noch bei der Sparkasse Köln/Bonn angestellt, hat die 30-Jährige 319.000 Euro von sogenannten „umsatzlose Konten“auf andere Konten umgebucht. Die wiederum waren auf „Bekannte“ausgestellt worden. Die Angeklagte soll – so sagt sie es selbst – zu diesen Taten von einem dieser Bekannten gedrängt worden sein. Auf das Konto dieses Mannes soll die erste der mehr als 100 Umbuchungen erfolgt sein. Aufgefallen waren die Kontobewegungen nicht etwas den Kontoinhabern, sondern der bankinternen Systemüberwachung. Die mit „Geldwäsche“befasste Abteilung hatte sich eingeschaltet, es folgten die Kündigung und eine Anzeige.
Seither lag die Angelegenheit beim Arbeitsgericht, dort wurde nun ein Vergleich geschlossen: Die Solingerin hat sich verpflichtet, der Bank 156.000 Euro zurückzuzahlen. Im Gegenzug verzichtet die Sparkasse auf weitere Forderungen von 145.000 Euro. Hinzu kommt, dass die auf die Angeklagte und deren Ehemann laufenden Darlehen von 470.000 Euro seitens der Bank gekündigt wurden. Die dafür als Sicherheit dienende Eigentumswohnung muss verkauft werden, um die Kredite zurückzuzahlen.
Nach der Kündigung durch die Sparkasse Köln/Bonn hatte sich die Angeklagte erfolgreich bei einer Bank in Wuppertal beworben und dort zwei Schließfächer „leergeräumt“,
in denen sich Bargeld und Schmuck im Wert von mehr als 335.000 Euro befunden haben soll. Zu diesem Zweck hatte sie den Inhabern der Schließfächern nur einen der zwei Schlüssel ausgehändigt, um den anderen selbst zu behalten.
Ein Teil des Geldes und des Schmucks hatte die Solingerin in Schließfächern bei der Stadt-Sparkasse Solingen deponiert, beides konnte dort sichergestellt werden. Die Inhaberin eines der Schließfächer bei der Wuppertaler Bank bekommt nun ihren Schmuck zurück. Die Frau hatte den Polizeibeamten gesagt, dass weiterer Schmuck gestohlen worden sei. Die Angeklagte bestreitet das.
Der Verteidiger der Angeklagten sagte zum Prozessauftakt, seine Mandantin habe wegen der Schadensbegleichung gegenüber der Sparkasse Köln/Bonn „unter Druck gestanden“. Um Geld zu beschaffen, habe sie bei ihrem neuen Arbeitgeber die beiden Schließfächer leergeräumt. Der Prozess wird fortgesetzt.