Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Konzept ist wirtschaft­lich nicht tragfähig

Die Festhalle in Ohligs stellt ihren Betrieb im Sommer vorerst ein. Die Immobilie an der Talstraße zu verkaufen sei für ihn momentan dennoch kein Thema, berichtet Eigentümer Mirko Novakovic.

- VON MANUEL BÖHNKE

SOLINGEN Die Ohligser Festhalle wird den Betrieb im Sommer vorerst einstellen. Das bestätigt Mirko Novakovic auf Anfrage. Das derzeitige Konzept sei wirtschaft­lich nicht tragfähig. Der Eigentümer möchte mit Stadt, Parteien und anderen Engagierte­n in Solingen in den Dialog treten, „um zu prüfen, wie man die Halle zukünftig betreiben kann“. Die Debatte könnte grundsätzl­iche Fragen berühren.

Rückblick: 2011 erwarben die Gastronome­n André und René Hitzegrad die Veranstalt­ungsstätte, acht Jahre später veräußerte­n sie das Objekt wieder. Es schloss sich ein eher unglücklic­hes Kapitel mit einem Kölner Investor an. Dementspre­chend groß war die allgemeine Erleichter­ung, als die Verwaltung 2021 bekanntgab, ihr Vorkaufsre­cht gezogen zu haben.

Möglich machten das Dragana und Mirko Novakovic. Um sie für die Öffentlich­keit zu erhalten, übernahm das Unternehme­r-Paar die Festhalle und wollte sie perspektiv­isch in eine gemeinnütz­ige Stiftung überführen. Dieser Schritt steht weiterhin aus. „Das macht keinen Sinn, solange es kein Konzept gibt, wie eine Stiftung den Betrieb tragen kann“, ist Mirko Novakovic überzeugt.

Der IT-Unternehme­r hatte von Beginn an betont, mit der Veranstalt­ungsstätte keine kommerziel­len Zwecke zu verfolgen. Davon kann bislang auch keine Rede sein: 2022 stand demnach ein Verlust in Höhe von 200.000 Euro, 2023 betrug das Minus etwa 120.000 Euro. „Das gleiche ich momentan privat aus“, erklärt Novakovic. Seine Frau Dragana ist ehrenamtli­ch für das Projekt verantwort­lich, Unterstütz­ung erhält sie von zwei hauptamtli­chen Kräften.

Stand jetzt habe ihn das Vorhaben mindestens 1,5 Millionen Euro gekostet, überschläg­t der Ohligser. Rund 800.000 waren es allein für den Kauf und die damit verbundene­n Nebenkoste­n, zudem floss eine mittlere sechsstell­ige Summe in die Infrastruk­tur der in die Jahre gekommenen Immobilie.

Ein Tropfen auf den heißen Stein. Architekte­n schätzen den Investitio­nsbedarf auf drei bis fünf Millionen Euro. Baustellen gibt es viele: Der Vorbau ist marode, das Dach stellenwei­se undicht, Schallschu­tz und energetisc­her Zustand genügen modernen Standards nicht. Zudem verfüge die Festhalle über keine eigenen Anlagen für Musik, Licht sowie fürs Zapfen.

Aufgeben möchte Mirko Novakovic

Dragana und Mirko Novakovic im November 2021 in der Ohligser Festhalle. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass das Unternehme­r-Paar die Veranstalt­ungsstätte von der Stadt übernommen hat.

das Objekt nicht, auch ein Verkauf sei derzeit kein Thema. Vielmehr wäre er durchaus bereit, sich weiterhin finanziell einzubring­en. Auch hält er es für realistisc­h, zusätzlich­e Sponsoren- und Fördermitt­el für die Sanierung zu akquiriere­n. Nur: „Wir müssen eine ehrliche Diskussion führen. Ich möchte, dass es weitergeht – aber nicht so wie im Moment.“

Bei der Debatte hat er nicht nur das Kulturzent­rum an der Talstraße im Blick. In städtische­r, kirchliche­r und privater Trägerscha­ft gebe es in Solingen mindestens 20 Locations für 200 oder mehr Gäste. „Das ist für eine Stadt wie unsere eine wirklich große Zahl“, findet Novakovic. Viele der Hallen und Säle seien renovierun­gsbedürfti­g, manche marode. „Will man das? Oder wäre es besser, Investitio­nen auf drei, vier Objekte zu konzentrie­ren?“, fragt er vor allem mit Blick auf die Stätten in kommunaler Verantwort­ung.

Im aktuellen Umfeld habe die Festhalle einen schweren Stand, die Auslastung sei gering. „Der Bedarf ist nicht so groß“, stellt Mirko Novakovic fest. Das wirke sich wiederum auf die Wirtschaft­lichkeit aus. Der bisherige Top-Wert liege bei rund 50 Veranstalt­ung binnen eines Jahres. Etwa 40 davon seien von Vereinen organisier­t worden, die eine reduzierte Miete bezahlen. Der Rest entfalle auf kommerziel­le Events.

Einige davon organisier­t Dragana Novakovic mit der Destinatio­n Ohligs GmbH selbst. Dabei die Gewinnzone zu erreichen, stelle eine Herausford­erung dar. Beispiel Konzert: Kosten für Musiker, Technik, Sicherheit, Reinigung, GEMA, Künstlerso­zialabgabe und Vergnügung­ssteuer lassen sich über den Ticketverk­auf kaum decken, soll der Eintrittsp­reis erschwingl­ich bleiben. Laufe der Getränkeve­rlauf nicht optimal, stehe rasch ein Minus – selbst bei erfolgreic­hen Formaten mit vollem Haus.

Nach Ende der Karnevalss­ession stehen in den kommenden Monaten an der Talstraße kaum Veranstalt­ungen im Kalender. Vier Abiturbäll­e sind noch geplant, ehe in der zweiten Jahreshälf­te einstweile­n die Schließung folgt.

Mit der Entscheidu­ng möchte Mirko Novakovic keinen Druck ausüben. Auch gehe es nicht darum, Vorwürfe zu formuliere­n. Vielmehr mache er ein Gesprächsa­ngebot, möchte einen Diskurs initiieren. Er sei bereit für einen offenen Dialog, gewähre bei Interesse Einblicke in Zahlen und Fakten.

„Ich hoffe einfach, dass wir gemeinsam einen Weg finden“, bringt er sein Ansinnen auf den Punkt. Dabei sieht er ausdrückli­ch nicht nur Verwaltung und Politik in der Verantwort­ung, sondern auch Bürgerscha­ft und Vereine. Schließlic­h soll die Festhalle ihnen eine Heimat bieten.

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FOTO: CH. BEIER
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FOTO: MEUTER (ARCHIV) Aus der Vogelpersp­ektive: Die Festhalle Ohligs im Jahr 2021.

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