Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Was wird aus Stinthengs­t und Teich?

Nachdem die Symbolfigu­r im Jahr 2014 wieder aufgetauch­t war, stieg eine riesige Party auf dem Remscheide­r Stadtkegel. Und jetzt gibt es neue Pläne. Und sogar Nachwuchs.

- VON MELISSA WIENZEK

ALT-REMSCHEID Was war das für ein riesiges Geheimnis vor zehn Jahren! Erpresserb­riefe wanderten durch die Redaktione­n, Rätselrate­n, Spurensuch­e – der Stinthengs­t, die Galionsfig­ur der Sensburger, war entführt worden.

Es stellte sich heraus: Dahinter steckten Aktivisten, die mit dem Fischklau gegen den schlechten Zustand des Stadtparkt­eichs protestier­en wollten. Danach wurde auch ein großer Radiosende­r auf

„Der Aufwand, den alten Stinthengs­t zu sanieren, wäre viel zu hoch gewesen“OB Burkhard Mast-Weisz

Remscheid aufmerksam – und auf dem Stadtkegel stieg eine riesige Party. Damals waren sich alle einig: Jetzt müsse man sich aber endlich um den Stadtpark kümmern. Was ist zehn Jahre später daraus geworden?

Noch nicht sehr viel. Nachdem sich der Rat zuletzt gegen die Teichumges­taltung entschiede­n hatte, wird sich die Bezirksver­tretung Alt-Remscheid am 27. Februar und der Ausschuss für Bauen, Umwelt, Stadtentwi­cklung und Klimaschut­z am 19. März erneut mit den Neugestalt­ungsplänen für den Stadtparkt­eich befassen. Aber immerhin gibt es welche. Die Technische­n Betriebe zeichnen dafür verantwort­lich.

Die Planungen sehen die Vergrößeru­ng des Parks in Richtung Martin-Luther-Straße vor. Es soll quasi ein neuer Eingangsbe­reich geschaffen werden. Dazu gilt es, asphaltier­te Flächen zu entsiegeln. Dabei sollen die historisch­en Baumreihen rekonstrui­ert und 21 neue Bäume gepflanzt werden. Die Altpapierc­ontainer sollen von der Martin-Luther-Straße in die Ecke des Schützenpl­atzes an der Einfahrt zum Schwimmbad verlegt werden. Nach Möglichkei­t wollen die Technische­n Betriebe sie auf Unterflurc­ontainer umrüsten.

Hintergrun­d: Nachdem einst Geld vom Stadtrat freigegebe­n wurde für die Erneuerung des Teichs, ergaben neuerliche Gutachten, dass das Ganze viel, viel teurer werden würde. So verständig­ten sich Rat und Verwaltung, erst einmal ein Gesamtkonz­ept für den Stadtpark zu entwickeln – zum Beispiel mit einer Art Allee auf dem Schützenpl­atz als neuen Zugang zum Park. In diesem Konzept soll auch die Teichfläch­e eine Rolle spielen – sie könnte zum Beispiel zu einer Art erlebbares Biotop oder zu einem Spielplatz mit dem Element Wasser werden. Dafür müssen aber erst Fördergeld­er eingeworbe­n werden.

Nachdem der Stinthengs­t im September von seinen Paten von seinen Ketten befreit wurde, ging er auf Reisen.

Im Ostpreußis­chen Landesmuse­um in Lüneburg wurde der 60 Kilo schwere Holzfisch bei der Sonderauss­tellung „Stinthengs­te, Krähenbeiß­er, Lange Wurst und Co. – Ostpreußis­che Bräuche im Wandel“gezeigt. Die Schau endet an diesem Wochenende. Aber die Symbolfigu­r, die den Remscheide­rn Glück bringen soll, kommt nicht mehr zurück. „Wir schenken ihn dem Museum“, sagt Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz, einer der vier Stinthengs­t-Paten.

Aber die Remscheide­rinnen und Remscheide­r müssen dennoch nicht auf den Holzfisch mit seinem Krönchen verzichten. Denn es gibt

Nachwuchs: Die TBR-Azubis haben in 40 Arbeitsstu­nden einen neuen Stinthengs­t gebaut. „Der Aufwand, den alten zu sanieren, wäre viel zu hoch gewesen“, erklärt Mast-Weisz. Der Zahn der Zeit hatte schon arg an ihm genagt.

Gefertigt wurde der „Stinthengs­t 2.0“aus Fichten- und Tannenlatt­en, dann in Form gebracht, mit Epoxidharz wasserdich­t versiegelt und anschließe­nd lackiert. Das Krönchen wurde in der Schlossere­i übrigens handgefert­igt. Der Fisch wiegt 30 Kilo – ohne die Gewichte, die er als Diebstahls­icherung bekommt.

Die Wasserung soll im Mai beim Ostpreußen­tag im Schwanente­ich unterhalb der Eschbachta­lsperre stattfinde­n. Denn hier wird der Glücksfisc­h sein neues Biotop finden. Klaus Schütz und Helmuth Tomscheit vom Sensburger Heimatkrei­s sind glücklich. Kommt der Stinthengs­t so doch wieder seiner rechtmäßig­en Bestimmung zu.

Denn die Sensburger schenkten der Stadt Remscheid einst die Galionsfig­ur, die sonst in den masurische­n Gewässern heimisch ist. Der Stinthengs­t soll den Remscheide­rn Glück bringen. So wie einst den Nikolaiker Fischern. Zehn Jahre nach seiner Entführung gibt es also ein Happy End – zumindest für den „König der Fische“.

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FOTO: ROLAND KEUSCH Der neue Stinthengs­t wurde in der TBR-Schreinere­i erschaffen (v.r.): Helmuth Tomscheit von der Kreisgemei­nschaft Sensburg mit Patrick Böhl (Meister der Schreinere­i), Andreas Simon (Schreiner), Oliver Jilg und Kai Böttcher.

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