Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Spätzünder“machen gemeinsam Musik
Zwölf Senioren proben für ihren ersten großen Auftritt mit Hits von Elvis Presley und Drafi Deutscher. Und ein echtes Urgestein der Musikszene ist mit dabei.
LENNEP Jeden Dienstagnachmittag klingt Livemusik durch den offenen Innenraum der Alten- und Pflegeeinrichtung Haus Lennep. Zu hören ist eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Genres. „Can’t help falling in love“von Elvis Presley wechselt sich ab mit „Marmor, Stein und Eisen bricht“von Drafi Deutscher.
Wer der Musik folgt, sieht folgendes Bild: Zwölf Seniorinnen und Senioren sitzen im lichtdurchfluteten Wintergarten der Senioreneinrichtung und proben zu Klavier- und Gitarrenmusik. Sie sind die „HaLeys“, eine kürzlich gegründete Seniorenband. Ganz nach der Komödie „Die Spätzünder“, mit denen Schauspieler Jan Josef Liefers als Pfleger Rocco die Rockhymne „Life is life“performte.
Eine von ihnen ist Ute S. Wenn die Seniorin die Melodie zum Schlagerhit „So schön war die Zeit“von Freddy Quinn hört, kommen bei der 81-Jährigen sofort die Erinnerungen an frühere Zeiten hoch. Die Freude ist ihr ins Gesicht geschrieben. Und als hätte sie nie etwas anderes gemacht, singt die Solingerin textsicher mit. Und das ohne Liedtext oder Notenblatt, rein aus dem Gedächtnis. Dabei verfehlt Ute S. weder die tiefen noch die hohen Töne. „Ich liebe die Musik einfach“, sagt die Seniorin dazu. „Schon in frühester Kindheit habe ich gerne gesungen.“Als sie vor einigen Monaten von der neuen Seniorenband im
Haus Lennep erfahren hat, war sie allerdings erst noch skeptisch. Ob sie die Töne noch genauso treffen könnte wie damals, habe sie sich oft gefragt. Letztendlich siegten die Neugier und ihre Liebe zur Musik.
Ursprünglich sei sie hauptsächlich wegen ihres Mannes in das Seniorenheim gezogen, sagt die Seniorin. Allein hätte sie auch noch länger in den eigenen vier Wänden leben können. Nachdem ihr Ehemann dann vor einigen Monaten gestorben war, half ihr wieder die Musik, über den Verlust hinwegzukommen. „Fröhliche Musik bringt einen immer auf andere Gedanken.“
Da kam das Praktikumsprojekt von Marina Dorfmüller gerade richtig. Die Heilpädagogik-Studentin entwickelte im Oktober 2023 gemeinsam mit Eileen Kramer, Fachkraft in der sozialen Betreuung im Haus Lennep, die Idee mit der Seniorenband. „Wir wollten beide etwas Musikalisches machen, und dann hat das direkt gepasst“, fasst Dorfmüller zusammen.
Die Sängerinnen und Sänger der Band waren daraufhin schnell gefunden. „Es wollten fast alle mitmachen. Irgendwann mussten wir den ersten sogar absagen, um den Bandcharakter beizubehalten“, sagt
„Fröhliche Musik bringt einen immer auf andere Gedanken“Ute S.
Eileen Kramer. Wer bei der Band jedoch auf keinen Fall fehlen durfte, war „Coco“Teuber. Der 75-jährige gebürtige Solinger ist bereits sein ganzes Leben lang in der Musikbranche
tätig. Einige kennen ihn womöglich noch als Leiter des Kellerkinos an der Schützenstraße. Seit Jahrzehnten gilt der bergische Musiker als echtes Urgestein der
Solinger Kulturszene. Mit den „HaLeys“kann Teuber aktuell nochmal so richtig aufleben: „Ich fühle mich hier wie Udo Lindenberg“, sagt der 75-Jährige.
Seit fast fünf Monaten proben die Seniorinnen und Senioren jeden Dienstag gemeinsam einige ausgewählte Stücke. Instrumentelle und gesangliche Unterstützung erhalten sie dabei von Marina Dorfmüller, die nach ihrem Praktikum weiterhin ehrenamtlich im Haus Lennep hilft, und Eileen Kramer.
Senioren, die selbst nicht mehr mitmachen können, hören dem Gesang der Band immer mal wieder gerne zu. Deshalb hat die Seniorenband bei ihren wöchentlichen Proben auch beinahe jedes Mal Zuhörer. Wenn die Türen des Wintergartens im zweiten Stock mal offen stehen, dauert es meist nicht lange, bis die ersten Bewohner davor Platz genommen haben.
Durch ihr Publikum bei den Proben bekommen die „HaLeys“auch schon einen kleinen Vorgeschmack auf ihren bevorstehenden Auftritt in der Stockder-Stiftung. Anfang März ist es schon so weit. Lampenfieber hat bisher allerdings noch keiner. Im Gegenteil, die „HaLeys“sind bereits voller Vorfreude.