Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Stadtdecha­nt spricht von Rassismus

Katholisch­e Christen lehnten farbigen Priester für eine Beerdigung ab. Thomas Kaster ist „tief beschämt“.

- VON AXEL RICHTER

REMSCHEID Jesus war nicht weiß, nicht blauäugig und hatte mit großer Sicherheit auch keine blonde Föhnfrisur, die ihm die europäisch­en Maler verpassten. Als Orientale dürfte er stattdesse­n eine relativ dunkle Hautfarbe gehabt haben. Ausgerechn­et damit haben einige Christenme­nschen in der Katholisch­en Kirche Remscheids offenbar Probleme. „Wir wollen keinen Schwarzen“, ließen sie ihren Stadtdecha­nten Thomas Kaster wissen. Zur Beerdigung ihres Angehörige­n solle er einen weißen Priester entsenden.

Da ist dem Vorsteher der katholisch­en Gemeinden St. Suitbertus, St. Bonaventur­a und Heilig Kreuz buchstäbli­ch das Kollar geplatzt. So heißt der weiße, ringförmig­e Stehkragen, der von Klerikern verschiede­ner christlich­er Konfession­en getragen wird. „Ich bin erschütter­t, dass es innerhalb der Kirche eine solche Form von Rassismus gibt“, sagt er. „Es beschämt mich zutiefst.“

Um sie geht es: Ein Priester aus Benin, ein Priester aus Kamerun und einer aus Indien gehören fest zum Pastoralte­am der Katholisch­en Kirche in Remscheid. Mit zwei weiteren Kollegen aus Polen leiten sie die Heilige Messe wie ihre deutschen Mitbrüder. Sie taufen, sie trauen, sie nehmen die Beichte ab und sie beerdigen. Einige sprechen mit Akzent. Der Mann aus Benin nicht. Seit 20 Jahren lebt der Geistliche in Deutschlan­d. „Wenn sie den am Telefon haben, kämen Sie im Leben nicht auf die Idee, dass der ausländisc­he Wurzeln hat“, sagt Kaster.

Wegen seines Ausdrucksv­ermögens ist der Mann deshalb nicht abgewiesen worden. „Dafür hätte ich ja noch Verständni­s“, sagt Kaster. Darum ging es aber nicht. „Man wollte ihn aufgrund seiner Hautfarbe nicht.“Das beauftragt­e Beerdigung­sinstitut hatte die wenig dankbare Aufgabe, dem Stadtdecha­nten die Bitte zu übermittel­n. Der reagierte prompt, indem er die Zusage verweigert­e.

Der österliche Friede in der Katholisch­en Kirche steht damit auf der Kippe. Doch auch an anderer Stelle brodelt es schon länger. Wiederholt stießen sich Gemeindegl­ieder an der

Regenbogen­fahne, die auf einen Beschluss des Gemeindera­tes vor St. Bonaventur­a, Heilig Kreuz und St. Josef am Fahnenmast flattert. Es wurde sogar schon ein Feuerzeug daran gehalten. Für Thomas Kaster, dem Papst Benedikt einst den Ehrentitel Kaplan seiner Heiligkeit mit der Anrede Monsignore verlieh, stand danach fest: Jetzt bleiben die Fahnen erst recht hängen.

Damit sieht er sich übrigens in

Thomas Kasters katholisch­e Kirche hat ein Toleranz-Problem.

Einklang mit seinem Chef, dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki. Die Kirche darf der Gewalt nicht weichen. Dabei sieht Woelki die Regenbogen­fahne als politische­s Signal und deshalb sehr wohl skeptisch. Auch aus der Remscheide­r Gemeinde gibt es entspreche­nde Meinungsäu­ßerungen. Eine Petition, die von zahlreiche­n Gemeindegl­iedern unterzeich­net wurde, fordert Thomas Kaster auf, die Regenbogen­fahne als Kampfsymbo­l der Lesben-, Schwulen-, Bisexuelle­n, Transgende­r und Queer-, kurz LGBTQ-Gemeinde, abzuhängen.

Doch der katholisch­e Stadtdecha­nt von Remscheid, der übrigens gerade erst wieder von Bischof Woelki für weitere sechs Jahre berufen wurde, denkt nicht daran. „Das Evangelium ist politisch“, sagt er. Und die Ablehnung, die seine dunkelhäut­igen Kollegen in Teilen der Gemeinde erfahren, zeige nur, wie wichtig der Appell an die Toleranz sei. Egal, ob es dabei um die sexuelle Orientieru­ng oder die Hautfarbe anderer Menschen gehe. „Gottes Liebe gilt allen“, sagt Kaster: „Er macht keine Unterschie­de.“

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FOTO: KEUSCH

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