Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Kunst aus der Seidenstadt Krefeld in der Klingenstadt
Die Gemeinschaft Krefelder Künstler und Künstlerinnen ist mit „Kunstspektrum unterwegs“zu Gast in der Galerie SK im Südpark.
SOLINGEN / KREFELD Die Ausstellung der Krefelder Künstlergemeinschaft mit dem Titel „Kunstspektrum unterwegs“zeigt einen qualitätvollen Querschnitt durch die Kunstszene der Seidenstadt. Fast alle Arbeiten der 28 Künstlerinnen und Künstler stehen im Zusammenhang mit dem 650-jährigen Stadtjubiläum, das im vergangenen Jahr gefeiert wurde. Die Seidenstadt ist also nur ein Jahr älter als die Klingenstadt Solingen – und es ist interessant zu sehen, wie Kunst Stadtgeschichte zu spiegeln vermag.
Beginnen wir mit der expressiven malerischen Darstellung der schwarzen Krähe „Corvus corone“von Barbara Freundlieb. Bereits im 12. Jahrhundert wird die Stadt Krefeld, wie man von der Malerin erfährt, als Krinfeld erwähnt. An der Wand der Alten Kirche befinde sich, so Freundlieb, eine Tafelinschrift von 1747 „Bebauet …ein wildes Krähenfeld.“
Dieser Kontext schärft den Blick des Betrachters auch in Bezug auf die weiteren Exponate. Krefelder Bauwerke und Institutionen, Haus Greifenhorst, das Kaiser-WilhelmMuseum, finden sich in den digitalen Fotoarbeiten Ursula Baakens.
Gudrun Kleffe untersucht in ihrer Stoffarbeit „Mnene“, in der griechischen Mythologie die Muse der Erinnerung, den Wandel des Fortschritts von der Textil- zur aktuellen Chemieindustrie. Weiße dünne Laken mit aufgenähten zarten Linienverläufen erlauben Durchblicke auf tiefere Schichten. Dieser Blick auf eine industrielle Vergangenheit, auf die Seidenstoffproduktion des 18. und 19. Jahrhunderts, die noch heute die Samt- und Seidenstadt Krefeld umweht, haben viele Künstler in dieser Ausstellung inspiriert.
Czaja Braatz hat gleich am Eingang ein filigranes Buchobjekt platziert mit einer Bilder-Buch-Geschichte auf wenigen Seiten: vom Rohstoff zum Faden, zu Fäden, zum Verweben von Fäden zu Gewebe bis hin zur Signatur – auch ein Gleichnis für die Verwobenheiten menschlicher Beziehungen. Tina Hönicke verwebt plakativ große Lettern, um
Fläche, Räumlichkeit, Proportion und Kontraste zu untersuchen. Ihr Ausgangsmaterial entstammt dem Schriftzug „Gesponnen-verwoben“, den sie für das Ausstellungsplakat der Künstlergruppe anlässlich des Stadtjubiläums entwickelt hat.
„Verweben“bleibt ein Schlüsselwort. Maria Lehmbrock zeigt mit Leinen bespannte Bildobjekte, die in ihrer Netzstruktur Sichtbares und Verborgenes verbinden. „Flechtwerk“von Rita Wilmesmeier baut auf einem engen Raster von verflochtener und gehärteter Leinwand auf, die durch helle Übermalung Anmutungen von figurativen Formen erzeugt – Gesichter, Körper, Tiere.
Die Bandbreite möglicher Interpretationen der textilen Begrifflichkeit wird an der Arbeit von Dreier & Hanousek deutlich. Die beiden als Team arbeitenden Künstler entwickeln einen „Bauplan: horizontal erweitert“, der durch die Mehrteiligkeit und das Zusammenfügen unterschiedlicher Formate und Materialien auf einen fragmentierten, instabilen und sich ständig wandelnden Lebensraum verweist. Eine Dauerbaustelle mit verkeilten Widersprüchen, wie man sie aus vielen urbanen Räumen kennt.
Interessant sind auch die plastischen Arbeiten: Edith Stefelmanns Wandobjekt aus Acrylfolie, Metallgitter und Telefonleitungsdraht wirkt intuitiv verwoben. „Ein Modell, das auf Fertigstellung wartet“, wie sie es selbst beschreibt. Während sie den konzeptionellen Anfang eines Herstellungsprozesses thematisiert, verarbeitet die Vorsitzende des Künstlervereins, Christiane Behr, Kunststoffabfälle zu Kunst. Am Ende der Konsumkette angelangt, wird der Abfall – hier sind es Deckel einer Käseverpackung – zu einer architektonisch anmutenden Plastik montiert. Die streng gefassten Objekte faszinieren durch Transparenz und Lichtdurchlässigkeit und lassen kaum mehr Rückschlüsse auf das Ausgangsmaterial zu.
Es bleibt viel zu entdecken in der Ausstellung der Krefelder Künstler und Künstlerinnen in der Galerie SK.