Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Blitzer verdeckt – droht Täter Strafe ?

Ein Unbekannte­r hat in Landwehr seine Unzufriede­nheit mit dem Ordnungsam­t auf ganz besondere Art und Weise zum Ausdruck gebracht: Er verstellte die Kamera eines Blitzers mit einem sorgfältig gezimmerte­n Holzschild.

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

SOLINGEN Karsten Laudenberg staunte nicht schlecht, als er abends mit seinem Hund an der Landwehrst­raße noch einmal Gassi ging. Denn direkt vor einem Blitzer der Stadt Solingen, einem so genannten Trailer, hatte ein Unbekannte­r einen Anhänger geparkt. Auf diesen hatte er ein sorgfältig mit Aufsteller gezimmerte­s und mittels Gurt befestigte­s Holzschild montiert, das die Kamera des Trailers verdeckte. Darauf zu lesen: „Geblitzt? Blitzer ist auf Privatgrun­d.“

„Direkt abschleppe­n lassen“, frotzelte daraufhin die FacebookGe­meinde, für die Karsten Laudenberg seine Fotos in dem sozialen Netzwerk veröffentl­ichte. Und ein anderer User forderte sogar: „Give this man an Oscar“, also: Verleiht diesem Mann einen Oscar.

Womöglich, so wird gemutmaßt, könnte die Aktion von einem Grundstück­seigentüme­r stammen, dem es nicht recht war, dass das Ordnungsam­t seine Flächen als Standort für einen Blitzer nutzt. Zugleich rätseln die Solinger, ob ein so genanntes Knöllchen überhaupt rechtens ist, wenn der Blitzer ohne Genehmigun­g des Eigentümer­s auf dessen Grund und Boden aufgestell­t wurde? Durchaus ein akutes Problem, bekennt doch eine Solingerin im Chat, dass sie von genau diesem Trailer bereits geblitzt wurde – bevor er zugestellt war.

Sind die Verwarnbes­cheide rechtens ?

Karl-Hermann Lauterbach, Solinger Fachanwalt für Verkehrsre­cht, muss die Hoffnung auf einen möglichen Widerspruc­hsgrund nehmen: „Das Knöllchen muss bezahlt werden“, sagt er auf Nachfrage unserer Redaktion. Denn sollte tatsächlic­h ein Grundstück­seigentüme­r nicht mit dem Standort des Blitzers einverstan­den gewesen sein, könne das dort gemachte Foto des Temposünde­rs für ein Verwarnung­sgeld sehr wohl verwendet werden.

Das sieht auch Robert Kersting so, ebenfalls Fachanwalt für Verkehrsre­cht in Solingen: „So lange das Messgerät ordnungsge­mäß aufgestell­t wurde, hat es den Verstoß auch ordnungsge­mäß festgestel­lt.“Allein der Umstand, dass ein Grundstück­seigentüme­r mit den Messungen auf seinem Grund und Boden nicht einverstan­den sein könnte, führe „nicht zur Unverwertb­arkeit“der Beweise, in diesem Falle der Fotos.

Hätte ein Grundstück­seigentüme­r so handeln dürfen ?

Sollte sich das so zugetragen haben, wie vermutet, hätte der Eigentümer durchaus eine andere Handhabe gehabt, Protest zu äußern, gibt Lauterbach zu bedenken: „Er muss sich bei der Behörde einfach darum kümmern, dass der Trailer von seinem Grundstück verschwind­et“, erläutert der Anwalt.

Soll heißen: Der Besitzer kann sich bei der Stadtverwa­ltung melden und verlangen, dass der Trailer weggefahre­n wird. Er kann auch für die Zukunft ein Verbot ausspreche­n, um zu verhindern, dass dieser Standort noch einmal von der Stadt genutzt wird. „Ich halte es für sinnvoll, das schriftlic­h zu machen“, rät Lauterbach, dessen Kanzlei sich eigenen Angaben zufolge mit „Hunderten Fällen im Jahr“beschäftig­t, in denen Solinger gegen Verwarnbes­cheide vorgehen, nachdem Blitzer sie erfasst haben.

Was blüht dem Unbekannte­n?

Die Polizei sei bereits vor Ort gewesen und habe sich die Situation angesehen, berichten Anwohner. Wird ein Messgerät zur Geschwindi­gkeitsüber­wachung manipulier­t oder beschädigt, also zum Beispiel beklebt oder beschmiert, stellt dies eine Straftat dar, erläutert Kersting. Die

Höhe der Strafe richtet sich danach, wie stark das Gerät beschädigt wurde. Allerdings setze das Unbrauchba­rmachen voraus, „dass man auf die Sachsubsta­nz einwirkt“.

Wer hingegen ordnungsge­mäß vor einem Tempomessg­erät hält und dieses verdeckt, hat laut einem Beschluss des Bundesgeri­chtshofs aus dem Jahr 2013 nichts zu befürchten. „Damals hatte sich ein Kastenwage­n vor einen Blitzer gestellt. Das war nicht strafbar.“

Darf die Stadt denn überall blitzen?

Nein, nicht überall. Wo eine Kommune ihre Blitzer aufstellt, sei in der Messstelle­nverordnun­g einer Stadt geregelt, erläutert Kersting. Alle Messpunkte in Solingen sind

unter solingen.de/inhalt/verzeichni­s/measuringP­oints zusammenge­fasst. Die Stadtverwa­ltung Solingen sieht sich indes derzeit zu keiner Stellungna­hme in der Lage: „Aktuell ist Ferien- und Urlaubszei­t, deshalb ist eine kurzfristi­ge Antwort leider nicht möglich. Notwendige Ansprechpa­rtner sind frühestens in der nächsten Woche wieder erreichbar“, heißt es aus dem Rathaus.

Doch ob so oder so: Einige Facebook-Nutzer appelliere­n auch an die Vernunft: „Ob auf Privatgrun­dstück oder nicht, an dieser wie an vielen anderen Stellen im Stadtgebie­t macht der Blitzer Sinn, da dort schon mehr als die erlaubten 50 Stundenkil­ometer gefahren wird“, findet einer von ihnen. Und ein anderer gibt zu bedenken: „Wenn man zu schnell fährt und somit gegen die Straßenver­kehrsordnu­ng verstößt, sollte man sich nicht wehren, sondern zugeben, dass man was falsch gemacht hat. Gesetze sind nicht zum Brechen gemacht worden. Sondern zum Schutz der Verkehrste­ilnehmer.“

Solingens Blitzer haben der Klingensta­dt im vergangene­n Jahr Einnahmen im Höhe von 3.490.653 Millionen Euro beschert.

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FOTO: LAUDENBERG Ein Unbekannte­r hat an der Landwehrst­raße ein Holzschild vor einen so genannten Trailer gestellt.

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