Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Blitzer verdeckt – droht Täter Strafe ?
Ein Unbekannter hat in Landwehr seine Unzufriedenheit mit dem Ordnungsamt auf ganz besondere Art und Weise zum Ausdruck gebracht: Er verstellte die Kamera eines Blitzers mit einem sorgfältig gezimmerten Holzschild.
SOLINGEN Karsten Laudenberg staunte nicht schlecht, als er abends mit seinem Hund an der Landwehrstraße noch einmal Gassi ging. Denn direkt vor einem Blitzer der Stadt Solingen, einem so genannten Trailer, hatte ein Unbekannter einen Anhänger geparkt. Auf diesen hatte er ein sorgfältig mit Aufsteller gezimmertes und mittels Gurt befestigtes Holzschild montiert, das die Kamera des Trailers verdeckte. Darauf zu lesen: „Geblitzt? Blitzer ist auf Privatgrund.“
„Direkt abschleppen lassen“, frotzelte daraufhin die FacebookGemeinde, für die Karsten Laudenberg seine Fotos in dem sozialen Netzwerk veröffentlichte. Und ein anderer User forderte sogar: „Give this man an Oscar“, also: Verleiht diesem Mann einen Oscar.
Womöglich, so wird gemutmaßt, könnte die Aktion von einem Grundstückseigentümer stammen, dem es nicht recht war, dass das Ordnungsamt seine Flächen als Standort für einen Blitzer nutzt. Zugleich rätseln die Solinger, ob ein so genanntes Knöllchen überhaupt rechtens ist, wenn der Blitzer ohne Genehmigung des Eigentümers auf dessen Grund und Boden aufgestellt wurde? Durchaus ein akutes Problem, bekennt doch eine Solingerin im Chat, dass sie von genau diesem Trailer bereits geblitzt wurde – bevor er zugestellt war.
Sind die Verwarnbescheide rechtens ?
Karl-Hermann Lauterbach, Solinger Fachanwalt für Verkehrsrecht, muss die Hoffnung auf einen möglichen Widerspruchsgrund nehmen: „Das Knöllchen muss bezahlt werden“, sagt er auf Nachfrage unserer Redaktion. Denn sollte tatsächlich ein Grundstückseigentümer nicht mit dem Standort des Blitzers einverstanden gewesen sein, könne das dort gemachte Foto des Temposünders für ein Verwarnungsgeld sehr wohl verwendet werden.
Das sieht auch Robert Kersting so, ebenfalls Fachanwalt für Verkehrsrecht in Solingen: „So lange das Messgerät ordnungsgemäß aufgestellt wurde, hat es den Verstoß auch ordnungsgemäß festgestellt.“Allein der Umstand, dass ein Grundstückseigentümer mit den Messungen auf seinem Grund und Boden nicht einverstanden sein könnte, führe „nicht zur Unverwertbarkeit“der Beweise, in diesem Falle der Fotos.
Hätte ein Grundstückseigentümer so handeln dürfen ?
Sollte sich das so zugetragen haben, wie vermutet, hätte der Eigentümer durchaus eine andere Handhabe gehabt, Protest zu äußern, gibt Lauterbach zu bedenken: „Er muss sich bei der Behörde einfach darum kümmern, dass der Trailer von seinem Grundstück verschwindet“, erläutert der Anwalt.
Soll heißen: Der Besitzer kann sich bei der Stadtverwaltung melden und verlangen, dass der Trailer weggefahren wird. Er kann auch für die Zukunft ein Verbot aussprechen, um zu verhindern, dass dieser Standort noch einmal von der Stadt genutzt wird. „Ich halte es für sinnvoll, das schriftlich zu machen“, rät Lauterbach, dessen Kanzlei sich eigenen Angaben zufolge mit „Hunderten Fällen im Jahr“beschäftigt, in denen Solinger gegen Verwarnbescheide vorgehen, nachdem Blitzer sie erfasst haben.
Was blüht dem Unbekannten?
Die Polizei sei bereits vor Ort gewesen und habe sich die Situation angesehen, berichten Anwohner. Wird ein Messgerät zur Geschwindigkeitsüberwachung manipuliert oder beschädigt, also zum Beispiel beklebt oder beschmiert, stellt dies eine Straftat dar, erläutert Kersting. Die
Höhe der Strafe richtet sich danach, wie stark das Gerät beschädigt wurde. Allerdings setze das Unbrauchbarmachen voraus, „dass man auf die Sachsubstanz einwirkt“.
Wer hingegen ordnungsgemäß vor einem Tempomessgerät hält und dieses verdeckt, hat laut einem Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 nichts zu befürchten. „Damals hatte sich ein Kastenwagen vor einen Blitzer gestellt. Das war nicht strafbar.“
Darf die Stadt denn überall blitzen?
Nein, nicht überall. Wo eine Kommune ihre Blitzer aufstellt, sei in der Messstellenverordnung einer Stadt geregelt, erläutert Kersting. Alle Messpunkte in Solingen sind
unter solingen.de/inhalt/verzeichnis/measuringPoints zusammengefasst. Die Stadtverwaltung Solingen sieht sich indes derzeit zu keiner Stellungnahme in der Lage: „Aktuell ist Ferien- und Urlaubszeit, deshalb ist eine kurzfristige Antwort leider nicht möglich. Notwendige Ansprechpartner sind frühestens in der nächsten Woche wieder erreichbar“, heißt es aus dem Rathaus.
Doch ob so oder so: Einige Facebook-Nutzer appellieren auch an die Vernunft: „Ob auf Privatgrundstück oder nicht, an dieser wie an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet macht der Blitzer Sinn, da dort schon mehr als die erlaubten 50 Stundenkilometer gefahren wird“, findet einer von ihnen. Und ein anderer gibt zu bedenken: „Wenn man zu schnell fährt und somit gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt, sollte man sich nicht wehren, sondern zugeben, dass man was falsch gemacht hat. Gesetze sind nicht zum Brechen gemacht worden. Sondern zum Schutz der Verkehrsteilnehmer.“
Solingens Blitzer haben der Klingenstadt im vergangenen Jahr Einnahmen im Höhe von 3.490.653 Millionen Euro beschert.