Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ermittler durchsuchen Wirtschaftsförderung
Im Zuge der Ermittlungen gegen eine Schleuserbande ist die städtische Tochter in dem Verfahren Zeugin.
SOLINGEN Der Skandal um die Machenschaften einer mutmaßlichen Schleuserbande, die Ausländern illegal Aufenthaltsgenehmigungen besorgt haben, zieht immer weitere Kreise – auch in Solingen. Denn nachdem Beamte der Polizei sowie der Zentral- und Anlaufstelle für die Verfolgung organisierter Straftaten (ZeOS) NRW in dieser Woche mehrere Objekte in der Klingenstadt – darunter die städtische Ausländerbehörde – durchsucht haben, ist nun bekannt geworden, dass auch die Räumlichkeiten der städtischen Wirtschaftsförderung Solingen Schauplatz der groß angelegten Razzia gewesen sind.
„Im Rahmen der richterlich angeordneten Durchsuchungsmaßnahmen zur Sicherung von Vorgängen und Akten wurden am Mittwoch die notwendigerweise an den ausländerrechtlichen Vorgängen beteiligten Dienststellen der Stadt Solingen durchsucht – neben der Ausländerbehörde gehört dazu auch die Wirtschaftsförderung der Stadt Solingen“, sagte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage – wobei das Rathaus direkt hinterher schob, sowohl die Ausländerbehörde, als auch die Wirtschaftsförderung arbeiteten eng mit den ermittelnden Behörden zusammen. „Sie wirken gemeinsam an der Aufklärung des Sachverhalts mit – in der Funktion als Zeugen, wie die Staatsanwaltschaft mehrfach öffentlich betont hat“, hieß es vonseiten der Verwaltung, die weiter unterstrich, die Wirtschaftsförderung sei „ebenso von den Ereignissen und Ermittlungen überrascht worden wie die Stadt Solingen“.
Im Mittelpunkt der bundesweiten Ermittlungen stehen unter anderem ein Unternehmer aus Solingen sowie ein Rechtsanwalt aus dem Großraum Köln. Während nach dem Unternehmer weiter gesucht wird, sitzt der Anwalt mittlerweile in Untersuchungshaft. Den beiden sowie weiteren Beschuldigten wird zur Last gelegt, Ausländern aus China sowie aus dem arabischen Raum gegen Zahlung von teils sechsstelligen Summen illegal Aufenthaltsgenehmigungen für die Bundesrepublik beschafft zu haben. Dazu sollen beispielsweise Scheinfirmen gegründet, Wohnungen angemietet sowie Gehaltsabrechnungen fingiert worden sein.
Dabei sind sowohl der Unternehmer, als auch der Rechtsanwalt bei der Wirtschaftsförderung und bei der Stadt Solingen keine Unbekannten. Denn bislang fungierten beide mit ihrer Firma beziehungsweise mit ihrer Kanzlei als Partner des „International Business Center Solingen“(IBCS). Dieses ist wiederum ein Projekt der Wirtschaftsförderung, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Wirtschaftsstandort Solingen im Ausland bekannt zu machen und zu bewerben.
So fanden beispielsweise so genannte Visitation Days statt, mit denen die Vorteile des Standortes Solingen bei potenziellen Investoren aus dem Ausland präsentiert werden sollten. Und darüber hinaus wurde im Sommer 2018 ein Treffen auf deutsch-chinesischer Ebene in der Klingenstadt organisiert, bei dem unter anderem der jetzt beschuldigte Rechtsanwalt eingebunden war.
Tatsächlich wurde noch in dieser Woche auf der Internetseite des IBCS auf die Verbindung mit der Kanzlei des Anwalts sowie mit der Firma des Solinger Unternehmers hingewiesen – ehe dieser Hinweis am Donnerstagnachmittag schließlich von der Homepage verschwand. Nach Angaben der Stadt sind bei der Wirtschaftsförderung nun alle Kräfte darauf konzentriert, den Ermittlern als Zeugen bei der Aufklärung der gegen die Beschuldigten im Raume stehenden Vorwürfe zu helfen. „Diese Arbeiten aufgrund richterlicher Vorgaben genießen beim Einsatz der Kapazitäten im Moment absoluten Vorrang vor allen anderen Fragen“, sagte der Stadtsprecher.